Das Mietrecht spielt für die Frage, in welchem Umfang Wohnraum preiswert bleibt, eine zentrale Rolle. Änderungsvorschläge müssen jedoch wegen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes in dieser Angelegenheit immer über den Bundestag, den Bundesrat oder die Bundesregierung in die Wege geleitet werden (siehe unter „Mietrecht-Mietpreisrecht“).
Aber auch die Berliner Landesregierung steht in der Verantwortung Wohnraum bzw. vor allem preiswerten Wohnraum zu erhalten. Dies kann in vielerlei Hinsicht geschehen. Mit Beginn der Legislaturperiode im Jahre 2011 hat der damalige Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Michael Müller (SPD) einige Instrumente zum Erhalt preiswerten Wohnraums eingesetzt. So wurden zwei Ermächtigungsnormen des Bundes genutzt.
- Seit dem 1. Oktober 2013 gilt aufgrund der Kündigungsschutzklausel-Verordnung vom 13. August 2013 (GVBl. Seite 488) für ganz Berlin eine Kündigungssperrfrist von zehn Jahren nach Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung und anschließender Veräußerung .
- Zudem darf nach § 558 Abs. 3 BGB in Verbindung mit der Kappungsgrenzen-Verordnung vom 7. Mai 2013 (GVBl. S 128) die Miete innerhalb von drei Jahren um höchstens 15 % steigen (Kappungsgrenze). Die Kappungsgrenzen-Verordnung ist am 19. Mai 2013 in Kraft getreten. Vorher galt eine Kappungsgrenze von 20 % innerhalb von drei Jahren in Berlin. In der Verordnung hat der Senat auch festgelegt, dass Berlin ein Gebiet ist, in dem die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Die 67. Kammer des Landgerichts Berlin (67 S 121/14) und auch der Bundesgerichtshof (BGH VIII ZR 217/14) haben festgestellt, dass die Kappungsgrenzenverordnung wirksam ist.
Gleichwohl bleiben doch zahlreiche Möglichkeiten ungenutzt, siehe bei Wohnungstausch unter Mietrecht – Mietpreisrecht.
In erster Linie mangelt es an der Bereitschaft, den erforderlichen Maßnahmen auch die notwendigen finanziellen Mittel zur Seite zu stellen. Diese Kritik gilt für die Förderung preiswerten Neubaus (siehe „Wohnungsneubau“), aber auch für die fehlende Absicherung von Mietpreis- und Belegungsbindungen bei der Modernisierung und Sanierung der bestehenden Wohngebäude. Seit den Jahren 2000 bis 2001 gibt es keine durch Berlin öffentliche geförderte Gebäudesanierung mehr. In Sanierungsgebieten beschränkt sich die staatliche Steuerung ausschließlich auf die Infrastruktur.
Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum
Nach jahrelangen Diskussionen hat das Abgeordnetenhaus im November 2013 ein gesetzliches Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum geschaffen. Die dazugehörigen Rechts- und Ausführungsvorschriften wurden erlassen, sodass seit 1.5.2014 in Berlin wieder, wie bis zum Jahre 2002, ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum gilt.
Daran knüpft sich die Hoffnung, das Angebot an Wohnraum für die weiter steigende Nachfrage nicht durch spekulativen Leerstand, den Abriss und die zweckfremde Nutzung durch Gewerbe oder zu Ferienzwecken zu verringern. Die bestehenden Ferienwohnungsnutzungen haben dabei eine zweijährige Übergangsfrist erhalten, insoweit der Betreiber diese zweckfremde Nutzung der zuständigen Behörde bis zum 1.8.2014 mitgeteilt hat. Schätzungsweise geht es um 15.000 bis 25.000 Ferienwohnungen in der Stadt. Allerdings wurde nur rund die Hälfte dieser Wohnungen von den Betreibern gemeldet.
