Pressemitteilung Nr. 15/05
Recht und Geld nicht verschenken
Informierte Mieter müssen weder Geld noch Rechte verschenken. Mieter, die den neuen Mietspiegel offensiv gegen Mietpreisüberhöhung einsetzen, können die veränderte Situation auf dem Wohnungsmarkt nutzen. Wir rufen sie dazu auf! Auch Mieter besitzen ein kleines Stück Macht, nämlich die Marktmacht, die es zu nutzen gilt, so lange sie noch besteht.
Gerade angesichts der sich abzeichnenden Trendwende auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist es besonders wichtig, jetzt zu handeln und Marktmacht offensiv einzusetzen. In absehbarer Zeit wird es mit großer Wahrscheinlichkeit wieder ganz anders aussehen. Eine Verknappung des Wohnungsangebotes durch Zunahme der Haushalte und den nahezu vollständigen Stopp des Wohnungsneubaus ist schon jetzt feststellbar.
Mieter verhalten sich marktgerecht, wenn sie – die hierfür nötige Mobilität vorausgesetzt – eine überteuerte Wohnung kündigen und eine Wohnung gleichen Standards zu niedrigerem Mietpreis mieten. (Wohnungen, die 2000 pro Quadratmeter noch 12,- Euro kosteten, sind heute für 7 Euro/qm oder weniger zu haben.) Der schnelle unproblematische Umzug scheitert meist nicht mehr an einem mehrjährigen befristeten Mietvertrag. Grundsätzlich können mit einer Dreimonatsfrist unbefristete Mietverhältnisse gekündigt werden. Darüber hinaus hilft das relativ unbekannte Sonderkündigungsrecht für Mieter nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB (siehe Anlage).
Mieter können und müssen ihr Recht nutzen und mit dem Vermieter über eine Mietreduzierung verhandeln. Es gilt die Marktmacht, die der Mieter zumindest auf Teilmärkten hat, offensiv zu nutzen.
Hohe Mietpreise bei Neuvermietungen
Mietpreise unter 7 Euro pro qm im Altbau oder unter 10 Euro pro qm im Neubau sind nach wie vor in den Wohnungsannoncen die Ausnahme. Die bei Neuvermietung vereinbarten Mietpreise liegen weiterhin in der Regel über den Werten des Berliner Mietspiegel 2005.
Zum preisfreien Wohnungsbau rechnen in Berlin rund 1.200.000 Alt- und Neubauwohnungen. Für diese Wohnungen gilt bei Neuabschluss eines Mietvertrages der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Die Folge sind weit über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Mietpreise: Bei Mietvertragsabschluss müssen nämlich die Werte des Mietspiegels nach geltender Rechtslage n i c h t eingehalten werden.
Ist der Mietvertrag aber erst einmal unterschrieben, ist der neue Mieter grundsätzlich nach dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) an den Vertrag und an die Miethöhe gebunden.
Das einzige mietpreisbegrenzende Instrument bei Neuvermietung im preisfreien Wohnungsbau, § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (§ 5 WiStG) mit dem Verbot der Mietpreisüberhöhung, ist praktisch funktionslos.
Das Vorliegen der Voraussetzung „Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Wohnraum“ wird von der Rechtsprechung verneint.
Mietsenkungen im Mietspiegel nutzen
In folgenden Mietspiegelfeldern hat es im Vergleich zum Mietspiegel 2003 Mietsenkungen gegeben. Bei Wohnungen, die diesen Feldern zuzuordnen sind, kann es zu besonders hohen Überschreitungen der ortsüblichen Miete kommen, so dass hier besonders Gestaltungsmöglichkeiten gegeben sind.
Senkung um mehr als 10 %
Altbau, Ost: D2, J2
Altbau, West: B2, C2, E1, F1
Neubau, Ost: A6, D11, G11, J11
Neubau, West: K6, A7, B7, E7, F7, I7, F8, L8, E11, H11, K11
Senkung um 5 – 10 %
Altbau, Ost: F1, J1, A2, G2, A4, L4
Altbau, West: I1, D3
Neubau, Ost: B6, K6, E11, H11, L11
Neubau, West: C6, F6, C7, D7, G7, H8, H9, I9, F11, I11, L11
Was sollten Mieterinnen und Mieter tun?
Es empfiehlt sich, in allen Fällen zunächst eine Einigung mit dem Vermieter zu suchen, nachdem man sich in einer der Rechtsberatungsstellen des Berliner Mieterverein e.V. sach- und rechtskundig gemacht hat.
Mieter sollten bei Überschreitung der Mietspiegelmiete auf jeden Fall gegenüber Ihrem Vermieter aktiv werden. Die Erfahrungen des Berliner Mieterverein e.V. in der Vergangenheit zeigen, dass der Vermieter gerade bei Verweis auf die überhöhte Miete und das Androhen einer Kündigung des Mietverhältnisses häufig zu einer Senkung der Miete bewegt werden kann.
