Stellvertretend für die deutsche Steuerverwaltung hat die Steuerfahndung Hamburg in einem langwierigen Verfahren gegen das Internet-Portal Airbnb die Daten von Ferienwohnungsvermietern erstritten. Damit können die Finanzämter jetzt unversteuerte Vermietungseinnahmen aufspüren.
Airbnb, das weltweit größte Vermittlungsportal für Ferienwohnungen, muss die Daten der Anbieter zu steuerlichen Kontrollzwecken an die deutschen Finanzbehörden herausgeben. Das besagt eine höchstrichterliche Entscheidung, die die Steuerfahndung Hamburg zusammen mit anderen Bundesländern und dem Bundeszentralamt für Steuern mit einem sogenannten internationalen Gruppenersuchen erreicht hat. Airbnb hatte jahrelang die Herausgabe der Daten gegenüber den Kommunen verweigert.
„Damit ist ein wichtiger Durchbruch zur Aufhellung dieses erheblichen Dunkelfeldes erreicht worden“, sagt Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). „Die jetzt eingegangenen Daten werden dazu beitragen, bisher den Finanzämtern verschwiegene Einnahmen aufzuspüren, um sie der Besteuerung zu unterwerfen.“ In Einzelfällen sei sogar denkbar, nicht erklärte Vermietungseinkünfte bis zu zehn Jahre in die Vergangenheit zu besteuern.
Mutmaßlich hinterziehen viele Ferienwohnungsanbieter die Steuer, insbesondere jene, die mit ihrem Angebot gegen das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum verstoßen. Die Besteuerung macht das Geschäft mit den Touristen finanziell weniger lukrativ.
Die Berliner Linksfraktion fordert eine Prüfung, ob die Vermieterdaten auch zur Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbots genutzt werden können: „Jetzt gilt es, die Chance zu nutzen, bislang unsichtbare illegale Vermietungen zu sanktionieren und einen Teil der mehr als 20.000 vermieteten Wohnräume in Berlin für die Wohnraumversorgung zurückzugewinnen“, erklären deren Sprecherin für Stadtentwicklungspolitik Katalin Gennburg und ihr für die Rechtspolitik zuständiger Kollege Sebastian Schlüsselburg.
„Um besser kontrollieren zu können, ob Landesregelungen gerade auch von den großen international agierenden Vermittlungsplattformen eingehalten werden, setzen wir auf eine europaweite Regulierung der Plattformen“, sagt Staatssekretärin Wenke Christoph (Linke) aus der Berliner Stadtentwicklungsverwaltung. Das Bündnis von 22 europäischen Städten, das sich im März zu diesem Zweck gebildet hat, fand im September bei der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Margrethe Vestager, offene Ohren.
Jens Sethmann
30.10.2020