Seit Juli 2016 gilt im stark von Aufwertung betroffenen Treptower Kungerkiez eine Erhaltungssatzung („Milieuschutz“). Dass dies kein hundertprozentiger Schutz vor Verdrängung ist, müssen nun die Mieter der Karl-Kunger-Straße 19/20 und Bouchéstraße 22/23 erfahren. Grund ist – wieder einmal – die preistreibende und ökologisch fragwürdige energetische Sanierung eines Altbaus.
„Wir sind das Milieu!“ sagen die Mieter des Eckhauses trotzig und wehren sich gegen eine Fassadendämmung, durch die sich ihre Wohnungen um rund 2 Euro pro Quadratmeter verteuern sollen. Dabei sind die Mieten schon jetzt recht hoch. Wer erst in den letzten Jahren zugezogen ist, zahlt 10 Euro netto kalt pro Quadratmeter und mehr. Eigentümer ist die Firma „Citec Immo Berlin GmbH“. Ein Großteil der rund 50 Mietparteien könnte sich die Miete nach der energetischen Sanierung nicht mehr leisten.
„Was ist der Sinn eines Milieuschutzes, der seine Ziele verfehlt?“, fragen daher die Mieter in einem Offenen Brief. „Etwa 25 Prozent von uns haben die Zustimmung zu dieser Modernisierung verweigert – wer aber nicht rechtsschutzversichert ist, für den ist das Risiko zu hoch“, erklärt eine Mieterin. Dem bleibt erst einmal die Hoffnung, dass das Bezirksamt die – bis dato nicht einmal beantragte Baumaßnahme – nicht genehmigt.
Nach dem Offenen Brief und einem Besuch der Mieterinitiative in der Bezirksverordnetenversammlung hat Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD) Unterstützung signalisiert. Eine Versagung der Baugenehmigung wäre jedoch nur möglich, wenn weniger als 10 Prozent der Fassade schadhaft sind, so Hölmer in einer Stellungnahme an das MieterMagazin. Dies müsse durch ein Gutachten nachgewiesen werden. Bisher sei es dem Bezirksamt trotz Aufforderungsschreiben nicht gelungen, mit der Eigentümerin in Kontakt zu treten. Auch das MieterMagazin erhielt von der Eigentümerfirma Citec keine Antwort auf seine Fragen.
Die Mieterinitiative will weiter kämpfen und notfalls selber ein Gutachten bezahlen. Sie haben sich inzwischen mit anderen betroffenen Häusern aus dem Kiez zusammengeschlossen.
Birgit Leiß
16.08.2018