Leitsatz:
1. Inzwischen ist das Vorhandensein von Isolierglasfenstern allgemein üblich.
2. Bei Modernisierungsmaßnahmen, die teilweise allgemein üblich sind und teilweise (noch) nicht, kann sich ein Mieter dann nicht auf eine finanzielle Härte berufen, wenn die Mietbelastung allein aufgrund der üblichen Maßnahmen schon eine Härte für ihn bedeuten würde. Darauf, dass sich wegen der (noch) unüblichen Maßnahmen die Unzumutbarkeit der finanziellen Belastung für den Mieter weiter erhöht, kommt es nicht an.
LG Berlin vom 30.5.2013 – 67 S 577/12 –
Mitgeteilt von RA Reinhard Lebek
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Vermieter kündigt den Einbau von Isolierglasfenstern, die Verlegung neuer isolierter Versorgungsleitungen und den Anbau eines zweiten Balkons an.
Das zu berücksichtigende Haushaltseinkommen des Mieters beträgt 2539,20 Euro monatlich für zwei Personen. Die Gesamtmaßnahme führt zu einer Mieterhöhung einschließlich der kalten Nebenkosten von bisher 695,35 um 931,95 Euro auf 1627,30 Euro. Damit liegt die Mietbelastung des Mieters nach Modernisierung bei rund 65 Prozent seines Haushaltseinkommens. Gleichwohl hat das Landgericht den Mieter zur Duldung der gesamten Maßnahmen verurteilt. Die Revision wurde nicht zugelassen. Grundsätzlich geht auch die 67. Zivilkammer des Landgerichts davon aus, dass die Grenze der zumutbaren Mietbelastung – je nach Einzelfall – bei rund 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens liegt. Ausdrücklich hält sie 35 Prozent für unzumutbar.
Bei der Abwägung der gegenseitigen Interessen kommt es dann jedoch zu dem überraschenden Ergebnis:
„… Eine Interessenabwägung ist daher lediglich in Bezug auf die Verlegung der neuen isolierten Versorgungsleitungen und den Anbau des zweiten Balkons vorzunehmen. … In der Gesamtschau überwiegt vorliegend das Interesse der Beklagten, nicht mit einer Miete belastet zu werden, die sie an den Rand des Existenzminimums treibt, die zu berücksichtigenden Interessen der Klägerin gleichwohl nicht. Denn es darf nicht außer Acht bleiben, dass die Beklagte bereits dann, wenn lediglich die durch die (ohne Interessenabwägung) zu duldende Modernisierungsmaßnahme hinsichtlich der Fenster verursachte Mieterhöhung in Ansatz gebracht wird, zukünftig eine monatliche Miete in Höhe von 889,03 Euro schuldet, ein Betrag, der 35 Prozent des zu berücksichtigenden Haushaltseinkommens ausmacht. Dies ist eine Erhöhung, die bereits ohne Berücksichtigung der in die Interessenabwägung einzubeziehenden Maßnahmen in einen Bereich führt, der für die Beklagte eine unzumutbare Härte zu begründen geeignet wäre. Eine Berufung hierauf ist ihr daher bezüglich der übrigen Maßnahme bereits dem Grunde nach versagt. …“
Die Rechtsauffassung der 67. Zivilkammer des Landgerichts führt zu folgendem absurden Ergebnis: Hätte der Mieter ein um 200 Euro höheres Haushaltseinkommen, hätte er nach der Argumentation der Kammer die beiden „unüblichen“ Modernisierungsmaßnahmen nicht dulden müssen. Also: Je höher das Einkommen, umso eher ist nach dieser Ansicht eine Berufung auf die finanzielle Härte möglich. Bravo!
Unabhängig von der dogmatischen Fragwürdigkeit dieser Entscheidung zeigt sich an ihr auch, wie verhängnisvoll es mittlerweile geworden ist, dass die finanzielle Härte an das Merkmal des „allgemein Üblichen“ geknüpft wird. In einigen Jahren ist alles üblich, und es gibt dann keine finanzielle Härten mehr.
Hier ist der Gesetzgeber gefordert.
