Es ist eine altbekannte Geschichte. Da soll ein heruntergekommener Altbau im Szenekiez zu einem „exklusiven Wohnensemble“ hergerichtet werden, mit einem gärtnerisch gestalteten Innenhof, Glasfahrstuhl und einem umweltschonenden Energiesparkonzept. Nicht für die Mieter wird es so schön gemacht – sie stören hier nur -, sondern für die Käufer der „trendigen Eigentumswohnungen“.
Nur noch fünf Mietparteien wohnen in der Simon-Dach-Straße 30, einem der letzten unsanierten Altbauten in dieser Friedrichshainer Straße. Der Rest ist ausgezogen – gegen Prämien, die sich auf bis zu 5000 Euro beliefen. Im Mai 2011 erhielten die Mieter die erste Modernisierungsankündigung. Sie enthielt noch diverse Fehler, beispielsweise sind die vorgesehenen Schallschutzfenster nicht zulässig, weil das Haus im Milieuschutzgebiet Boxhagener Platz liegt. Doch es sind nicht so sehr die Mietsteigerungen, die die Bewohner verschreckten. Einige wären durchaus bereit, für eine entsprechend ausgestattete Wohnung mehr zu zahlen. Allerdings: „Man hat uns von Anfang an klar gemacht, dass man uns hier raus haben will“, berichten zwei der noch verbliebenen Mieter.
Auf der Internet-Seite zur „Simon 30“ werden die freien Wohnungen zu Kaufpreisen von 2500 bis 3350 Euro pro Quadratmeter angeboten. Der Eigentümer, die Projektgesellschaft „TKKH GmbH“ betont immer wieder, dass ein Verbleiben während der zweijährigen Bauzeit unmöglich sei. Neben der Modernisierung von Vorderhaus und Seitenflügel ist auch ein fünfstöckiger Neubau im Hof geplant. „Wir wurden immer wieder gefragt, ob wir uns das wirklich antun wollen und dass es ganz schlimm werden wird“, erzählt eine Mieterin. Doch sie kennt ihre Rechte. Wenn die Wohnung unbewohnbar werden sollte, hat sie Aufwendungsersatz- beziehungsweise Schadensersatzansprüche. Zudem gilt nach Umwandlung eine siebenjährige Kündigungssperrfrist.
Mittlerweile hat sich die Situation im Haus durch einen massiven Wasserschaden zugespitzt. Vom bereits leergezogenen vierten Stock, wo die Bauarbeiter zwei Tage zuvor die Heizkörper abgefräst hatten, lief das Wasser an einem kalten Februartag bis ins unterste Stockwerk. Die herbeigerufene Feuerwehr stellte fest, dass der Haupthahn nicht abgedreht war. In den betroffenen Wohnungen sind seitdem die Decken völlig durchgefeuchtet. Auch wenn man keine Absicht unterstellen wolle, sei der Wasserschaden zumindest billigend in Kauf genommen worden, meinen die Mieter.
Die TKKH wollte gegenüber dem MieterMagazin keine Stellungnahme abgeben. Kurz vor Redaktionsschluss wurde den Mietern von dem Unternehmen mitgeteilt, dass eine komplette Entfernung der durchnässten Decken erforderlich sei. Um Ausweichquartiere sollen sich die Mieter offenbar selber kümmern – oder besser doch gleich ausziehen.
Birgit Leiß
MieterMagazin 4/12
Wasserschäden vom vierten Stock bis zum Erdgeschoss: Wohnung in der Simon-Dach-Straße 30
Foto: Christian Muhrbeck
03.03.2018