Leitsätze:
Der Mieter ist berechtigt, einen Fahrradanhänger, der zum Transport von zwei Kleinkindern benutzt wird, im Hof des Mietshauses abzustellen, wenn zumutbare anderweitige Abstellmöglichkeiten fehlen. Dem Mieter ist es nicht zuzumuten, den Fahrradanhänger nach jeder Benutzung im Keller abzustellen.
AG Schöneberg, Urteil vom 12.12.05 – 6 C 430/05 –
Mitgeteilt von RAin Monika Wacker
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist unbegründet. Die Kläger können von den Beklagten nicht verlangen, den Fahrradanhänger vom Hof des Hauses S.-Straße in Berlin, zu entfernen. Sie haben auch keinen Anspruch auf Feststellung im Sinn von § 256 ZPO, dass die Beklagten nicht berechtigt sind, derartige Fahrradanhänger auf dem Hof abzustellen.
Die Beklagten sind nicht verpflichtet, den Fahrradanhänger vom Hof zu entfernen. Sie sind auf Grund des mit dem Kläger zu 2. geschlossenen Mietvertrages berechtigt, den Hof des Hauses zum Abstellen des Fahrradanhängers zu nutzen. Ihr Nutzungsrecht beschränkt sich nicht auf die hinter der Wohnungseingangstür gelegenen Wohnräume. Räume und Flächen, die zur Nutzung der Wohnung erforderlich sind, werden vom Mietgebrauch ebenfalls umfasst. Dazu gehören Flure, Treppen, Höfe und Durchfahrten. Ihre Mitbenutzung ist grundsätzlich nicht vertragswidrig, denn auch ohne Erwähnung im Mietvertrag gelten sie als mitvermietet. Dieses Nutzungsrecht muss sich auch der Kläger zu 1. als Eigentümer entgegenhalten lassen.
Das Recht, im Flur des Hauses einen Kinderwagen abzustellen oder ein Fahrrad oder Fahrradanhänger auf dem Hof unterzustellen, hängt davon ab, ob zumutbare anderweitige Abstellmöglichkeiten bestehen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Den Beklagten ist es nicht zuzumuten, den Fahrradanhänger nach jeder Benutzung im Keller abzustellen. Zwar ist ihnen ein Kellerraum ausdrücklich mitvermietet. Der Anhänger dient aber dem Transport der Kinder, die 16 Monate und 2 Jahre alt sind und in diesem Alter durchaus in dem Fahrradanhänger transportiert werden können. Soweit die Kläger behaupten, die Kinder seien für den Anhänger zu groß geworden, ist ihr Vorbringen angesichts des konkret mitgeteilten Alters unsubstanziiert.
Von den Beklagten kann aber nicht verlangt werden, den Anhänger nach jeder Benutzung wieder in den Keller zu verbringen. Während dieser Aktion wären entweder beide Kinder unbeaufsichtigt auf dem Hof oder gar an der Kellertreppe oder aber derjenige Elternteil, der den Fahrradanhänger für den Kindertransport genutzt hat, müsste den Anhänger in den Keller bringen und dabei beide Kinder mitnehmen. Erstes wäre ein unverantwortliches Handeln gegenüber den Kindern, Zweites stellt unter Berücksichtigung der Größe des Anhängers von 110 x 89 x 80 cm ein schier unmögliches Unterfangen dar, denn zumindest das kleinere der beiden Kinder dürfte kaum in der Lage sein, eine Treppe ohne Hilfe zu laufen. Die gleiche, unlösbare Situation würde sich beim Holen des Anhängers aus dem Keller ergeben.
Der Fahrradanhänger führt auch nicht zu einer Beeinträchtigung. Konkrete Beeinträchtigungen durch den auf dem Hof abgestellten Anhänger sind nicht dargetan. Eine Behinderung anderer Personen behaupten die Kläger nicht. Auch der Lichteinfall in die Souterrainwohnung, die offenbar unvermietet ist, wird nicht nachteilig beeinträchtigt, denn nach ihrem eigenen Vorbringen steht der Anhänger etwa 3 m von den Fenstern entfernt. Außerdem haben die Kläger den Anhänger unstreitig nahezu seit Mietbeginn, nämlich seit April 2003 auf dem Hof geduldet. Der Kläger zu 2. hatte die Beklagten sogar darum gebeten, den Anhänger an anderer Stelle als ursprünglich abzustellen. Diesem Wunsch sind die Beklagten nachgekommen. In der Aufforderung, den Hänger an anderer Stelle im Hof abzustellen, kann nur eine Duldung gesehen werden. Anhaltspunkte, die deren Widerruf rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Die Kläger legen sogar ein Schreiben der Beklagten vom 8.7.2004 vor, aus dem sich ergibt, dass andere Mieter unstreitig in dem Hof ihre Fahrräder abstellen, der Hof also allgemein von den Mietern des Hauses zum Abstellen genutzt wird. Unerheblich sind die Regelungen in § 2 der Teilungserklärung. Sie haben keine Auswirkungen auf das zwischen dem Kläger zu 2. und den Beklagten bestehende Mietverhältnis.
Aus den vorgenannten Gründen fehlt den Klägern derzeit auch das berechtigte Interesse an der Feststellung, dass die Beklagten zum Abstellen des Anhängers auf dem Hof nicht berechtigt sind. …
06.06.2018