Mit 800 Jahren ist Berlin noch eine junge Stadt. Zur bedeutenden Metropole wurde sie erst mit der Industrialisierung ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Die industrielle Revolution hat mit ihren Fabriken und Mietskasernen Alt-Berlin regelrecht überrollt. Von der mittelalterlichen und barocken Stadt ist nach dem Gründerzeit-Bauboom, den Kriegszerstörungen und Kahlschlagsanierungen kaum noch etwas übrig. Die schlimmen Wohnverhältnisse in den Berliner Mietskasernen der Kaiserzeit sind berühmt-berüchtigt. Aber wie wohnte man in Berlin in den Jahrhunderten zuvor?
Zu den Zeiten, als Berlin zur Hauptstadt der Mark Brandenburg erklärt worden war, strebten die Fürsten danach, ihrer Residenz ein weltstädtisches Aussehen zu geben. Nach dem Dreißigjährigen Krieg, der vor genau 400 Jahren begann, waren die Voraussetzungen dafür alles andere als gut: Die Doppelstadt Berlin-Cölln lag am Boden. Von vormals 12.000 Einwohnern waren nur noch 7500 übrig, rund 450 der 1200 Häuser lagen „wüst“. Viele der Überlebenden sind aus der Stadt geflohen, weil die Häuser mit Steuerrückständen belastet waren und die Stadt wegen des zusammengebrochenen Fernhandels kein Auskommen mehr bot. Die zurückgebliebenen Bürger ernährten sich kärglich von der Landwirtschaft. Die ungepflasterten Straßen wurden von den Hausschweinen umgewühlt. Die Folgen beschäftigten die Stadt noch lange: „Wir haben schon manche wüste Stelle verkauft, aber es gehet wie einem alten zerrissenen Kleide, wo wenn man ein Loch zuflicket, vier neue wieder vorhanden sind“, berichtete der Magistrat im Jahr 1665. Das Wohnen zur Miete war noch unüblich. Wer nicht genug Geld hatte, um ein eigenes Haus zu kaufen oder zu bauen, kaufte sich einen Hausteil oder einzelne Räume, manchmal auch in verschiedenen Häusern.
Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der „Große Kurfürst“ (1620 bis 1688), brachte in seiner Regierungszeit die Einwohnerzahl Berlins wieder auf knapp 20.000 – allerdings weniger durch Bautätigkeit als mit der dauerhaften Zwangseinquartierung von Soldaten und deren Angehörigen in den Bürgerhäusern. Für die betroffenen Bürger war eine Einquartierung eine große Last, denn sie mussten eng zusammenrücken und erhielten keinerlei Entschädigung. Im Jahr 1657 musste jedes Haus im Schnitt fast drei Militärpersonen aufnehmen. Der „Große Kurfürst“ hat die Berliner Bürgerhäuser zu kleinen Kasernen gemacht. Dieses künstliche Bevölkerungswachstum bot dann auch Verdienstmöglichkeiten für Lieferanten und Handwerker und zog Zuwanderer an.
Sein Nachfolger, König Friedrich I. (1657 bis 1713), bemühte sich, das Wachstum in die neu angelegten Vorstädte Dorotheenstadt, Friedrichswerder und Friedrichstadt zu lenken. Die Baugrundstücke im rechtwinkligen Straßenraster waren billig, und den Bauwilligen schenkte der König obendrein noch Bauholz, Steine, Kalk und 15 Prozent der Baukosten in bar. Einzige Auflage: Alle Häuser mussten den Entwürfen seines Baumeisters Nering entsprechen. Mit immer schärferen Verordnungen gegen Schweine und Scheunen drängte er die Ackerbürger der Altstadt zum Umzug vor die Stadttore. Während seiner Regierungszeit hat sich die Einwohnerzahl Berlins auf 60.000 verdreifacht.
Baupflicht unter dem Soldatenkönig
Sein Sohn Friedrich Wilhelm I. (1688 bis 1740), der „Soldatenkönig“, war ein ganz anderes Kaliber. Bei ihm waren 85 Prozent des preußischen Staatshaushalts dem Heer vorbehalten. Aber auch für den Ausbau Berlins entwickelte Friedrich Wilhelm I. Leidenschaft. Um Preußen mehr Weltgeltung zu verschaffen, sollte die Hauptstadt großstädtischer erscheinen. Vorbild war Paris, damals mit über 700.000 Einwohnern mehr als zehnmal so groß wie Berlin. Um die weitgehend noch brach liegende Friedrichstadt zu bebauen, griff er zu rabiateren Methoden als sein Vater.
