Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hat im Juni Eckpunkte für den seit Anfang des Jahres diskutierten „Mietendeckel“ vorgelegt. Vorgesehen ist, die Mieten für fünf Jahre einzufrieren. Der Berliner Mieterverein (BMV) würde eine Deckelung mit einer Mietobergrenze bevorzugen. Das Gesetz soll Anfang 2020 in Kraft treten.
ACHTUNG:
Das Bundesverfassungsgericht hat am 15.4.2021 den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt – mit rechtlichen Folgen für Mieterinnen und Mieter.Was Mieterinnen und Mieter jetzt wissen müssen
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
Die hier folgenden Hinweise zur Nutzung des Mietendeckels sind damit überwiegend hinfällig.
Wenn das Eckpunktepapier Gesetz wird, dürfen die Mieten in Berlin fünf Jahre lang nicht erhöht werden. Auch bei Wiedervermietungen darf die Miete nicht höher liegen als beim Vormieter. Nach Modernisierungen sollen Mieterhöhungen möglich bleiben. Allerdings müssten Maßnahmen, die eine Mieterhöhung um mehr als 50 Cent pro Quadratmeter nach sich ziehen, von der Investitionsbank Berlin (IBB) genehmigt werden. Vermieter, für die das Einfrieren der Mieten nachgewiesenermaßen eine wirtschaftliche Härte bedeutet, könnten bei der IBB eine Ausnahme beantragen. Sollte die IBB eine Mieterhöhung erlauben, bekämen die betroffenen Mieter einen finanziellen Ausgleich, sofern ihr Einkommen so gering ist, dass sie Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben. Neubauwohnungen, die noch nicht vermietet waren, und Sozialwohnungen sollen vom Mietendeckel ausgenommen sein. Bei Verstößen würden Bußgelder bis zu 500.000 Euro fällig.
Das Einfrieren ist eine sehr transparente Regelung, hat aber Nachteile: Vermieter, die sich bisher mit moderaten Mieten zufrieden gegeben haben, müssten dieses Mietniveau für fünf Jahre beibehalten. Auf der anderen Seite würden weit überhöhte Mieten einen dauerhaften Bestandsschutz erhalten.
In der Diskussion ist daher auch eine Mietobergrenze, die nicht überschritten werden darf. Damit blieben zwar höhere Mieten im laufenden Vertragsverhältnis unangetastet, bei einer Wiedervermietung dürfte jedoch nur eine Miete in Höhe der Obergrenze verlangt werden. Umziehen kann sich dann also wieder lohnen. Aber dieses Modell hat einen politischen Knackpunkt. Wo die Miete unterhalb der Grenze liegt, könnten Vermieter die Miete bis zur Obergrenze anheben, allerdings in regulierten Schritten. Die Obergrenze darf auch nicht zu hoch liegen, damit nicht nur Haushalte mit hohen Mieten von der Preisbegrenzung profitieren.
Berliner Mieterverein: Der Mietendeckel muss nachhaltig sein
Der BMV plädiert für ein nachhaltiges und langfristiges Mietendeckel-Konzept mit Mietobergrenzen, differenziert nach Baualter und Wohnungsgröße. Auch für die Mietsteigerung nach einer energetischen Modernisierung soll es eine Beschränkung geben, damit ein verbesserter Klimaschutz möglich wird, die Bewohner aber nicht verdrängt werden.
Grundsätzlich begrüßt der BMV, dass es Senatorin Lompscher ernst ist mit einer Mietenkappung als Landesgesetz. BMV-Geschäftsführer Reiner Wild: „Bei der Ausgestaltung des Mietendeckels sollte aber das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.“
Gegenwind kommt von Seiten der Vermieter. Maren Kern, Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), hält die Eckpunkte für „verfassungsrechtlich bedenklich“. Susanne Klabe vom Spitzenverband der privaten Immobilienunternehmen (BFW) sieht keinen Handlungsbedarf: „Mit dem Berliner Mietspiegel 2019 hat die Hauptstadt einen funktionierenden Mietendeckel.“ Haus & Grund Berlin wittert gar einen „unverhohlenen Klassenkampf der SPD gegen kleine und mittelständische Eigentümer“.
Der Senat will noch in diesem Jahr das Gesetz durch das Abgeordnetenhaus bringen, damit der Berliner Mietendeckel zum Januar 2020 in Kraft treten kann.
Jens Sethmann
Deckeln ist Ländersache
Die Bundesregierung schafft es seit Jahren nicht, mit Mietrechtsverbesserungen den rasanten Anstieg der Mieten aufzuhalten. Deshalb warf im Januar eine Gruppe um die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl die Idee eines Mietendeckels in die Diskussion. Zuvor hatte der Berliner Jurist Peter Weber in einer Fachzeitschrift darauf aufmerksam gemacht, dass seit der Grundgesetzänderung von 2006 das Wohnungswesen in der Zuständigkeit der Länder liegt und Berlin auf eigene Faust eine öffentlich-rechtliche Mietenbegrenzung beschließen könnte. Eine solche Mietpreisbindung für Altbauwohnungen gab es bereits in der alten Bundesrepublik. Mit dem Rückgang der Wohnungsnot wurde sie ab 1960 Kreis für Kreis aufgehoben, in West-Berlin erst 1988. Die Gefahr, dass immer mehr Menschen sich das Wohnen nicht mehr leisten können, ist heute größer als damals.
js
08.03.2020