Deshalb ergeht folgender Rat an alle betroffenen Mieterhaushalte:
Ermitteln Sie mit Hilfe des Berliner Mietspiegels exakt die zulässige Miete für Ihre Wohnung. Setzen Sie dann Ihr Wissen von der zulässigen Miethöhe offensiv ein, und verhandeln Sie mit dem Vermieter über die Senkung der Miete!
BERLINER MIETERVEREIN E.V.
i. A. Hartmann Vetter
– Hauptgeschäftsführer –
Anlage
Tipp: Untermietvertrag
Ist der Vermieter mit der vorzeitigen Beendigung eines langfristigen Mietvertrages nicht einverstanden oder lehnt er einen Nachmieter zu Recht ab, gibt es noch die Möglichkeit, vom Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung (von Teilen oder aber der gesamten Wohnung) zu erbitten. Versagt der Vermieter seine Zustimmung, so entsteht dem Mieter daraus ein Sonderkündigungsrecht nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB, das ihm die Kündigung unter Einhaltung der Dreimonatsfrist ermöglicht. Dieses Kündigungsrecht kann auch in einem Formularmietvertrag nicht wirksam ausgeschlossen werden. § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB ist als das einzige vom Mieter selbst zu provozierende Sonderkündigungsrecht ein hervorragendes Instrument, mit der Dreimonatsfrist des § 573 d Abs. 2 BGB länger befristete Mietverhältnisse zu beenden oder lange Kündigungsfristen abzukürzen.
Zur Vermeidung von Risiken ist es jedoch erforderlich, folgende Punkte zu beachten:
1. Da das Sonderkündigungsrecht nur dann besteht, „sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund [für die Erlaubnisverweigerung] vorliegt“, muss der Mieter bei seinem Verlangen angeben, an wen die Untervermietung erfolgen soll (Name und Anschrift!). Anderenfalls hätte der Vermieter keine Möglichkeit festzustellen, ob ein wichtiger Grund zur Ablehnung vorliegt. Verlangt also der Mieter generell die Untermieterlaubnis, wird bei einer Verweigerung des Vermieters das Kündigungsrecht (noch) nicht ausgelöst; es sei denn, der Vermieter würde generell, d.h. für jeden denkbaren Einzelfall, die Erlaubnis ablehnen.
Also: Die Erlaubnis sollte immer für eine benannte Person (Familie) beantragt werden, da ein „Nein“ des Vermieters auf eine generelle Anfrage im Zweifel nicht als Ablehnung für jeden denkbaren Einzelfall zu verstehen ist. Es sind mithin Name und Anschrift des Untermieters anzugeben. Teilweise wird von der Rechtsprechung auch verlangt, dass Alter und Beruf des Untermieters angegeben werden oder sogar, dass der Vermieter die Gelegenheit bekommt, den Untermieter persönlich kennen zu lernen.
2. Es empfiehlt sich, Umstände zu betonen, die den Vermieter befürchten lassen, dass sein Schuldner schwer greifbar sein wird (Weltreise, langer Auslandsaufenthalt). Bei der Auswahl des vorgeschlagenen Untermieters können Vorurteile des Vermieters ausgenutzt werden (Studenten, Arbeitslose, Ausländer, Asylbewerber), ohne dass er sich erfolgreich auf „Gründe in der Person“ berufen kann. Übrigens stellt fehlende Solvenz des Untermieters keinen Ablehnungsgrund dar, da Vermieterinteressen nicht berührt werden; eine „Erlaubnis“ unter mietvertraglich nicht vorgesehenen Auflagen oder Einschränkungen gilt als Ablehnung.
3. Für die Erlaubniserteilung ist unbedingt eine (angemessene) Frist zu setzen (ca. 3 Wochen), damit bei Schweigen infolge Verzugs das Sonderkündigungsrecht ausgeübt werden kann.
4. Der Mieter muss nach Ablehnung / Verzug unverzüglich die Kündigung aussprechen (sichere Zustellung!). Die Mietrechts-Kommentare wollen die Sonderkündigung nur „innerhalb einer zumutbaren Überlegungsfrist“ zulassen und sehen das Recht danach als verwirkt an.
Gebrauchsüberlassung an Dritte
Der Mieter ist ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie weiter zu vermieten. Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, so kann der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt.
§ 553 BGB
Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte
(1) Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. Dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.
(2) Ist dem Vermieter die Überlassung nur bei einer angemessenen Erhöhung der Miete zuzumuten, so kann er die Erlaubnis davon abhängig machen, dass der Mieter sich mit einer solchen Erhöhung einverstanden erklärt.
(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
26.08.2023