Die Entscheidung ist noch zu dem alten Modernisierungsrecht ergangen. Künftig wird die finanzielle Härte erst bei der Frage, ob die Mieterhöhung geschuldet ist, erörtert. Hier könnte wegen des Wortlautes in § 559 Absatz 4 BGB („soweit“) eine andere Beurteilung möglich sein. Nämlich die Aufspaltung der Mieterhöhung für übliche Maßnahmen und für unübliche. Warten wir es ab.
Urteilstext
Gründe:
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313 a Abs. 1, 540 Abs. 2, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
Die Berufung ist statthaft, § 511 ZPO. Die Klägerin ist durch die angefochtene Entscheidung, mit welcher ihre Klage wegen des Hauptantrages abgewiesen wurde, formell beschwert. Diese Beschwer greift die Klägerin mit der vorliegenden Berufung auch an. Insoweit ist es unerheblich, dass sie nunmehr nur noch ihren Hilfsantrag, der erstinstanzlich mangels Eintritts der innerprozessualen Bedingung nicht beschieden wurde, weiten/erfolgt.
Zwar fehlt es an der Statthaftigkeit der Berufung, wenn mit ihr ein neuer, bislang nicht geltend gemachter Anspruch verfolgt wird, mag auch das erstinstanzliche Begehren hilfsweise weiterverfolgt werden (vgl. BGH NJW 2001, 226; NJW-RR 1996, 765). So liegt der Fall hier aber nicht. Die Klägerin macht mit ihrem Hilfsantrag denselben Duldungsanspruch geltend, wie er auch Gegenstand ihres Hauptantrages war, lediglich gestützt auf eine weitere Modernisierungsankündigung. Einzig der Anschluss an die neue zentrale Heizungsanlage war im Hauptantrag nicht enthalten. Der Gegenstand beider Anträge ist mithin (im wesentlichen) identisch. Somit verfolgt die Berufungsklägerin ihr erstinstanzliches Begehren zumindest teilweise weiter, was für die Statthaftigkeit der Berufung ausreichend ist. Schließlich rügt die Berufungsklägerin auch die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung.
Die Berufung ist im übrigen auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
2. Die Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Duldung der beabsichtigten Modernisierungsmaßnahmen aus § 554 BGB in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Dem Duldungsanspruch kann die Beklagte zu 1) nicht mit Erfolg den Härteeinwand des § 554 II 2 BGB entgegenhalten, im einzelnen:
a) Die Klage ist im nunmehr allein noch verfolgten Hilfsantrag zulässig. Dieser ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Lediglich ist das Urteil mit der Modernisierungsankündigung vom 25.06.2012 zu verbinden, aus welcher sich die einzelnen Maßnahmen, die Zimmernummern und die Lage des geplanten Balkons ergeben.
So ist die Vollstreckbarkeit des Urteils gewährleistet. Der Einwand der Beklagten, der Grundriss sei nicht lesbar, greift, wovon sich die Kammer überzeugt hat, nicht durch. Gleiches gilt, soweit diese rügen, die Lage der geplanten Installationsschächte sei nicht nachvollziehbar. Zum einen können die Beklagten die Ausrichtung ihrer Wohnung ohne weiteres selbst bestimmen, zum anderen enthält der Grundriss aber auch eine entsprechende Kennzeichnung („Nordpfeil“).
b) Gegenüber der Beklagten zu 1) ist die Klage teilweise begründet. Die Beklagte ist zur Duldung der mit den Anträgen zu 1 a), 1 b) und 1 c) – teilweise – weiterverfolgten Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 554 Abs. 2 BGB verpflichtet.
aa) Die Klägerin hat die mit den Anträgen zu 1 a) und 1 b) begehrten Modernisierungsmaßnahmen den Anforderungen des § 554 Abs. 3 BGB gemäß angekündigt. Nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB hat der Vermieter dem Mieter spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme deren Art und voraussichtlichen Umfang und Beginn, voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung mitzuteilen. Den Umfang der Mitteilungspflichten hat der BGH zuletzt in seiner Entscheidung vom 28. September 2011 in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Gesetzgebers konkretisiert (Vlil ZR 242/10).
Der Gesetzgeber hat bei der Neufassung des § 554 Abs. 3 BGB im Rahmen des Mietrechtsreform 2001 ausdrücklich die äußerst strengen Maßstäbe der Rechtsprechung absenken und dem Umstand Rechnung tragen wollen, dass der Vermieter zum vorgeschriebenen Mitteilungszeitpunkt zu genaueren Angaben oft nicht in der Lage sein wird (BT-Drucks. 14/4553 S. 36 f., 49 f.).
