Bei einem Neubauvorhaben in der Lichtenberger Atzpodienstraße lässt es die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge an Bürgerbeteiligung vermissen und schafft mit vorzeitigen Baumfällungen Tatsachen.
„Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wollen bei Bauprojekten eine Vorbildfunktion für eine umfassende Beteiligung übernehmen.“ So heißt es in den 2018 beschlossenen „Leitlinien für Partizipation im Wohnungsbau“. Bei einer geplanten Nachverdichtung der Howoge ist es damit aber nicht weit her. Die Mieter in der Atzpodienstraße fanden am 15. Februar ein Schreiben im Briefkasten, mit dem die Howoge ihnen bekanntgab, dass ab Mai zwischen den Hausnummern 24 und 25 a ein Neubau mit 50 Wohnungen gebaut werden soll und dafür kurzfristig Bäume gefällt werden. Schon eine Woche später waren die Bäume abgesägt. „So kurzfristig informiert zu werden, grenzt schlicht an Frechheit und hat das Vertrauensverhältnis in den Vermieter Howoge auf Dauer zunichte gemacht“, protestieren zwei Bewohner.
Auf Nachfragen der Mieter stellte sich zudem heraus, dass es für den Neubau noch gar keine Baugenehmigung gab. „Sie wird aber erwartet“, sagt Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD). Die vorfristige Baumfällgenehmigung wurde erteilt, weil zwischen März und September grundsätzlich keine Bäume beseitigt werden dürfen und es deshalb zu einer langen Verzögerung im Bauablauf gekommen wäre. Hönicke hatte im vergangenen November per Pressemitteilung über das Bauvorhaben informiert, allerdings ohne Details und mit einer falschen Hausnummer.
Die Howoge gibt sich schuldbewusst. „Wir haben verstanden, dass die Information der Anwohnerinnen und Anwohner über das Neubauprojekt zu spät erfolgt ist und dass der Umfang der Information im ersten Schritt nicht ausreichend war“, sagt Unternehmenssprecherin Sabine Pentrop. „Für zukünftige Neubauvorhaben dieser Größenordnung werden wir frühzeitiger in die Öffentlichkeit gehen.“
Der Fall könnte dem neuen Beteiligungsbeirat als Negativbeispiel dienen. Das Gremium ist überwiegend mit Bürgern und Vertretern der Zivilgesellschaft besetzt und soll unter anderem über die Einhaltung der Beteiligungsleitlinien wachen. Im Februar ist der Beirat erstmals zusammengetreten.
Jens Sethmann
05.10.2023