Als größtes staatlich finanziertes Abrissprogramm für Wohnungen wurde der „Stadtumbau Ost“ bezeichnet. In Berlin geht es dabei aber längst nicht mehr um den sogenannten Rückbau. Die Fördermittel fließen hauptsächlich in Schulen und Kitas, Sportplätze und Grünanlagen.
Graue Plattenbauten, leere Fensterhöhlen, an einem Kran die Abrissbirne. Mit solchen Bildern wird das Programm „Stadtumbau Ost“ assoziiert. Dabei müsste man – zumindest in Berlin – an ihrer Stelle längst an sanierte Schulen und Kitas, neue Freizeitanlagen und gestaltete Wege und Plätze denken. Allein nach Marzahn-Hellersdorf flossen dafür im vergangenen Jahr 7,5 Millionen Euro.
Gestartet war das Stadtumbauprogramm vor 14 Jahren, weil die Wanderungswelle von Ost nach West vor allem in den Großsiedlungen des DDR-Wohnungsbaus einen gewaltigen Aderlass verursachte. In Berlin-Marzahn beispielsweise ging die Einwohnerzahl zwischen 1995 und 2000 um etwa ein Fünftel zurück. Teilweise standen mehr als 16 Prozent aller Wohnungen leer und waren nicht mehr zu vermieten.
300.000 bis 400.000 Wohnungen müssten in ganz Ostdeutschland abgerissen werden, so waren die Schätzungen, um eine Verwahrlosung ganzer Wohngebiete zu vermeiden – aber zugleich auch, um verbleibende Zentren wieder attraktiv zu machen. Dafür flossen zwischen 2002 und 2013 mehr als 2,7 Milliarden Euro. „Stadtumbau Ost ist nicht das einzige Programm, mit dem der Um- und Aufbau gefördert werden“, stellt Bernd Hunger, Städtebau-Experte des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW fest. „Aber es ist eines der sinnvollsten und der erfolgreichsten.“
Über 480 Städte und Gemeinden mit mehr als 1100 Stadtumbaugebieten sind auf diese Weise gefördert worden, und das Programm wird bis heute fortgeführt. „Der demografische Wandel ist eine bleibende Herausforderung“, erklärt Bernd Hunger. „Und auch wachsende Städte wie beispielsweise Berlin müssen umgebaut und an neue Gegebenheiten angepasst werden.“
Dass sich dies nicht nur auf Ostdeutschland beschränken würde, war von Anfang an klar. Bereits 2002 startete deshalb auch das Stadtumbauprogramm für die westlichen Bundesländer. Ausgestattet ist es allerdings bis heute mit wesentlich weniger Mitteln.
Die Zukunft des Programms
In Berlin liegen derzeit sechs der 15 hauptstädtischen Fördergebiete im ehemaligen Westteil der Stadt, beispielsweise im Märkischen Viertel, am Schöneberger Südkreuz oder auch am Kreuzberger Spreeufer. Eingesetzt wird die Förderung vor allem dort, wo neue Wohngebiete entstehen. Und wie im Ostteil geht es auch im Westen um die Schaffung oder Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur, um Bildungseinrichtungen und Freizeitanlagen. Wenn die Bundesregierung ihr Versprechen wahrmacht und beide Stadtumbauprogramme nicht nur über das Jahr 2016 hinaus fortführt, sondern sie auch zusammenlegt, würden die Maßnahmen künftig unter gleichen Voraussetzungen geplant und zu den gleichen Bedingungen realisiert werden können.
Rosemarie Mieder
Hier Wachstum, dort Rückgang
Stadtumbauplanung wird künftig sowohl das rasante Wachstum einiger Städte wie auch den weiteren Bevölkerungsrückgang in ländlichen Regionen ausgleichen müssen. Ostdeutschland ist von der Abwanderung der Bewohner nach wie vor besonders betroffen. So gehen Wohnungswirtschaftler in Sachsen-Anhalt davon aus, dass das Bundesland bis 2030 weitere 245.000 Einwohner verlieren könnte. Zuzug hätten dort nur die Städte Halle und Magdeburg zu erwarten. Prognosen für alle weiteren östlichen Bundesländer gehen von einem Leerstand aus, der flächendeckend deutlich über 10 Prozent, vielerorts sogar bei 20 Prozent liegen könnte.
rm
31.10.2016