Wie wirkt sich energetische Modernisierung auf das Mietniveau aus, und was bedeutet das für Mieter? Fragen, auf die ein Gutachten im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung Auskunft gibt. Es zeigt, dass die derzeitige gesetzliche Regelung eher auf die Amortisation von Baukosten setzt als auf effektive Energieeinsparung: Vermieter modernisieren dort, wo die Investition schnell wieder hereingeholt werden kann. Die Mieter dagegen kommt Klimaschutz teuer zu stehen.
Derzeitige mietrechtliche Regelungen reichen nicht aus, um unsere Häuser sowohl klimaschutztauglich als auch sozialverträglich energetisch zu modernisieren. Zu dieser Schlussfolgerung kommt ein Gutachten, das die Heinrich-Böll-Stiftung in Auftrag gegeben hat. Es sollte unter anderem die Fragen klären: Welchen Anteil hat eine energetische Sanierung an steigenden Mieten? Wie wirkt sie sich auf das Mietniveau aus? Und was bedeutet sie für Mieter mit niedrigem Einkommen?
Die Autoren Armin Hentschel und Julian Hopfenmüller vom Institut für Soziale Stadtentwicklung führten dazu eine Fallstudie in Leipzig, Dortmund, Berlin und Heidelberg durch. Mit Unterstützung der örtlichen Mietervereine werteten sie Modernisierungsankündigungen der Jahre 2009 bis 2012 aus und stellten erst einmal fest, dass es entscheidend vom Wohnungsmarkt und den zu erzielenden Mieten abhängt, ob und in welchem Umfang eine energetische Gebäudesanierung überhaupt von Vermietern in Angriff genommen wird.
Während in Leipzig mit hoher Leerstandsquote, einem niedrigen Mietniveau und kaum Möglichkeiten, energetische Baukosten tatsächlich auf die Miete aufzuschlagen, eher instandgesetzt und mittels Vereinbarungen die Miete eher gering erhöht wird, sieht das in Berlin mit seinem zunehmend angespannten Wohnungsmarkt ganz anders aus. Hier wird – genau wie in guten Dortmunder Wohnlagen – deutlich mehr energetisch modernisiert, hier lassen sich auch viel eher modernisierungsbedingte Mieterhöhungen durchsetzen.
Für Mieter – auch dies eine Erkenntnis, die von dem Gutachten erhärtet wird – bedeutet energetische Sanierung erst einmal eins: Mehrkosten. Weil das Mietrecht (§ 559 BGB) die Modernisierungsumlage an die Baukosten und nicht etwa an eine konkret bezifferte effektive Energieeinsparung koppelt, beträgt die Mietsteigerung nach Modernisierung heute durchschnittlich das Dreifache der Heizkostenersparnis.
„Allein mit rechtlichen Regeln lässt sich die energiepolitische Herausforderung, vor der wir stehen, nicht bewältigen“, erklärt Armin Hentschel. Andere ordnungspolitische Rahmenbedingungen sind gefragt, beispielsweise neue Richtsätze für angemessene Unterkunftskosten von ALG-II-Beziehern und die Anhebung der Miethöchstbeträge beim Wohngeld.
Gelingt dies nicht, bedeutet eine energetische Modernisierung für Menschen mit niedrigem Einkommen: ausziehen.
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 10/14
In Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt werden häufiger energetische Modernisierungen vorgenommen, weil dort höhere Mieten erzielt werden können
Foto: Christian Muhrbeck
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13.06.2018