Die Modernisierungsankündigung muss daher den Informationsbedürfnissen des Mieters Rechnung tragen, das Ziel der beabsichtigten Modernisierung und die dazu geplanten Maßnahmen zu erfahren, um ihm eine zureichende Kenntnis darüber zu vermitteln, in welcher Weise die Wohnung durch diese Maßnahmen verändert wird und wie sich diese Maßnahmen künftig auf den Mietgebrauch einschließlich etwaiger Verwendungen des Mieters sowie die zu zahlende Miete auswirken, und ihm so eine sachgerechte Beurteilung der sich daraus ergebenden Lage ermöglichen, insbesondere hinsichtlich seiner Duldungspflicht, der für ihn zu treffenden Maßnahmen und der gegebenenfalls zu ziehenden vertragsrechtlichen Konsequenzen (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 37).
Zu berücksichtigen ist weiter, dass die in § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB geregelte Mitteilungspflicht nicht darauf abzielt, die in § 554 Abs. 2 BGB näher geregelte sachliche Befugnis des Vermieters zur Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen einzuschränken, sondern dass sie dem Mieter lediglich einen ergänzenden Schutz bei der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gewähren soll. Dieser Schutz darf nicht so weit gehen, dass einem Vermieter die Durchführung gesetzlich zulässiger Modernisierungsmaßnahmen durch eine Handhabung der Mitteilungsanforderungen erschwert wird, die über das zum Schutz des Mieters gebotene Maß hinausgeht und auf diese Weise den Modernisierungsanspruch des Vermieters unvertretbar verkürzt (vgl. BGH Urteil v. 28.09.2011 – VIII ZR 242/10, Rn. 31, m. w. N., zit. nach juris).
Die Ankündigung der Klägerin vom 25. Juni 2012 genügt den vorstehenden Anforderungen, soweit es den beabsichtigten Austausch der Fenster und den Anbau des Balkons betrifft. Die Maßnahmen sind einschließlich der Kosten und Folgen für die Mietsache detailliert dargestellt. Auch ungefährer Beginn und Dauer der Maßnahmen sind angegeben. Allerdings war der ursprüngliche Bauzeitenplan überholt und die angegebenen Zeiten liegen daher teilweise in der Vergangenheit. Dies genügt den Anforderungen des § 554 Abs. 2 BGB entsprechend dem insoweit ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers bei der Neuformulierung der Vorschrift gleichwohl. Denn die Dauer der die Wohnung der Beklagten betreffenden Maßnahmen ist jedenfalls – soweit ersichtlich – unverändert, so dass sich die Beklagte hierauf einrichten kann. Der verspätete Baubeginn hat, soweit es die streitgegenständliche Wohnung betrifft, seine Ursache darin, dass die Klägerin ihren Duldungsanspruch gerichtlich durchsetzen musste. In diesem Falle ist die erneute Mitteilung eines aktualisierten Bauzeitenplans entbehrlich (vgl. LG Berlin GE 2008, 1052; 1994, 455; Eisenschmid, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 554 Rn 272).
bb) Hinsichtlich der mit dem Antrag zu 1 c) begehrten Modernisierungsmaßnahmen liegt eine den Anforderungen des § 554 Abs. 3 BGB gemäß angekündigte Maßnahme nur hinsichtlich der Durchführung der Kalt- und Warmwasserleitungen durch die Wohnung der Beklagten vor.
Bei der Maßnahme des Einbaus einer zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgung sowie der Durchführung gedämmter Leitungen in Isolationsschächten handelt es sich um eine Maßnahme zur Einsparung von Energie im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BGB. Dazu gehören Maßnahmen, die den Endenergieverbrauch in einem Objekt verringern und solche, die bei der Energieerzeugung zur Einsparung von Primärenergie führen. Die Ankündigung des Einbaus einer zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgung nebst entsprechender Leitungen entspricht zur Überzeugung der Kammer aber nicht den formellen Anforderungen des § 554 BGB. Der Mieter wird nicht konkret darüber informiert, welche Art Anlage eingebaut werden soll und welche Einsparung von Primärenergie konkret zu erwarten ist. Dazu reicht die allgemeine Angabe zur Einsparung nicht aus.
