Die zunehmenden Umwandlungen sind für das Mietwohnungsangebot verhängnisvoll. Der Genehmigungsvorbehalt in Milieuschutzgebieten könnte den Trend stoppen, wenn man ihn vermehrt anwenden würde.
Die Zahl der in Eigentum umgewandelten Wohnungen nimmt seit fünf Jahren kontinuierlich zu und erreichte im vergangenen Jahr mit 11.296 einen neuen Spitzenwert – so der neue Bericht des beim Berliner Senat angesiedelten Gutachterausschusses für Grundstückswerte. Die Gesamtzahl von gut 37.000 umgewandelten Mietwohnungen in fünf Jahren dokumentiert das lukrative Geschäft im Sektor der Eigentumswohnungen als Folge von Finanzkrise, Rekordzinstief und Flucht ins „Betongold“ ebenso wie die gezahlten Quadratmeterpreise, die mit durchschnittlich 2491 Euro 10 Prozent über denen des Vorjahres lagen.
Die Leidtragenden dieser Entwicklung sind die Mieter, vor allem die finanziell Schwächeren in Innenstadtbezirken, für die sich mit jeder umgewandelten Wohnung der Markt verknappt und verteuert.
Eindrückliches Beispiel: Friedrichshain-Kreuzberg meldet bei einem unter dem Berliner Durchschnitt liegenden Bevölkerungseinkommen 21 Prozent der Berliner Umwandlungen – und mit einer Zahl von 2403 den höchsten Wert in der Statistik. Da die Wohnungen nach Umwandlung häufig umfassend modernisiert werden und die neuen Eigentümer im Falle einer Weitervermietung alle Mieterhöhungsmöglichkeiten ausschöpfen, finden „Mieter mit mittleren oder niedrigen Einkommen bei einem Wohnungswechsel in ihrem Bezirk kein Angebot mehr vor“, so der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild.
Zu den steigenden Mieten kommt ein zahlenmäßig vermindertes Mietwohnungsangebot. Der Berliner Mieterverein hat Mitte August eine Tagesauswertung des Internet-Immobilienportals „Immoscout24“ vorgenommen und festgestellt, dass 60 Prozent der Inserate in Berlin Eigentumswohnungen betreffen und nur 40 Prozent zur Miete angeboten werden. Ein krasses Missverhältnis dokumentieren wiederum die Zahlen aus Friedrichshain-Kreuzberg: Dort steht von vier angebotenen Wohnungen nur eine zur Anmietung bereit.
Für das Jahr 2015 ist mit einer Verminderung der Umwandlungszahlen insofern zu rechnen, als durch den beschlossenen gesetzlichen Genehmigungsvorbehalt Bezirke wie Friedrichshain-Kreuzberg oder Pankow von ihrem Recht Gebrauch machen werden, die Umwandlung in Milieuschutzgebieten einzuschränken. Aber ein nachhaltiger Rückgang der Umwandlung ist nur machbar, so BMV-Geschäftsführer Wild, wenn auch andere Bezirke mitziehen und Gebiete mit sozialer Erhaltungssatzung festlegen, um die Bevölkerung vor Verdrängung zu schützen.
Da der Gentrifizierungsprozess einem immer gleich bleibenden Muster folgt, sollte mancherorts die Warnglocke läuten. Der Bezirk Neukölln, der sich bisher beharrlich dem Milieuschutz verweigert hat, verzeichnete laut Grundstücksbericht des Gutachterausschusses einen der höchsten Anstiege bei den Preisen für Eigentumswohnungen in Berlin: Von 1315 auf 1810 Euro – 37 Prozent Steigerung in einem Jahr.
Udo Hildenstab
03.03.2018