Eine eigens einberufene Baukommission hat 1721 die Bürger aufgelistet, die sie für vermögend genug hielt, um ein Haus zu bauen. Und dazu wurden sie auch verpflichtet, egal, ob sie einen Bedarf für einen Neubau hatten oder nicht. Zwar schenkte ihnen der König das Baumaterial, 10.000 Taler und sogar das Baugrundstück, doch diese Subventionen reichten kaum aus, denn das Bauen auf dem schwierigen Baugrund war teuer. Zögerlichen Bürgern beschied der König barsch: „Der Kerl hat Geld, soll bauen!“ Widerspruch zwecklos.
Gefürchtet waren auch die Kontrollen, die Friedrich Wilhelm persönlich auf den Baustellen durchführte. „Wo man selbst nicht die Nase in jeden Dreck steckt, so geht die Sache nicht, wie sie gehen soll“, meinte er. Bauarbeiter, die er untätig antraf, soll er eigenhändig verprügelt haben. Am Ende seiner Regierungszeit sind in der Friedrichstadt 985 meist zweigeschossige Häuser entstanden. Im Jahr 1740 hatte Berlin 100.000 Einwohner.
Viele Häuser standen dann jahrelang leer. Die Bauherren versuchten, ihre Neubauten möglichst schnell loszuwerden. Wenn sie überhaupt einen Abnehmer fanden, mussten sie deutlich unter Wert verkaufen. Es fanden sich auch keine Mieter, die hier wohnen oder ein Geschäft eröffnen wollten. Die Eigentümer boten ein halbes Jahr Mietfreiheit oder komplette Ladeneinrichtungen an und blieben doch auf ihren Immobilien sitzen.
Wohnungen wurden seinerzeit über „Mieths-Zettul“ angeboten: Aushänge direkt am Haus informierten darüber, bei wem man sich melden möge, wenn man hier ein „Logement“ ab Ostern, Johanni (24. Juni), Michaelis (29. September), Weihnachten oder „anjetzo gleich“ mieten möchte. Ein Mietpreis stand in den seltensten Fällen auf den Zetteln. Das war Verhandlungssache. Meist wurden die Wohnungen für mehrere Jahre vermietet. Ein vorsichtiger Vermieter erkundigte sich vorher, „wie die Leute, mit denen er contrahiret, anderswo gelebet, und mit dem Feuer hausgehalten“ haben. Da es nicht üblich war, die Miete im Voraus zu zahlen, verlangte man von Mietinteressenten erst einmal „tüchtige Caution“ – nicht selten ging die Wohnung an den Meistbietenden.
Spekulation im 18. Jahrhundert
Nachdem Friedrich II. (1712 bis 1786) im Jahr 1740 den Thron bestiegen hatte, wendete sich das Blatt auf dem Immobilienmarkt. An Stadterweiterungen hatte er kein Interesse. Daher wurden bei weiter wachsender Bevölkerung die Wohnungen knapp und Immobilien zu Spekulationsobjekten. So wurde das Haus Königstraße 60, das im Jahr 1750 noch 19.000 Taler wert war, 15 Jahre später für 50.000 Taler weiterverkauft. Den König kümmerte das wenig, bis sich seine Generäle bei ihm über hohe Mieten beschwerten. Ihnen zuliebe hob er den Rechtsgrundsatz „Kauf bricht Miete“ auf, begrenzte die jährliche Miete auf fünf Prozent des Hauswertes und begann den Bau von Militärkasernen. Für die von Einquartierungen gepeinigten Bürger war das eine Erleichterung. Für einfache Soldaten und Unteroffiziere war das Leben in einer Kaserne aber kaum angenehmer. So berichtet Karl Friedrich von Klöden, der 1786 als Sohn eines Unteroffiziers in einer Berliner Kaserne geboren wurde: „Am unangenehmsten aber war folgende Einrichtung: Jeder verheiratete Unteroffizier erhielt zur Wohnung in der Kaserne eine Stube und eine Kammer. In die letztere wurden ihm zwei der schlimmsten Ausländer, denen man am wenigsten trauen durfte, unter dem Namen von Schlafburschen gelegt, die er überwachen musste. Desertierte ein solcher Kerl, hatte der Unteroffizier tausend Ängste und Sorgen auszustehen.“
