Alle drei bis vier Monate wird am Runden Tisch zur Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik über den Umgang mit Grundstücken im öffentlichen Eigentum diskutiert. Die Sitzungen sind öffentlich. Daniela Brahm ist von Anfang an dabei. Für die Künstlerin und Mitgründerin des ExRotaprint, einem Ort für Gewerbe, soziale und kulturelle Projekte im Wedding, ist es „ein Erfolg des Runden Tisches, dass zumindest hier die Verhandlung liegenschafts- und bodenpolitischer Themen auf Augenhöhe zwischen Verwaltung, Politik und den diversen stadtpolitischen Initiativen und Akteuren stattfindet“.
An die Stelle der Ausverkaufspolitik früherer Jahre ist eine strategische Immobilienbewirtschaftung getreten. Bei der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) wurde ein Sondervermögen Daseinsvorsorge (SODA) eingerichtet, in dem Liegenschaften zur späteren Verwendung aufbewahrt werden. Grundstücke sollen nicht mehr verkauft, sondern im Erbbaurecht vergeben werden. Nachdem der Runde Tisch 2017 eine Erbbaurechtswerkstatt durchgeführt hat, ist als nächstes eine Werkstatt zum Konzeptverfahren bei der Grundstücksvergabe geplant. „Der Runde Tisch hat der stadtpolitischen Diskussion eine Richtung gegeben, auf die sich heute viele, auch in Politik und Verwaltung, beziehen“, betont Daniela Brahm. Jedoch müsse „der Runde Tisch darauf achten, dass er mit Aufgaben und Erwartungen nicht überfrachtet wird“, gibt Andreas Krüger zu bedenken. Der Projektentwickler – unter anderem des Modulor-Hauses am Moritzplatz und des Geländes des ehemaligen Blumengroßmarkts in der südlichen Friedrichstadt – ist Moderator des Runden Tisches. Er weist darauf hin, dass es nun darum gehe, „durch Verstetigung und Professionalisierung das Profil zu schärfen.“ Dafür sind im Berliner Landeshaushalt für 2018 und 2019 je 40.000 Euro vorgesehen.
Koordiniert wird der Runde Tisch vom Friedrichshain-Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt, der sich freut, dass es gelungen ist, „uns quasi ins Abgeordnetenhaus einzunisten“. Er betont, dass der Koalitionsvertrag zum Teil unter Rückgriff auf den Runden Tisch gestaltet wurde, warnt jedoch auch: „Wir dürfen uns trotz Professionalisierung und partieller Institutionalisierung von tragenden Figuren nicht unsere Spontaneität, Unabhängigkeit und unseren rebellischen Geist nehmen lassen.“
Schon beim ersten Runden Tisch setzte sich Reiner Wild, der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, dafür ein, dass auch Initiativen aus den Stadtteilen, die sich für einzelne Grundstücke engagieren, ihr Anliegen am Runden Tisch vortragen können. Verschiedene Liegenschaftsfälle wurden seither behandelt, aktuell zum Beispiel das ehemalige Straßenbahndepot in der Belziger Straße in Schöneberg, das als Fahrzeugsammelstelle der Polizei genutzt wird. Der ursprüngliche Plan, das im Landeseigentum befindliche Grundstück zu verkaufen, wurde aufgrund der Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik aufgegeben. Der Bezirk möchte es nun mit der städtischen Wohnungsgesellschaft WBM zu einem Standort für Kultur und Soziales entwickeln.
Nutzer wollen BImA-Grundstück selbst kaufen
Ein weiterer Liegenschaftsfall ist die Ratiborstraße 14 in Kreuzberg. Auf dem Areal, das der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) gehört, sind über 20 Handwerksbetriebe mit 80 Arbeitsplätzen, eine Kindertagesstätte, eine Wagenburg und ein Biergarten ansässig. Der Senat möchte dort Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUFs) errichten. Die Nutzerinnen und Nutzer begrüßen es, dass Geflüchtete auf dem Grundstück wohnen sollen, sehen jedoch die MUFs mit Skepsis. Am liebsten würden sie ihr Grundstück selbst von der BImA übernehmen, um dort sicher bleiben zu können. Sie hoffen nun auf die Bezirkspolitik, die Unterstützung für den Erhalt des Areals signalisiert hat.
Elisabeth Voß
Der Startschuss
Am 3. November 2011 forderten mehr als 1000 stadtpolitisch Aktive mit einem Positionspapier den sofortigen Stopp des Verkaufs öffentlicher Grundstücke. Es war das Gründungsmanifest der Initiative StadtNeudenken, die ein Jahr danach, am 9. November 2012, zum ersten Runden Tisch zur Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik ins Berliner Abgeordnetenhaus einlud.
http://stadt-neudenken.tumblr.com/
24.05.2018