Die Klägerin teilt in ihrer Modernisierungsankündigung lediglich den erforderlichen Kostenaufwand für die Installation der Heizungsanlage und den Verlauf der Isolationsschächte mit. Schriftsätzlich hat sie erläutert, dass bei der neu einzubauenden Anlage, wie bei einer jeden fernwärmebetriebenen Warmwasserbereitung, ein durchschnittlicher Primärenergiefaktor von 1,1, gegenüber dem Energieträger Strom (Primärenergiefaktor 2,7-3,0) gegeben sei. Hierdurch sei von einer Kostenersparnis auszugehen. Diese Angaben beziehen sich aber ersichtlich nicht auf die konkret beabsichtigte Maßnahme, sondern gelten allgemein für zentrale bzw. dezentrale Heizungen. Weitere Angaben zu der geplanten Heizung oder der konkret zu erwartenden Energieeinsparung enthält die Modernisierungsankündigung nicht, auch ist kein Energieberatungsbericht oder eine Energieberechnung beigefügt.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 12. März 2003 – VIII ZR 175/02 – ausgeführt, dass zur formellen Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens die Vorlage einer Wärmebedarfsberechnung im technischen Sinne nicht nötig ist. Für bauliche Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie sei es vielmehr erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Vermieter in der Mieterhöhungserklärung neben einer schlagwortartigen Bezeichnung der Maßnahme diejenigen Tatsachen darlegt, anhand derer überschlägig beurteilt werden kann, ob die bauliche Änderung eine nachhaltige Einsparung von Heizenergie bewirkt. Zwar handelt es sich vorliegend noch nicht um die Mieterhöhungserklärung, sondern erst um die Ankündigung der Maßnahme. An diese dürften aber in Bezug auf die formelle Wirksamkeit keine geringeren Anforderungen zu stellen sein. Im gegenständlichen Verfahren wird dem Mieter außer allgemeinen Erkenntnissen und der Art und der Leistung der geplanten Anlage gar nichts mitgeteilt, so dass die Beklagte nicht in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob es sich bei der geplanten Maßnahme um eine solche zur Einsparung von Energie handeln wird. Eine Duldungspflicht ergibt sich deshalb nicht. Die Kammer hält auch in Ansehung der Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 21.05.2013 an ihrer diesbezüglichen Auffassung fest.
cc) Bei den beabsichtigten und formell wirksam angekündigten Maßnahmen handelt es sich um Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 554 Abs. 2 BGB.
Hier kommen alle Alternativen des § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB in Betracht. Unter den Begriff der Maßnahme zur Einsparung von Energie oder Wasser fällt jede Energieeinsparung, ohne dass damit ein Vorteil für den Mieter verbunden sein muss. Es reicht dabei aus, dass die erzielte Einsparung wesentlich und von Dauer ist und damit der Allgemeinheit zugute kommt (vgl. BGH Versäumnisurteil v. 07.01.2004 – VIII ZR 156/03, Rn. 11, WuM 2004, 155, zit. nach juris). Ausreichend ist insbesondere die Einsparung von Primärenergie bei der Erzeugung, ohne dass beim Verbrauch eine Ersparnis eintreten muss (vgl. Schmid in Schmid, Mietrecht, 2. Aufl., § 554 Rn. 21ff.).
Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache sind bauliche Veränderungen, die den objektiven Gebrauchswert der Räume oder Gebäudeteile im Rahmen ihres Zwecks erhöhen und eine bessere Benutzung ermöglichen. Entscheidend ist, ob allgemein in den für das Mietobjekt in Betracht kommenden Mieterkreisen der Maßnahme eine Wohnwertverbesserung beigemessen wird, so dass der Vermieter damit rechnen kann, dass die Wohnung von künftigen Mietinteressenten eher angemietet würde als eine vergleichbare Wohnung, bei der die Maßnahme nicht durchgeführt wurde (vgl. BGH Urteil v. 20.07.2005 – VIII ZR 253/04, Rn. 9, zit. nach juris; Schmid, a.a.O., Rn. 18).