Diese Art der Unterbringung samt Schlafburschen wurde dann auch auf die Zivilbevölkerung übertragen. Friedrich II. drängte auf den Bau hoher Häuser mit mehreren Wohnungen. Er ließ zwischen 1769 und 1777 oft gegen den Willen der Eigentümer 149 Bürgerhäuser abreißen und an gleicher Stelle auf eigene Kosten größere Gebäude bauen, die er den vormaligen Eigentümern schenkte. Diese konnten die neuen drei- oder vierstöckigen Häuser nicht mehr allein bewohnen und schritten zur Vermietung. „Es gibt Häuser, in welchen an 16 Familien wohnen“, staunte 1777 der Schriftsteller und Verleger Friedrich Nicolai. Für Werner Hegemann, den Chronisten des „Steinernen Berlins“, ist der Alte Fritz der „Vater der Berliner Mietskaserne“.
Der Oberstaatsmedikus Dr. Johann Ludwig Formey beklagte schon 1796 die schlechten Wohnverhältnisse der kleinen Leute: „Überhaupt tragen die elenden Wohnungen, die der gemeine Mann in Berlin hat, zu den Krankheiten dieser arbeitsamen Klassen unserer Mitbürger viel bei, und die vielen Bauten in Berlin sind ein wahres Unglück für sie. Jeder, der ein altfränkisches Haus, worin dergleichen wohnten, niederreißt, erbaut an dessen Stelle ein Prachthaus und richtet es zu großen Wohnungen für wohlhabende Leute ein. Daher sind in Berlin große Wohnungen im Überfluß, kleine hingegen werden immer seltener und teurer, und der Arme findet kaum ein Obdach für sich und die Seinigen. Er schränkt sich daher immer mehr ein und behilft sich mit einem einzigen Zimmer, worin er nicht allein sein Handwerk treibt, sondern auch mit seiner ganzen Hausgenossenschaft wohnt und schläft.“
Die ersten Mietskasernen
Die ersten echten Mietskasernen, die gezielt zur Vermietung errichtet wurden, entstanden 1822 bis 1824 vor dem Hamburger Tor, im sogenannten Vogtland. An der Gartenstraße, Ecke Torstraße baute der Baustoffhändler Heinrich Otto von Wülcknitz die „Familienhäuser“. In sechs Gebäuden wurden auf vier bis fünf Etagen vom Keller bis zum Dach insgesamt 426 Stuben einzeln an Familien vermietet. Die Häuser waren billig gebaut. Die Zimmer waren über lange Mittelflure erschlossen, hatten keine Kochgelegenheit und keinen Wasseranschluss. 2100 bis 3200 Menschen lebten hier äußerst beengt. Wülcknitz kümmerte sich nur darum, dass die Bewohner ihre Miete zahlten. Wer in Verzug geriet, wurde sofort geräumt.
Sozialstudien im Armen-Quartier
Die Zustände in den Wülcknitzschen Familienhäusern riefen den Magistrat auf den Plan. In einem Bericht beklagte Stadtrat Keibel 1825 die finsteren, feuchten Wohnräume, die Überbelegung, die Feuergefahr, die Verschmutzung der Korridore und des unbefestigten Hofes, den Gestank der offenen Sickergruben, den Ausbruch von Pocken und Scharlach sowie die allgemein schlechte Gesundheit der Bewohner. „Die zusammengedrängte Armut liefert ein Bild des jammervollsten Elends“, so Keibel. Sein Bericht hat aber ebenso wenig Folgen wie eine Untersuchung des Armenarztes Dr. Thümmel zwei Jahre später. Auch nachdem sich der verschuldete Wülcknitz 1830 abgesetzt hatte, besserte sich die Lage kaum.
