Leitsatz:
Kündigt der Käufer einer Mietwohnung schon vor Antragstellung auf Grundbucheintragung dem Mieter wegen Eigenbedarfs, hat dieser gemäß §§ 249, 826 BGB Anspruch auf Ersatz der zur Abwehr dieser unwirksamen Kündigung aufgewendeten Rechtsanwaltskosten (in Abgrenzung zu OLG Stuttgart WuM 07, 64).
AG Charlottenburg, Urteil vom 30.10.2008 – 211 C 98/08 –
Mitgeteilt von RA Dr. Rainer Tietzsch
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die Zahlungsklage der Klägerin in Höhe von 751,39 Euro ist begründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten die Erstattung der aufgewendeten Anwaltskosten zur Abwehr der vom Beklagten ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung gemäß den §§ 826, 249 BGB verlangen, einschließlich der Kosten der Ermittlung der Anschrift des Beklagten. Der Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin in sittenwidriger Weise einer Rechtsposition berühmt und Eigentumsrechte geltend gemacht, derer sich die Klägerin durch die Hilfe eines Anwalts zu erwehren gezwungen sah. Ohne bereits Eigentümer und Vermieter geworden zu sein, hat der Beklagte in Kenntnis seiner tatsächlichen Rechtsposition sich der Klägerin gegenüber mit der Eigenbedarfskündigung als Vermieter und Eigentümer geriert und das zu ihren Gunsten bestehende langjährige Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs rechtsgrundlos gekündigt. Da der Beklagte nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung eine Grundbucheintragung noch nicht einmal beantragt hatte, hat er in vorwerfbarer Weise seine Stellung als Käufer der Wohnung und die Unkenntnis der Klägerin über den Stand des Kaufgeschäfts ausgenutzt, um sich unbegründete Rechtsvorteile zum Nachteil der Klägerin zu verschaffen. Denn er begehrte die Herausgabe der Wohnung und drohte eine gerichtliche Klage an, zu und für einen Zeitpunkt, zu dem er jeweils noch nicht Eigentümer war. Die Ausnutzung der Unkenntnis der Klägerin über den Stand des Wohnungsverkaufs und die tatsächliche Stellung des Beklagten im Rahmen des Mietverhältnisses, die Vorspiegelung einer nicht innehabenden Rechtsposition und die Androhung eines Gerichtsverfahrens zur Erzwingung seiner unbegründeten Ansprüche, um so zum Nachteil der Klägerin unbegründete Rechtsvorteile zu erlangen, begründen ein sittenwidriges Verhalten. Dieses Verhalten hat der Klägerin einen Schaden zugefügt, indem sie zur Abwehr der unbegründeten Ansprüche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 751,39 Euro tatsächlich aufgewendet hat. Diese aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten kann sie somit als Schadensersatz vom Beklagen erstattet verlangen. …
29.03.2022