Leitsätze:
Bei dem (Gesamt-)Vermögensvergleich, der im Falle eines verhinderten Wohnungserwerbs anzustellen ist, ist dem Verkehrswert nicht nur der dem Verkäufer geschuldete Kaufpreis isoliert gegenüberzustellen. Vielmehr müssen auch die mit dem Erwerb einhergehenden Nebenkosten (Notarkosten, im Kaufvertrag geregelte Maklerkosten, Grundbuchgebühren, Grunderwerbsteuer) berücksichtigt werden, ohne deren Aufbringung der Mieter das Eigentum an dem Vorkaufsgegenstand nicht hätte erwerben können. Entsprechendes gilt für die Finanzierungskosten, die der Mieter ebenfalls hätte aufwenden müssen, um den Kaufpreis aufzubringen, dessen Erbringung wiederum Voraussetzung für den Eigentumserwerb ist.
Dem Umstand, dass der Mieter seine bisherige Mietwohnung im Falle der wirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts hätte nutzen können, ohne – wie bisher – Miete an den Vermieter zahlen zu müssen, kommt für die Schadensberechnung keine Bedeutung zu. Denn die jedem Eigentum innewohnende Möglichkeit, die Sache selbst oder durch Vermietung nutzen zu können, ist in ihrem Verkehrswert bereits enthalten; sie kann deshalb nicht zusätzlich neben dem Verkehrswert der Sache als Schadensposition angesetzt werden.
BGH vom 4.10.2016 – VIII ZR 281/15 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 5 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Wird der Mieter über den Verkaufsfall nicht informiert und vereitelt der Vermieter so das Vorkaufsrecht des Mieters, hat der Mieter Schadensersatzansprüche. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs ergibt sich aus einem Vergleich des Verkehrswertes der Wohnung und des möglichen Kaufpreises. Neben dem Kaufpreis müssen aber auch die mit dem möglichen Erwerb einhergehenden Nebenkosten, wie Notarkosten, Maklerkosten, Grundbuchgebühren und Grunderwerbsteuer, berücksichtigt werden, ohne deren Aufbringung der Mieter das Eigentum an dem Verkaufsgegenstand nicht hätte erwerben können. Entsprechendes gilt für die Finanzierungskosten, die der Mieter ebenfalls hätte aufwenden müssen, um den Kaufpreis aufzubringen. Hätte der Mieter zum Erwerb der von ihm gemieteten Wohnung deshalb insgesamt Aufwendungen machen müssen, die zusammen mit dem Kaufpreis den Verkehrswert zumindest erreichen, liegt kein ersatzfähiger Schaden vor. Der BGH bezieht sich insoweit auf seine bisherige Rechtsprechung (vgl. BGH vom 21.1.2015 – VIII ZR 51/14; BGH vom 6.4.2016 – VIII ZR 143/15).
Des Weiteren weist der BGH darauf hin, dass dem Umstand, dass die Mieterin ihre bisherige Mietwohnung im Falle der wirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts hätte nutzen können, ohne – wie bisher – Miete an den Vermieter zahlen zu müssen, für die im Streit stehende Schadensberechnung keine Bedeutung zukomme. Auch im Wege der Vorteilsausgleichung sei für diese Berücksichtigung der Miete kein Raum. Der für den Erwerb der Wohnung aufzubringende Kaufpreis stelle keine Vergütung für eine zeitlich begrenzte Nutzung dar, sondern sei auf einen Erwerb der Sachsubstanz gerichtet, aus der sich ihrerseits gemäß § 903 Satz 1 BGB eine eigentumsrechtliche Nutzungsmöglichkeit abgeleitet hätte. Der im Wege des Schadensersatzes auszugleichende Vorteil, den die Mieterin mit dem Kauf der gemieteten Wohnung hätte erlangen können, entspreche deshalb schon seiner Art nach nicht der Ersparnis künftiger Mietzahlungen, so dass es für deren Anrechenbarkeit bereits wertungsmäßig an der für eine Vorteilsausgleichung erforderlichen Kongruenz mit den gegenüber zu stellenden Erwerbsaufwendungen fehle.
30.07.2017