Weit bekannt wurden die Zustände in den Familienhäusern durch die Schriftstellerin Bettina von Arnim mit ihrer Schrift „Dies Buch gehört dem König“ von 1843, mit der sie den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. für die soziale Ungleichheit verantwortlich machte. Besonders eindrücklich ist im Anhang des Buches die Lage der Familienhaus-Bewohner beschrieben. Der Schweizer Student Heinrich Grunholzer hatte in Bettina von Arnims Auftrag viele der Mieter besucht und sich von ihnen ihre Lebenslage schildern lassen. So berichtet er über den Schneider Engelmann: „Am meisten drückt ihn die Miethe (20 Thaler jährlich). Oft bricht er sich am Munde ab, um dieselbe bezahlen zu können und lebt doch immer in Gefahr, angeklagt zu werden. Auf seinen Tisch kommt abwechselnd Brod zum schwarzen Kaffee, Häring und dünne Mehlsuppe. Wenn er nur einen Tag ohne Arbeit ist, so muß er Kleidungsstücke versetzen.“ Über den Seidenwirker Dahlström schreibt er: „Seit fünf Jahren leidet er an chronischem Katarrh und an Augenschwäche so, daß er völlig untauglich zur Arbeit ist. Die feuchte Kellerwohnung, die er wegen rückständiger Miethe nicht vertauschen kann, wirkt sehr nachtheilig auf seine Gesundheitsumstände. Die Mutter sucht in der Stadt Knochen zusammen, von welchen ein Zentner mit 10 Silbergroschen bezahlt wird. Den Kleinen dient ein Strohsack als Bett.“
Diese Sammlung von Lebensschicksalen gilt als eine der ersten Sozialreportagen. Der preußische Innenminister bezeichnete das Buch wegen des „darin gepredigten heillosen Radikalismus“ als „eine der gemeingefährlichsten Schriften“. Das Buch wurde wohl nur wegen seiner prominenten Autorin nicht verboten. Trotz der öffentlichen Aufmerksamkeit verbesserten die wechselnden Eigentümer die Zustände in den Häusern nur unwesentlich. Die Wülcknitzschen Familienhäuser wurden erst 1882 abgerissen – zu einer Zeit, als die Mietskaserne sich in Berlin schon längst zur beherrschenden Wohnform entwickelt hatte.
Jens Sethmann
Bürgerliches Wohnen im Biedermeier
Im Museum Knoblauchhaus im Nikolaiviertel kann man in die bürgerliche Lebenswelt vor 200 Jahren eintauchen. Die sorgsam rekonstruierten Privaträume der Familie Knoblauch spiegeln authentisch die bürgerliche Wohnkultur der Biedermeierzeit zwischen 1815 und 1848 wider. Als eines der wenigen Berliner Bürgerhäuser des 18. Jahrhunderts hat das Knoblauchhaus die Zeiten bis heute überdauert. Das dreistöckige Gebäude befand sich 170 Jahre lang im Besitz der Familie und ist seit 1989 ein Museum.
Die Privaträume der Familie Knoblauch befinden sich im ersten und zweiten Stock. Man folgte damit dem Trend, die Wohnräume mehr und mehr vom geschäftlichen und öffentlichen Leben abzugrenzen. Entrée, Wohnzimmer und Bibliothek im ersten Obergeschoss waren dem Privatleben der Familie, aber auch dem geselligen Leben vorbehalten. Persönlichkeiten wie Wilhelm von Humboldt, Karl Friedrich Schinkel, Christian Friedrich Tieck und Freiherr vom und zum Stein verkehrten hier. Die aufwendig dekorierten Räume sind Durchgangszimmer – Korridore und voneinander separierte Wohnräume kannte das 18. Jahrhundert noch nicht. Das Schlafkabinett aber war klein und unprätenziös, ganz im Sinne einer damals noch neuartigen Prüderie.
In der fensterlosen Küche im zweiten Stock wurde auf einem einfachen Herd aus Ziegelsteinen auf offenem Feuer gekocht. Der Rauch zog über eine große Haube in den Schornstein ab. Bei Schlechtwetterlagen drückte der Qualm zurück in die Küche und überzog alles mit Ruß – daher auch der Name „schwarze Küche“.
