Anfang April erreichte die rund 80 Mietparteien des Hauses Hermannstraße 48 eine Hiobsbotschaft: Im Klageverfahren um die Ausübung des Vorkaufsrechts hat der Bezirk Neukölln einen Rückzieher gemacht. Der Grund: Der Senat will die Prozesskosten nicht übernehmen.
Die Hermannstraße 48 („H48“) war 2021 im Rahmen des bezirklichen Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten von der Hausgemeinschaft selber gekauft worden. Sowohl die Verkäuferin als auch die potenzielle, leer ausgegangene Käuferin legten Widerspruch ein. Trotzdem standen die Chancen für die Hausgemeinschaft gut.
Der Bezirk war entschlossen, den Rechtsstreit durchzufechten. Das galt zunächst auch noch nach dem folgenschweren Urteil vom 9. November 2021, mit dem das Bundesverwaltungsgericht die Ausübung des Vorkaufsrecht gekippt hatte. „Die Hermannstraße 48 ist anders gelagert als andere Vorkaufsfälle“, erklärt der Neuköllner Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne). So war das Fabrikgebäude im Hinterhof an Wohngemeinschaften vermietet worden, obwohl nur eine baurechtliche Nutzung als Gewerbe vorliegt mit der Folge, dass die Fabriketagen-Bewohner mit ihren Gewerbemietverträgen ohne Kündigungsschutz dastehen.
Anfang April teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit, dass sie für die Prozesskosten nicht aufkommen wird. Man sehe trotz dieser Besonderheit wenig Erfolgsaussichten. Er sei „tief enttäuscht“, könne die juristische Bewertung aber nachvollziehen, sagt Stadtrat Jochen Biedermann: „Die Kommunen brauchen dringend eine neue Rechtsgrundlage.“
Ein entsprechender Bundesrats-Beschluss wurde Anfang April gefasst. Nun ist die Bundesregierung am Zug. „Jede Nachjustierung des Vorkaufsrechts wird für uns zu spät kommen“, sagt die Hausgemeinschaft. „Wir sind nun akut bedroht, die Käuferin hat ganz klar signalisiert, dass sie die Wohngemeinschaften raus haben will.“ Zwei Fabriketagen-WGs wurde bereits gekündigt.
Birgit Leiß
www.h48bleibt.org
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28.04.2022