Eigenbedarfskündigungen haben Hochkonjunktur. Nicht selten werden sie vorgetäuscht. Vermietern, denen es nur darum geht, die Wohnung leer zu bekommen, ist das schwer nachzuweisen. Dass Mieter daher schnell klein beigeben, hat sich der Eigentümer im nachfolgenden Fall trickreich zunutze gemacht.
20 Jahre lang hatte Familie Krüger in der Raumerstraße 20 in Prenzlauer Berg gewohnt. Dass ihre Wohnung vor zehn Jahren in Einzeleigentum umgewandelt und an eine Münchnerin verkauft wurde, hat sie nicht weiter beunruhigt: „Die neue Eigentümerin hat uns immer versichert, dass es für sie nur eine Kapitalanlage wäre,“ erklärt Thomas Krüger. Doch zehn Jahre später, kurz nach Ablauf der Kündigungssperrfrist, teilte sie der Familie per E-Mail mit, dass sie die Wohnung nun selber benötige. Sie und ihr Mann hätten vor, ihren Lebensmittelpunkt nach Berlin zu verlegen. Für einen Auszug vor Ende der Kündigungsfrist bot sie 10.000 Euro.
Da Familie Krüger eine neue Wohnung in Aussicht hatte und schnell entscheiden musste, nahm sie dieses Angebot an. „Wir sind davon ausgegangen, dass der Eigenbedarf nicht zu beanstanden ist und wir daher vor Gericht ohnehin keine Chancen gehabt hätten“, sagt Thomas Krüger. Dass eine E-Mail schon aus formalen Gründen keine wirksame Kündigung darstellt, erfuhr er erst später.
Richtig sauer wurde er jedoch, als er von einem ehemaligen Nachbarn darauf hingewiesen wurde, dass die Wohnung schon kurz nach seinem Auszug für 1,15 Millionen Euro auf dem Immobilienportal ImmoScout zum Verkauf angeboten wurde. Die zu Rate gezogene Anwältin musste dem Mieter erklären, dass er trotz der vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung keinerlei Ansprüche auf Schadensersatz habe, weil in der Auszugsvereinbarung der Eigenbedarf gar nicht erwähnt wird. „Offensichtlich hat sich unsere Vermieterin über diesen juristischen Schachzug vom Anwalt beraten lassen, um die Wohnung ohne Mieter für einen viel höheren Preis verkaufen zu können“, vermutet Thomas Krüger.
Bei Auszugsvereinbarungen kann man viele Fehler machen, erklärt Sebastian Bartels von der Geschäftsführung des Berliner Mietervereins: „Was man auf jeden Fall machen sollte, ist, seinen Bezug zur Kündigung beziehungsweise zum vom Vermieter behaupteten Eigenbedarf in die Vereinbarung zu schreiben.“ Auszugsvereinbarungen sollten daher immer mit der Rechtsberatung durchgesprochen werden.
Birgit Leiß
27.03.2022