Leitsätze:
1. Maßgeblich für die Anwendung des jeweils geltenden Mietspiegels ist allein, dass der Erhebungsstichtag vor dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens liegt, nicht aber der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Mietspiegels.
2. Das Wohnwertmerkmal „unzureichende Wärmedämmung“ ist nicht einschlägig, wenn die Kälte in der Wohnung durch den Leerstand darunter befindlicher Wohnungen verursacht wird.
3. Kinderlärm aus einer Kindertagesstätte steht keiner Beeinträchtigung durch Gewerbegeräusche i.S.d. Merkmalgruppe 4 des Berliner Mietspiegels gleich.
LG Berlin, Urteil vom 15.2.01 – 62 S 422/00 –
Mitgeteilt von RA Walter Bergmann
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 2 Abs.1 MHG nur einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete um 11,46 DM auf 216,46 DM monatlich.
Allerdings ist das Mieterhöhungsverlangen formell wirksam. Der Beifügung des Mietspiegels bedarf es dann nicht, wenn er – wie der Berliner Mietspiegel – allgemein zugänglich ist (LG Berlin, Zivilkammer 61, WM 1990, 519 = GE 1991, 521). Nunmehr ist jedoch, da der Erhebungszeitpunkt des Mietspiegels 2000 der 1.10.1999 ist und das Mieterhöhungsverlangen vom 24.10.1999 erst am 26.10.1999 zugestellt ist, der Mietspiegel 2000 anzuwenden. Die Bezugnahme auf einen falschen Mietspiegel macht das Erhöhungsverlangen aber nicht formell unwirksam (LG Berlin, Zivilkammer 64, ZMR 1998, 165 = GE 1998, 433 ff.). Der Erklärung kann man auch entnehmen, in welches Feld des Berliner Mietspiegels 1998 die Wohnung einzuordnen war, so dass die Beklagte das Verlangen der Vermieterseite anhand des Berliner Mietspiegels nachvollziehen konnte. Auch bewegte sich der verlangte Mietzins innerhalb der Spanne des Mietspiegels 1998. Die Klagefrist des § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG ist gewahrt, da die Zustellung der Klageschrift an die Beklagte im Anschluss an den rechtzeitigen Eingang der Klage bei Gericht am 29.2.2000 demnächst im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO erfolgt ist.
Dem formell wirksamen Mieterhöhungsverlangen ist nur im geringen Maß zu entsprechen. Anzuwenden ist nunmehr der Mietspiegel 2000, der die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmieten am 1.10.1999 wiedergibt. Darauf, dass der Mietspiegel erst nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens an die Mieterin veröffentlicht worden ist, kommt es nicht an. Maßgeblich ist allein, dass der Erhebungsstichtag vor dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens liegt (Kammer, GE 1993, 95 und GE 1996, 1547). Es kommt nämlich im Rahmen des § 2 MHG allein auf die tatsächliche Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete an. Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Oktober 1999 bietet es sich an, die zum Stichtag 1.10.1999 erhobenen Daten des Mietspiegels 2000 zu verwerten.
Ausgehend von dem sonach anwendbaren Mietspiegel 2000 beträgt der Mittelwert für die in Feld A1 einzuordnende Wohnung 5,94 DM pro qm. Davon sind 0,74 DM pro qm abzuziehen, weil die Wohnung ohne Sammelheizung und Bad ist und das WC außerhalb der Wohnung liegt. Bei der Spanneneinordnung ist die Merkmalgruppe 2 negativ zu bewerten, weil, wie die Beklagte in 2. Instanz unbestritten vorträgt, in der Küche keine Warmwasserbereitung vorhanden ist. Bezüglich der Merkmalgruppe 3 gilt Folgendes: Während die Klägerin sich in erster Instanz nicht gegen den Vortrag zur unzureichenden Wärmedämmung gewandt hat, verweist sie im Berufungsrechtszug überzeugend darauf, dass bei Bauwerken dieser Baualtersklasse keine zusätzlichen Wärmedämmmaßnahmen erforderlich sind. Auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ist die Kälte in ihrer Wohnung durch den Leerstand anderer Wohnungen, also nicht auf unzureichende Wärmedämmung, zurückzuführen. Diese Merkmalgruppe ist somit neutral zu bewerten. Auch die Merkmalgruppe 4 ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht negativ anzusetzen. Kinderlärm, der zudem teilweise nur an 2 Stunden am Tag auftritt, steht der von der Merkmalgruppe 4 erfassten Beeinträchtigung durch Geräusche eines Gewerbes nicht gleich. Wenn die in der Nähe befindliche Kindertagesstätte zu viel Lärm verursacht, steht es der Beklagten frei, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 537 BGB auf die Minderung des Mietzinses zu verweisen. Auf die Höhe der zulässigen Miete hat dies jedoch keinen Einfluss.
Es errechnet sich also eine zulässige Bruttokaltmiete wie folgt:
Mittelwert 5,94 DM
kein Bad, Außentoilette, ohne Sammelheizung – 0,74 DM
Merkmalgruppe 2, negativ – 0,4275 DM
Betriebskosten, pauschal, gemäß GEWOS-Bericht 2,32 DM
Gesamt 7,0925 DM
Wohnfläche: 30,52 qm
neue Bruttokaltmiete 216,4631 DM
abgerundet 216,46 DM
…
Mitgeteilt von RA Wilhelm Lodde
07.06.2018