Wenn ein Angehöriger stirbt, sind ungeachtet der Trauer zahlreiche Formalitäten zu erledigen. An die Kündigung der Wohnung denken dabei die wenigsten.
Die Annahme, dass das Mietverhältnis automatisch mit dem Tod eines Mieters endet, ist ein weit verbreiteter Irrtum, der die Verwandten mitunter teuer zu stehen kommt. Stirbt ein alleinlebender Mieter, vererbt er nämlich auch seinen Mietvertrag. Der Erbe tritt dann mit allen Rechten und Pflichten in den Mietvertrag des verstorbenen Mieters ein, ohne dass es einer Änderung oder gar eines neuen Mietvertrags bedarf. Viele Familienangehörige fallen aus allen Wolken, wenn sie vom Vermieter des Verstorbenen zum Zahlen der Miete beziehungsweise zur Räumung und Renovierung der Wohnung aufgefordert werden. Dieser Pflicht kann man sich nur entziehen, wenn man die Erbschaft ausschlägt.
Wollen die Erben die Wohnung nicht nutzen, müssen sie diese schriftlich kündigen, wobei eine Kündigungsfrist von drei Monaten gilt. Wichtig: Sind mehrere Erben vorhanden, müssen alle die Kündigung unterschreiben, sonst kann sie aus formalen Gründen zurückgewiesen werden und die Miete muss weiter gezahlt werden. Dieses Sonderkündigungsrecht nach dem Tod eines Mieters greift auch bei Zeitmietverträgen oder wenn ein Kündigungsausschluss vereinbart wurde. Allerdings muss die Kündigung spätestens einen Monat nach Kenntnis von dem Todesfall und Nichteintritt in den Vertrag durch den Erben erfolgen. „Wird diese Frist versäumt, kann es passieren, dass der Erbe bei einem befristeten Mietvertrag jahrelang an das Mietverhältnis gebunden ist“, erklärt der Rechtsexperte des Berliner Mietervereins, Frank Maciejewski.
Umgekehrt kann aber auch der Vermieter den Erben innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Todes des Mieters mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Seit der Mietrechtsreform von 2001 braucht er dafür kein berechtigtes Interesse.
Den ersten Zugriff haben Lebenspartner
Und was ist, wenn es gar keinen Erben gibt? In diesem Fall hat der Vermieter das Nachsehen. Er muss Wohnungsauflösung und Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten erledigen, darf dazu aber die Kaution sowie Verwertbares aus der Wohnung verwenden. „Zwar erbt in solchen Fällen normalerweise der Fiskus, doch der tritt das Erbe nur an, wenn die Vermögenswerte größer sind als die Verbindlichkeiten“, so Maciejewski. Schulden werden nicht übernommen.
Völlig anders stellt sich die Situation dar, wenn der Verstorbene nicht allein gelebt hat. Grundsätzlich gilt: Ehegatten oder Lebenspartnern, die mit dem Verstorbenen einen gemeinsamen Hausstand geführt haben, kann die Wohnung in der Regel nicht entzogen werden. Weder der Vermieter noch der Erbe können sie aus der Wohnung hinauskomplementieren – ganz gleich, ob sie den Mietvertrag mit unterschrieben haben oder nicht. Lebenspartner – auch gleichgeschlechtliche – haben die gleichen Rechte wie Ehegatten. Waren beide Partner offiziell Mieter, wird das Mietverhältnis ohnehin einfach mit dem Überlebenden fortgesetzt. Ansonsten treten der Lebenspartner oder die Familienangehörigen – sofern sie dem Vermieter innerhalb eines Monats nichts Gegenteiliges mitteilen – automatisch in das Mietverhältnis ein. Wenn der überlebende Ehegatte das Mietverhältnis nicht fortsetzen will, können die bereits vorher in der Wohnung lebenden erwachsenen Kinder oder andere Familienangehörige in den Mietvertrag eintreten. Zwar gibt das Gesetz dem Vermieter die Möglichkeit, dem Eintretenden zu kündigen – dann nämlich wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt, zum Beispiel Zahlungsunfähigkeit oder auch persönliche Vorbehalte. Doch in der Praxis spielt das kaum eine Rolle, zumal der Vermieter zusätzlich ein berechtigtes Interesse, also etwa Eigenbedarf, vorbringen muss.
Birgit Leiß
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Häufig wollen Vermieter nach dem Tod eines Mieters den Erben oder überlebenden Mietern einen neuen Mietvertrag oder eine „Umschreibung“ aufdrängen. Beim Berliner Mieterverein rät man in den allermeisten Fällen davon ab, zu einem neuen Vertragsabschluss verpflichtet ist man ohnehin nicht. In aller Regel ist ein neuer Mietvertrag mit Nachteilen verbunden, beispielsweise werden dem Mieter Kleinreparaturpauschalen oder Renovierungspflichten auferlegt, die vorher nicht bestanden haben. Oder eine umstrittene oder ungültig formulierte Vertragsklausel wird so „nachgebessert“, dass sie zum Nachteil des Mieters juristisch Bestand hat. Gerade alte Mietverträge sind fast immer günstiger, je nach Wohndauer muss der Vermieter zudem eine bis zu zwölfmonatige Kündigungsfrist beachten. Auch DDR-Mietverträge mit ihrer 14-tägigen Kündigungsfrist für Mieter können von einem Erben übernommen werden. Übrigens: Überall dort, wo man einen Mietvertrag vorlegen muss, etwa beim Wohngeldamt oder beim Jobcenter, kann man mit dem Erbschein beweisen, dass man wirklich Mieter der betreffenden Wohnung ist.
bl
06.05.2018