Auch bestehende Gewerbe unterliegen für die Laufzeit des Gewerbemietvertrages dem Bestandsschutz. Mit Inkrafttreten der Rechtsverordnung ist in Berlin eine Genehmigung des zuständigen Bezirksamtes erforderlich, wenn Wohnraum
- zum Zwecke der wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung oder einer Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen, verwendet wird; (Ferienwohnung),
- für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird (Gewerbe),
- baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist (bauliche Veränderung),
- länger als sechs Monate leer steht (Leerstand) oder
- beseitigt wird (Abriss)
Möglich wurde dieser Schutz des Wohnraums vor dem Hintergrund eines angespannten Wohnungsmarktes, den der Senat schon beim Erlass der Kappungsgrenzenverordnung „amtlich“ festgestellt hat. Für das stadtweit geltende Verbot der Zweckentfremdung ist es im Übrigen nicht erforderlich, dass an jeder Stelle des Stadtgebiets die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.
Der Berliner Mieterverein begrüßt das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum. Hinweise über zweckfremde Nutzungen nimmt jedes Bezirksamt (Wohnungsamt) entgegen.
Der Berliner Mieterverein hält eine Musteranzeige bereit.
Problematisch bleibt der Vollzug des Verbots. Die zuständigen Bezirksämter beklagen Mangel an kompetentem Personal und Recherchebeschränkungen wegen Datenschutzes.
Mehr Informationen zum Thema "Zweckentfremdung von Wohnraum" (Mai 2016):
Wohnungsbestand städtischer Wohnungsunternehmen
Ein weiteres Regulativ auf dem angespannten Wohnungsmarkt stellt der Wohnungsbestand der sechs großen städtischen Wohnungsunternehmen (degewo, GESOBAU, GEWOBAG, HOWOGE, STADT UND LAND, WBM) dar. Zum Beginn dieser Legislaturperiode verfügten diese sechs Unternehmen über circa 270.000 Wohnungen. Das Mietniveau der städtischen Vermieter liegt im Schnitt unter dem Niveau aller Wohnungsanbieter, weshalb diese Wohnungen für die Versorgung von Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen oder sonstigen Zugangsproblemen am Markt eine besondere Rolle spielen. Der Wohnungsbestand soll nach dem Willen des Senats durch Zukauf und Neubau auf 300.000 Wohnungen bis 2016 und insgesamt auf rund 400.000 Wohnungen wachsen.
Zur Präzisierung des Versorgungsauftrags haben die Senatsverwaltungen für Finanzen sowie für Stadtentwicklung und Umwelt mit den sechs städtischen Vermietern ein Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten geschlossen, zu dem das Unternehmen berlinovo bislang leider nicht gehört. Im Kern des Bündnisses, der Mietenpolitik, erfüllt das Bündnis jedoch nicht die Erwartungen an eine soziale Wohnungspolitik. Auch nach der Evaluation des Bündnisses war der Senat nur zu wenigen Korrekturen bereit. Zum Teil ist diese Kritik im zum 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Wohnraumversorgungsgesetz (WoVG) – Artikel 2 – berücksichtigt worden.
Nachdem die Härtefallregelung (Kappung der Nettokaltmietenerhöhung bei bis zu 30 % des Haushaltsnettoeinkommens in Abhängigkeit vom energetischen Zustand des Hauses) wegen zu enger Kriterien bei Einkommen und Wohnfläche bislang kaum eine Wirkung entfalten konnte, ist im WoVG für WBS-Berechtigte in besonderen Fällen auch eine Wohnflächenüberschreitung von 20 % möglich. Der Berliner Mieterverein hält an seiner Kritik fest und schlägt eine differenzierte Kappung der Warmmiete, zumindest aber der Bruttokaltmiete vor.
Auch muss der Versorgungsauftrag der städtischen Wohnungsunternehmen explizit die Unterbringung von Arbeitslosen und Grundsicherungsempfängern vorsehen. Wer, wenn nicht die Städtischen, soll sich dieser Aufgabe widmen? Die städtischen Wohnungsunternehmen müssen zumindest nun nach dem WoVG bei der Vermietung von Wohnraum 55 % der freien Wohnungen an Haushalte vergeben, deren Einkommen im Bereich des Wohnberechtigungsscheines liegt.
