Durch die Ankündigungen bewusst teurer Modernisierungsmaßnahmen werden Mieter immer wieder zum Auszug gedrängt. Am Stuttgarter Platz 2 in Charlottenburg will der Vermieter mit sinnlosen Umbauten die Mieten verdoppeln und verdreifachen.
Die 25-seitige Modernisierungsankündigung hatte es in sich: Statt 202 Euro soll der Mieter Frank Kallinowski künftig 550 Euro nettokalt für seine Einzimmerwohnung zahlen. Bei einigen seiner Nachbarn im Haus Stuttgarter Platz 2 soll die Miete sogar um 200 Prozent steigen. „Die versuchen, uns hier rauszukriegen“, vermutet Kallinowski.
Die neue Eigentümerin – eine Gesellschaft, die von einem Architekten mit Büro im Ortsteil Prenzlauer Berg geführt wird – will eine zentrale Heizungsanlage mit Warmwasserbereitung installieren, eine Wärmedämmung anbringen, neue Fenster einbauen, Balkone anbringen und zu allem Überfluss auch die Wohnungsgrundrisse völlig verändern. Bei Frank Kallinowski soll ein großes Zimmer in eine Wohnküche verwandelt werden. Anstelle von Küche und Bad soll ein kleines Zimmer entstehen. Das neue innenliegende Bad wäre dann nur noch halb so groß wie das alte, hätte kein Fenster mehr und müsste elektrisch entlüftet werden. Zwangsläufig müssten dann auch alle Wasser- und Elektroinstallationen neu verlegt werden. Irrsinnig ist auch der Fensteraustausch: Die meisten sind noch völlig in Ordnung, teilweise sind es sogar hervorragende Schallschutzfenster, die vor wenigen Jahren wegen des neu gebauten S-Bahnhofs auf Kosten der Bahn eingebaut wurden. Die meisten Mieter verfügen über relativ neue Gasetagenheizungen.
Für die Bewohner ist die angekündigte Modernisierung so gut wie keine Verbesserung, vieles ist sogar eine Verschlechterung. Die aufwendigen Maßnahmen haben augenscheinlich vor allem den Sinn, die Kosten in die Höhe zu treiben, um über die entsprechend hohe Modernisierungsumlage die Mieter aus dem Haus zu drängen. Die Hausverwaltung macht weiter Druck: Obwohl die Bedenkzeit für die Mieter noch gar nicht abgelaufen war, kündigte sie schon Duldungsklagen an, wenn die Mieter nicht zustimmten.
Frank Kallinowski lässt sich davon nicht einschüchtern. Mit Hilfe des Berliner Mietervereins hat er die Modernisierung in weiten Teilen abgelehnt. Der Ärger schweißt die 23 Mietparteien zusammen, von denen einige schon seit 30 Jahren im Haus wohnen. „Wir veranstalten regelmäßig Mietertreffs“, sagt Kallinowski. „Die Stimmung ist kämpferisch: Wir wollen bleiben.“
Jens Sethmann
MieterMagazin 12/12
Die Mieter des Hauses Stuttgarter Platz 2 demonstrieren Gegenwehr
Foto: Christian Muhrbeck
05.02.2018