Auch wenn ein ALG-II-Bezieher in einer zu großen Wohnung lebt, kann er sich bei einer Modernisierung auf eine finanzielle Härte berufen. Der Vermieter kann nicht einfach argumentieren, er könne in eine kleinere Wohnung umziehen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
In diesem Fall lebte der Mieter seit seinem fünften Lebensjahr in einer 86 Quadratmeter großen Wohnung in Berlin. Nach einer Modernisierung inklusive Dämmung und Vergrößerung der Balkone sollte die Miete um 240 Euro auf über 800 Euro steigen. Das Jobcenter übernimmt jedoch nur 463 Euro. Gegen die für ihn unzumutbare Mieterhöhung wehrte der Mieter sich daher mit einer Feststellungsklage. Die Vermieterin wandte ein, dass nach den Vorschriften zu ALG II für einen Einpersonenhaushalt 50 Quadratmeter als angemessen gelten. Der Mieter lebe also „über seine Verhältnisse“.
Der Bundesgerichtshof erkannte jedoch – wie schon das Landgericht als Vorinstanz – den Einwand der finanziellen Härte an. Zwar sei die deutlich zu große Wohnung in die Abwägung der Mieter- und Vermieterinteressen mit einzubeziehen. Aber auch andere Umstände seien zu berücksichtigen, etwa dass der Mieter schon seit 55 Jahren in der Wohnung lebt und daher in besonderer Weise im Wohnumfeld verwurzelt ist. Die Vorschriften zu den staatlichen Transferleistungen verfolgten zudem ganz andere Ziele als die mietrechtlichen Regelungen, stellten die Karlsruher Richter klar. Hier gehe es darum, ob der Mieter bei einer Modernisierung, auf die er keinerlei Einfluss hat, seinen Lebensmittelpunkt behalten darf. Allerdings ist damit immer noch nicht höchstrichterlich geklärt, ab wann überhaupt eine finanzielle Härte vorliegt.
Wie die Sache für den betroffenen Mieter ausgeht, ist ebenfalls noch ungewiss. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und den Fall wieder an das Landgericht zurückverwiesen. Es sei nicht ausreichend geprüft worden, ob der große Balkon als allgemein üblich anzusehen ist. In diesem Fall sind finanzielle Härteeinwände grundsätzlich ausgeschlossen.
Birgit Leiß
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05.03.2020