Bei Weitem nicht alle Wohnräume wurden geheizt. In den besseren Räumen standen Kachelöfen aus der Tonwarenfabrik Feilner. Durch einen rückwärtigen Wanddurchbruch konnten diese Öfen von der Küche oder dem Treppenhaus aus befeuert werden. In harten Wintern wurde es im Haus mitunter recht kühl. Die Bewohner zogen sich dann in kleinere Räume zurück und behalfen sich mit dicker Kleidung und Decken. Und auch die wohlhabendsten Bürger hatten in ihren Häusern keine Badezimmer.
Die heute im Knoblauchhaus zu besichtigende Einrichtung ist eine museal nachempfundene Rekonstruktion. Zwar stammt ein Teil des Mobiliars aus dem Familienbesitz, doch es ist nicht überliefert, wo diese Möbelstücke ehemals ihren Platz im Haus hatten.
js
Berlins Anfänge sind verschüttet
Das alte Berlin entstand aus zwei mittelalterlichen Siedlungskernen, die sich an einer schmalen Stelle der Spree gegenüberlagen: Berlin am rechten Spreeufer wurde 1244 erstmals urkundlich erwähnt, Cölln auf der heutigen Fischerinsel tauchte schon 1237 in den Akten auf. Zu dieser Zeit hatten beide schon das Stadtrecht. Schätzungsweise sind die Orte zwischen 1170 und 1200 gegründet worden.
Über die Wohn- und Lebensverhältnisse im Mittelalter ist wenig bekannt. Im 14./15. Jahrhundert wohnten in Berlin rund 6000 Einwohner in 750 Häusern, in Cölln waren es ungefähr 2200 Menschen in 320 Häusern. Die meisten Gebäude waren eingeschossige Holzfachwerkhäuser mit stroh- oder reetgedeckten Dächern, die nah beieinander mit den Giebeln zur Straße standen. Handel und Handwerk fanden im Wohnhaus statt. Auf den Höfen befanden sich auch Ställe und Holzbuden für die Lagerhaltung, sogenannte Scharren. Die Eigentümer nutzten ihre Häuser ausschließlich selbst, das Wohnen zur Miete war noch unbekannt. Mit im Haushalt wohnten aber häufig Bedienstete, Knechte, Handwerksgesellen oder Lehrlinge.
Aus dem Mittelalter ist so gut wie nichts mehr erhalten. Mehrere Stadtbrände haben große Teile der Stadt vernichtet. Im Laufe der Jahrhunderte wurden kleine Häuser durch größere ersetzt. Die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs haben gerade im Zentrum der Stadt von der historischen Bebauung kaum etwas übrig gelassen. In den 1960er Jahren wurde auch der erhalten gebliebene Fischerkiez aus dem 18. Jahrhundert vollständig abgerissen.
Auskünfte geben gelegentlich noch Ausgrabungen. Bevor im alten Stadtkern ein Neubau errichtet wird, untersuchen Archäologen den Baugrund auf historische Befunde. Die Reste alter Kellerfundamente geben Aufschluss über die Grundrisse der Häuser in den verschiedenen Bauepochen. Dunklere Stellen im Erdreich zeigen die Lage von Holzbalken oder Brunnen an. Verrostetes Arbeitsgerät, Ton- und Glasscherben geben Hinweise auf das Alltagsleben, und der Inhalt von Abfall- und Fäkaliengruben lässt sogar Rückschlüsse auf die Ernährung der damaligen Bewohner zu.
js
www.stadtmuseum.de/knoblauchhaus
Literatur:
- Ernst Consentius: Alt-Berlin Anno 1740, Berlin 1907 (Reprint: Berlin 1980)
- Albert Gut: Das Berliner Wohnhaus des 17. und 18. Jahrhunderts, Berlin 1917 (Neuausgabe: Berlin 1984)
- Hans Ostwald: Die Berlinerin – Kultur- und Sittengeschichte Berlins, Berlin o. J. (1921)
- Werner Hegemann: Das steinerne Berlin – Geschichte der größten Mietskasernenstadt der Welt, Lugano 1930 (Neuausgabe: Braunschweig/Wiesbaden 1979)
- Johann Friedrich Geist, Klaus Kürvers: Das Berliner Mietshaus 1740-1862, München 1980
21.08.2018