Die Berliner FDP will das Tempelhofer Feld auch der privaten Immobilienwirtschaft anbieten und sammelt Unterschriften für den Bau von Wohnungen dort. Dass die Berliner eine Bebauung mit wesentlich weniger Wohnungen per Volksentscheid abgelehnt haben, spielt wohl keine Rolle.
Von ihrer alten Forderung, Tempelhof für den Flugverkehr offenzuhalten, hat sich die Berliner FDP verabschiedet. Jetzt tritt sie für eine massive Bebauung an den Rändern des Tempelhofer Feldes ein und hat eine Volksinitiative gestartet.
2014 haben die Berliner in einem Volksentscheid die Randbebauung mit 4700 Wohnungen abgelehnt. Die FDP-Initiative will nun den Rand mit bis zu 12.000 Wohnungen bebauen lassen. Die Wohnungen sollen zu je einem Drittel von öffentlichen Unternehmen, Genossenschaften und Privaten errichtet werden. In den Augen der FDP ist das Tempelhofer Feld „derzeit ungenutzt“. Mit mathematischer Kreativität verspricht sie: „Die Fläche wird nicht schrumpfen, sondern an ihren Rändern wachsen.“ Dem Senat wirft sie „ideologiegetriebene Wohnungsbauverweigerung“ vor.
Für Tilmann Heuser, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz BUND, betreibt die FDP ein „dilettantisches Wahlkampfmanöver“. Dass Berlins bestbesuchte Grünfläche als „ungenutzt“ bezeichnet wird, zeige, „wie unwichtig den Liberalen Natur, Grün und Erholung ist“, so Heuser. „Offenbar waren die nie vor Ort. Grün ist für sie offenbar nur Bauerwartungsland.“ Wie die FDP auf der Fläche 12.000 Wohnungen und Gewerbe unterbringen will, ist für Heuser eine „große Rätselfrage“.
Dass der Wohnungsbau dem Bedarf hinterherhinkt, liegt nicht daran, dass Bauflächen politisch blockiert werden, sondern neben der grassierenden Grundstücksspekulation auch an der Zeit, die man für die Planung und Bauvorbereitung braucht. Auch auf dem Tempelhofer Feld könnten nicht schon morgen die Baukräne stehen, wie die FDP glauben machen will.
Eine solche Volksinitiative hat die liberale Partei schon einmal angeschoben: 2008 ging es um die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs in Tegel. Damals wie heute standen Abgeordnetenhauswahlen vor der Tür. Die FDP versucht offensichtlich erneut, für die Wähler wahrnehmbar zu werden.
Jens Sethmann
27.11.2020