Ausgerechnet ein städtisches Wohnungsunternehmen wollte Mietern in Prenzlauer Berg eine rekordverdächtig teure Fassadendämmung aufdrücken. Mieterproteste und Appelle der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) haben bei der Gewobag nichts bewirkt – bis sie vom Senator zurückgepfiffen wurde.
Ende Juni tönte ein neues Lied durch Prenzlauer Berg: „Energie, die sparen wir nicht ein. Muss die Dämmung wirklich sein? Hängeklos und Handtuchwärmer machen uns doch nur noch ärmer.“ Gedichtet und vorgetragen haben es die Mieter des Wohnblocks Knaackstraße 60-68, die damit gegen die im Januar angekündigte Modernisierung durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewobag protestierten.
Das 1958 errichtete Haus mit 85 Wohnungen soll komplett saniert werden. Die Mieten steigen dadurch laut Ankündigung um 3 bis 4 Euro pro Quadratmeter beziehungsweise um 70 bis über 100 Prozent. Besonders die Wärmedämmung der Fassade schlägt ins Kontor: Üblich sind hier Kosten von rund 150 Euro pro Quadratmeter, die Gewobag kalkuliert aber mit über 400 Euro. Auch den Energiespareffekt zweifeln die Mieter des soliden Hauses an.
Das Vorgehen des Wohnungsunternehmens erinnert eher an einen Renditejäger: Durch überteuerte Modernisierungsankündigungen werden Mieter in die Flucht geschlagen, um anschließend viel lukrativer neu vermieten zu können. Tatsächlich sind in der Knaackstraße schon mehrere Mieter verschreckt ausgezogen. „Dieses robuste Vorgehen der Gewobag entspricht nicht dem, was man von einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft beim Umgang mit ihren Mieterinnen und Mietern generell erwarten darf“, heißt es in einem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung Pankow, mit dem sie die Wohnungsbaugesellschaft im März aufforderte, die Modernisierungsankündigung unverzüglich zurückzunehmen. Darauf reagierte die Gewobag zunächst nicht.
Der Fall rief Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel auf den Plan: „Wir haben dort Einfluss ausgeübt“, sagt er. Er will, dass die Mieten maximal um 50 Prozent erhöht werden. Das ist allerdings immer noch sehr happig. Die Gewobag überarbeitet nun ihre Modernisierungspläne.
Jens Sethmann
05.02.2018