Die Richard-Sorge-Straße in Friedrichshain-Kreuzberg ist mittlerweile eine begehrte Wohngegend. Fast alle Häuser sind saniert. Doch zwei Häuser fallen deshalb umso mehr auf: bröckelnder Putz, marode Treppenhäuser, leer stehende Wohnungen. Der Vermieter kassiert die Miete – Reparaturen, die Geld kosten, finden nicht statt.
Mieter G. muss seit Februar 2009 ohne Warmwasser leben. Vermieter Heinrich T. hat am 19. März den defekten Boiler demontiert und noch für den gleichen Tag die Installation eines neuen versprochen. Der Termin wurde vom Vermieter kurzfristig abgesagt. Als der Mieter bei der Sanitärfirma nachfragte, stellte sich heraus, dass dort überhaupt kein Auftrag vorlag. Der Boiler wurde zwar vom Vermieter gekauft, was dieser dem Mieter telefonisch und in einem persönlichen Gespräch bestätigte, aber bis heute nicht installiert. Auch auf ein Schreiben des Mieters mit einer Fristsetzung und der Ankündigung einer Mietminderung – den Erhalt ließ sich G. quittieren – reagierte der Vermieter nicht. Mit Mietern wie G., die es „wagen“, ihm einen „so bösen Brief“ zu schreiben und Fristen zu setzen und den Mieterverein oder Anwälte einschalten, möchte er nichts zu tun haben, äußerte er ge-genüber G. Er sei bereit, dessen Mietvertrag fristlos aufzulösen. Aber der Mieter will bleiben – in einer Wohnung mit Boiler.
Mieterin S., ihr Lebensgefährte und ihr Baby lebten seit Mai 2009 ohne ein Handwaschbecken in der Toilette. Aus Sicherheitsgründen hatte sie das nur noch lose an der Wand hängende Becken abgenommen und diesen Sachverhalt dem Vermieter mitgeteilt. Auch weitere gravierende Schäden in der Wohnung, wie ein Loch im Mauerwerk, Risse in den Wänden und Wasserflecken in Schlafraum und Küche, wurden vom Vermieter zwar begutachtet und bestätigt, aber nicht beseitigt. Einen Tag vor ihrer Entbindung bot er der Mieterin eine Umsetzwohnung an. Zu diesem Zeitpunkt funktionierte auch die Dusche nicht mehr, inzwischen wurde sie vom Vermieter demontiert. Einen Auftrag zur Neuinstallation erteilte er bis heute nicht.
Die Strategie des Vermieters ist klar: Maximierung der Mieteinnahmen und Minimierung der Reparaturkosten. G. hat sein Recht auf Beseitigung der Mängel mit Unterstützung des Berliner Mietervereins inzwischen eingeklagt. Zur Verhandlung am 29. Oktober erschien der Vermieter nicht. Er wurde verurteilt, die Kosten für die Reparatur des Boilers zu übernehmen. Am Telefon gibt sich Heinrich T. verwundert, weiß angeblich nichts von den Problemen seiner Mieter. Nach zwei Minuten legte er den Telefonhörer einfach auf.
Rainer Bratfisch
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MieterMagazin 12/09
Den defekten Boiler demontiert – das war’s dann
Foto: Sabine Münch
14.06.2016