Ein Berliner Durchschnittshaushalt muss immer mehr Geld für die Begleichung seiner Stromrechnung aufbringen. Kostete eine Kilowattstunde im Jahr 2000 noch rund 14,3 Cent inklusive Steuern, Abgaben und Umlagen, waren es 2016 bereits rund 30,7 Cent. Die Stromkosten sind ein Hauptgrund für die insgesamt steigenden Verbraucherpreise.
„Energiearmut“ ist eine reale Bedrohung: Jährlich wird bundesweit etwa 330.000 Haushalten der Strom gesperrt.
Den Jahreswechsel haben fast 400 Stromversorger genutzt, um ihre Preise erneut zu erhöhen. Die Begründung ist immer die Gleiche: steigende staatliche Steuern, steigende Netzentgelte. Noch 2011 hatte die Bundeskanzlerin versprochen, dass die Umlage für erneuerbare Energien beim Ausstieg aus der Atomenergie nicht steigen werde. Heute ist diese Umlage mit 6,88 Cent je Kilowattstunde fast doppelt so hoch wie damals. Die Nutzungsentgelte sind um rund 80 Prozent gestiegen. Die staatlich regulierten Preisbestandteile – Steuern, Abgaben und Umlagen – machen inzwischen 54 Prozent des Strompreises aus. Dazu kommen weitere 24 Prozent für die Netzentgelte. Die Stromversorger verweisen gern darauf, dass sie nur die verbleibenden 22 Prozent des Strompreises – die Kosten für Strombeschaffung und -vertrieb – beeinflussen können.
Auch Vattenfall, Berlins wichtigster Stromlieferant, hat zum 1. April 2017 seine Preise erhöht. Der Verbrauchspreis beträgt zum Beispiel beim Tarif „Berlin Easy Privatstrom“ statt bisher 27,61 jetzt 28,92 Cent je Kilowattstunde. Für einen Haushalt mit einem Verbrauch von 2200 Kilowattstunden pro Jahr entstehen damit zusätzliche Kosten von 2,40 Euro im Monat. Der Grundpreis von 127,20 Euro pro Jahr bleibt stabil.
Wenn die Strompreise steigen, können die Kunden ein Sonderkündigungsrecht wahrnehmen. Ein Wechsel des Stromanbieters kann mehrere 100 Euro pro Jahr sparen. Stromtarifrechner und objektive Vergleichsportale ermitteln kostengünstige Alternativanbieter. Aber Achtung: Der Teufel steckt oft im Detail. Unbedingt alle Konditionen prüfen! Der Wechsel selbst ist problemlos.
Verbraucherfreundlicher wäre allerdings eine Änderung des Systems. Die Stromversorger sollten die gesunkenen Einkaufspreise an ihre Kunden weitergeben müssen. Der Staat könnte für Strom nur den halben Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent erheben und energieintensive Unternehmen ebenfalls mit der EEG-Umlage belasten.
Rainer Bratfisch
23.03.2017