Das WoVG verlangt von den städtischen Wohnungsunternehmen in einer Soll-Vorschrift, dass die Miete freifinanzierter Wohnungen – von Steigerungen nach Modernisierung oder wegen gestiegener Betriebskosten abgesehen – um nicht mehr als 15 % in vier Jahren erhöht wird. Zudem soll nach Modernisierung die Miete um höchstens 9 % der umlagefähigen Modernisierungskosten erhöht werden können, wobei als weitere Kappung die ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich der eingesparten Betriebskosten gilt. Auch für Härtefälle (siehe oben) gilt bei Modernisierung eine besondere Belastungsgrenze. Der Berliner Mieterverein hält jedoch die Kappung der Miethöhe nach Modernisierung auf Basis der eingesparten Betriebskosten für sehr streitanfällig, weil bislang eine rechnerische Energiebedarfssenkung zugrunde gelegt wurde, die in der Wirklichkeit niemals erreicht wird.
Neu im WoVG ist ab Januar 2016 auch eine verbesserte Mietermitwirkung. Bei jedem landeseigenen Wohnungsunternehmen ist zur Beteiligung der Mieterschaft an Unternehmensentscheidungen ein (Unternehmens-)Mieterrat zu bilden. Ein Mitglied dieses Mieterrats kann im Aufsichtsrat des Wohnungsunternehmens vertreten sein, eine zweite Person darf als Gast teilnehmen. Auch bei Kündigungen und Zwangsräumungen sieht das WoVG zum Teil von der gesetzlichen Grundlage abweichende Vorgaben für die städtischen Vermieter vor.
Soziale Erhaltungsverordnungen – Milieuschutz
Die Ausweisung von Milieuschutzgebieten (soziale Erhaltungsverordnung nach § 172 BauGB) ist ein Instrument für die Berliner Bezirke, um den Erhalt der Zusammensetzung der angestammten Bevölkerung in den betreffenden Gebieten zu schützen. So kann Einfluss auf den Umfang von Modernisierungsmaßnahmen und damit auf die Höhe der Miete genommen werden. Zu den Wirkungen der sozialen Erhaltungsverordnung hier eine Untersuchung der asum GmbH – Angewandte Sozialforschung und urbanes Management.
Seit März 2015 gibt es eine vom Berliner Senat erlassene Umwandlungsverordnung, womit die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt wird. Damit hat Berlin nach langjähriger Forderung des Berliner Mietervereins als drittes Bundesland nach Hamburg und Bayern (für München) die Möglichkeit zum Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen geschaffen. Ein Verbot der Umwandlung reduziert nicht nur das Risiko von Kündigungen wegen Eigenbedarfs. Auch die Modernisierungstätigkeit wird implizit beeinflusst und damit ein dämpfender Effekt für das Mietniveau erzielt. Studien belegen, dass die Mieten in nicht umgewandelten Wohnungen im Schnitt 20 % bis 30 % unter den der umgewandelten Wohnungen liegen.
Auch wenn Milieuschutz keinen Rechtsanspruch auf Mieterschutz darstellt, so wirkt die Modernisierungsbeschränkung doch mietdämpfend, wie Untersuchungen belegen. Der Berliner Mieterverein fordert daher die Bezirke auf, regelmäßig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Erlass von Gebieten mit sozialer Erhaltungsverordnung vorliegen.
Bislang gibt es sogenannte Milieuschutzgebiete in Friedrichshain-Kreuzberg (8 Gebiete), Pankow (11 Gebiete), Mitte (leider nur 1 Gebiet) und Tempelhof-Schöneberg (4 Gebiete). Welche Wohngebäude in einem Milieuschutzgebiet (inclusive Gebiete mit Aufstellungsbeschluss) liegen, finden Sie in dieser Weitere Informationen zum Thema:
Straßenliste Milieuschutzgebiete in Berlin [PDF, 31 Seiten].
27.06.2024