Das Zweckentfremdungsverbot kann nicht verhindern, dass preiswerte Mietwohnungen abgerissen werden, wenn dafür teure Eigentumswohnungen entstehen. So urteilte das Berliner Verwaltungsgericht. Der Berliner Mieterverein fordert Nachbesserungen am Gesetz.
Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf wollte den Abriss des Hauses Uhlandstraße 103, das seit 2011 leer steht, nicht erlauben. Mit dem Zweckentfremdungsverbot von 2012 können Abriss und Leerstand von Wohnungen untersagt werden. Der Eigentümer klagte dagegen. Er möchte an dieser Stelle einen Neubau mit 58 Eigentumswohnungen errichten, Kaufpreis: 5500 bis 6500 Euro pro Quadratmeter.
Das Verwaltungsgericht gab ihm Recht – und verwies auf die Ausnahme vom Verbot der Zweckentfremdung, wonach Abriss zu genehmigen sein, wenn „angemessener Ersatzwohnraum“ geschaffen werde. Dass anstelle günstiger Mietwohnungen teure Eigentumswohnungen entstehen, spiele keine Rolle. Anders wäre es nur, wenn Luxuswohnungen entstünden. Die wollte das Gericht hier aber nicht erkennen. Das zuständige Bezirksamt prüft nun, ob es gegen den Richterspruch Rechtsmittel einlegt.
„Der Beschluss macht deutlich, dass der Senat dringend das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung überarbeiten muss“, erklärt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV). Es müsse ausgeschlossen werden, dass Mietwohnraum durch Eigentumswohnungen ersetzt wird. Auch der Ersatz durch Hochpreis-Mietwohnungen sei zu unterbinden. Der BMV schlägt vor, dass der Ersatzwohnraum nur dann als angemessen gelten soll, wenn der Mittelwert des Mietspiegelfeldes des abzureißenden Wohnraums um höchstens 20 Prozent überschritten wird. Nur so könne sichergestellt werden, dass Mieter nicht trotz des Zweckentfremdungsverbots verdrängt werden.
Jens Sethmann
Mehr Informationen zum Thema "Zweckentfremdung von Wohnraum" (Mai 2016):
07.05.2016