Die Stargarder Straße in Prenzlauer Berg gehört zum Sozialen Erhaltungsgebiet Helmholtzplatz. Um die Mieter vor der Verdrängung aus ihrem Kiez zu schützen, müssen hier unter anderem Grundrissänderungen der Wohnungen vom Bezirksamt geprüft und genehmigt werden. Dass diese begrüßenswerte Festlegung jedoch auch kontraproduktiv ausgelegt werden kann, erfährt zurzeit Stephan Moll, Eigentümer des Hauses Stargarder Straße 55.
Das Gebäude macht einen gepflegten Eindruck, die Mieter sind zufrieden. Stephan Moll gehört nicht zu den Vermietern, die durch Luxusmodernisierungen, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und überhöhte Mieten bei Wiedervermietung versuchen, das große Geld zu machen. Seit ein Mieter die 36 Quadratmeter große Einzimmerwohnung im ersten Stock des Seitenflügels verlassen hat, wird diese von Moll saniert.
Da er das Bad von 75 auf 115 Zentimeter verbreitern möchte, damit die neuen Mieter nicht mehr zur Dusche über das Toilettenbecken steigen müssen, beantragte er pflichtbewusst beim Bezirksamt eine Grundrissänderung. Die Reaktion von Vollrad Kuhn, stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bürgerdienste: „Gemäß den im Amtsblatt veröffentlichten Prüfkriterien für Modernisierungsmaßnahmen in unseren sozialen Erhaltungsgebieten sind Grundrissveränderungen untersagt.“ Tatsächlich gibt es in Berlin noch Tausende dieser „Schlauchbäder“ oder „Frankfurter Bäder“. Aber muss wirklich alles so bleiben, wie es ist?
Laut Statistik ist ein Bad durchschnittlich acht Quadratmeter groß – das in der Stargarder Straße entspricht mit 2,85 Quadratmetern nicht den geltenden DIN-Vorschriften, und auch nach der Umgestaltung wäre es nur 4,37 Quadratmeter „groß“. Die Verbreiterung des Bades hätte keinen Einfluss auf die Miethöhe. Stephan Moll hat Klage gegen den Bescheid des Bezirksamtes eingereicht. Die Wohnung steht seit acht Monaten leer, bis zu einem Gerichtstermin werden weitere Monate vergehen – die Wohnung kann nicht vermietet werden. Die Erhaltung des Status Quo kann hier nicht die Lösung sein. Ein so kleines Bad galt zu Zilles Zeiten als großzügig, aber wer möchte wie zu Zilles Zeiten wohnen?
Rainer Bratfisch
Lesen Sie auch zu diesem Thema:
Private Badkultur ist ziemlich jung: Vom Holzzuber zum Whirlpool
24.05.2018