Leitsatz:
Ist in der Person eines von mehreren Mietern einer Wohnung der Kündigungsschutz aus § 577 a Abs. 1, 2 BGB bereits angelegt, war also diesem Mitmieter die Wohnung zum Zeitpunkt der Bildung des Wohnungseigentums schon überlassen, und wird das Mietverhältnis nach dessen Ableben mit dem überlebenden Mitmieter gemäß § 563 a Abs. 1 BGB fortgesetzt, tritt dieser (auch) bezüglich des Kündigungsschutzes an die Stelle des Verstorbenen und kann sich nach der (erstmaligen) Veräußerung des Wohnungseigentums gegenüber einer Eigenbedarfs- beziehungsweise Verwertungskündigung des Erwerbers auf die – hier zehnjährige – Kündigungssperrfrist aus § 577 a Abs. 1, 2 BGB berufen.
BGH vom 22.6.2022 – VIII ZR 356/20 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 31 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Anders als unter „Umwandlung – Keine Kündigungssperrfrist für Untermieter“ geschildet ist die Rechtslage, wenn der einstige Untermieter als späterer Hauptmieter mit einem weiteren Mitmieter einen gemeinsamen Haushalt führt und diesem Mitmieter vor Umwandlung die Wohnung überlassen worden war. Stirbt dieser Mitmieter, setzt der Überlebende das Mietverhältnis gemäß § 563 a BGB fort und ist gegenüber einer Eigenbedarfskündigung durch die Kündigungssperrfrist geschützt.
Denn auch derjenige, der die Wohnung zunächst nicht als Hauptmieter bewohnte und in dessen Person damit die zeitlichen Voraussetzungen des § 577 a Abs. 1 BGB nicht vorliegen, mit dem jedoch das Mietverhältnis nach dem Tod des Mitmieters gemäß § 563 a Abs. 1 BGB allein fortgesetzt wird, kann sich auf den in der Person des bisherigen (Mit-)Mieters entstandenen Kündigungsschutz nach § 577 a Abs. 1 BGB berufen.
Zwar lagen in der Person des Überlebenden, die zeitlichen Voraussetzungen des § 577 a Abs. 1 BGB nicht vor, denn das Wohnungseigentum war bereits begründet worden, bevor er in die Stellung als (Haupt-)Mieter einrückte. Jedoch war der Kündigungsschutz aus § 577 a Abs. 1, 2 BGB bei dem verstorbenen Mitmieter, welchem die Wohnung vor der Umwandlung überlassen war, bereits angelegt. Da das Mietverhältnis aber nur gegenüber allen Mietern einheitlich gekündigt werden kann, mithin der Mietvertrag nur dann beendet wird, wenn die Kündigung jedem einzelnen Mieter gegenüber wirksam ist, jedoch eine solche Eigenbedarfskündigung gegenüber dem später Verstobenen nach § 577a Abs. 1, 2 BGB für die Dauer von zehn Jahren ausgeschlossen gewesen wäre, ist auch der überlebende Mitmieter vor einem Verlust der Wohnung geschützt. Es sei – so der BGH – kein Grund dafür ersichtlich, warum der „zufällige Umstand“ des Todes eines der beiden Mitmieter dem Vermieter nunmehr den Vorteil einer Eigenbedarfskündigung ohne Beachtung der Wartefrist verschaffen sollte.
27.09.2022