Danach gilt hier Folgendes:
Der Austausch der Fenster stellt eine Maßnahme zur Einsparung von Energie iSd § 554 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB dar. Dazu gehören Maßnahmen, die den Endenergieverbrauch in einem Objekt verringern sowie solche, die bei der Erzeugung von Energie zur Einsparung von Primärenergie führen. Zur Verringerung des objektbezogenen Energieverbrauchs führen insbesondere auch Maßnahmen zur Verringerung des Energieverlustes des Gebäudes durch eine Verbesserung der Wärmedämmung durch Fenster, Außentüren, Außenwände, Dächer, Kellerdecken und oberste Geschossdecken (vgl. Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl., § 559 Rn. 67).
Neue Fenster und Fenstertüren mit Isolier- oder Mehrfachverglasung können diese Wirkung herbeiführen.
Die Klägerin hat hier in der Modernisierungsankündigung im Einzelnen die Qualität und die Wärmedurchgangskoeffizienten der vorhandenen und der neuen Fenster gegenüber gestellt. Die vorhandenen Fenster weisen eine Wärmedurchgangskoeffizienten von 3,20 W/m2K aus, die neuen lackierten Holzfenster mit Doppelfalz und zweifach-lsolierverglasung einen von 1,30 W/m2K. Dies führt zu einer Verringerung des Transmissionswärmeverlustes und mithin einer Brennstoffeinsparung von 66 %. Die Beklagten haben dies lediglich pauschal bestritten. Dieses Bestreiten ist auch dann unbeachtlich, wenn die Klägerin – wie hier – nicht konkret vorträgt, Fenster welches Herstellers sie einzubauen gedenkt. Sie dürfte hier bereits nach § 3 EnEV iVm Tabelle 1 der Anlage 1 (zu den §§ 3 und 9) verpflichtet sein, den dort genannten Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,30 W/m2K einzuhalten. Der BGH mutet es dem Mieter im Übrigen zu, sich der Hilfe sachkundiger Personen zu bedienen (vgl. BGH Versäumnisurteil 07.01.2004 – VIII ZR 156/03, Rn. 11, zit. nach juris). Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass dem Vermieter Modernisierungen, insbesondere die energetische Modernisierung nicht über den erforderlichen Schutz des Mieters hinaus über Gebühr erschwert werden soll, kann – wie auch sonst – nicht jedes allgemeine Bestreiten des Mieters dazu führen, dass die Angaben des Vermieters durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten bestätigt werden. Es gelten die allgemeinen Regeln, wonach sich die Anforderungen an die Substanz des Gegenvortrags nach der des Vortrags der darlegungs- und beweisbelasteten Partei richten. Hier stützt die Klägerin ihren Duldungsanspruch auf ein Energiegutachten und ein konkretes Zahlenwerk. Damit hätten sich die Beklagten konkret auseinander setzen müssen.
Deren Vorbringen zu den Gasverbräuchen in ihrer Wohnung ist aber schon deshalb nicht ausreichend, da der Energiebedarf nicht auf den des gesamten Gebäudes übertragen werden kann. Außerdem haben sie sich auch mit dem Vortrag der Klägerin zu Kostenreduktion und höherem Wirkungsgrad der Fernwärme nicht weiter auseinandergesetzt. Auch hinsichtlich der – unstreitig – vorhandenen drei Isolierglasfenster gilt nichts anderes. Zum einen tragen die Beklagten nicht vor, um welche Fenster es sich genau handelt. Dessen ungeachtet hat die Klägerin aber auch vorgetragen, dass alle Fenster einen Wärmedurchgangskoeffizienten von 3,20 W/m2K aufweisen. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten.
Soweit die Beklagte rügt, die konkret geplante Ausführungsart – außenbündiges Ansetzen der Fenster – führe zu einer nachhaltigen Änderung des Charakters ihrer Wohnung, vermag sie nicht durchzudringen. Der Kammer sind aus eigener Anschauung zahlreiche Altbauwohnungen bekannt, bei denen die Fenster bündig zum Außenmauerwerk eingesetzt sind, ohne dass die behauptete Wirkung eingetreten ist.
Der Anbau des Balkons stellt ebenfalls eine Modernisierungsmaßnahme i.S.d. § 554 Abs. 2 S. 1 BGB dar, welche die Beklagte zu dulden hat. Zwar ist bereits ein straßenseitig gelegener Balkon vorhanden, weicher eine Grundfläche von 3,23 qm aufweist. In Ansehung der Größe der streitgegenständlichen Wohnung, welche ca. 180, 44 qm beträgt, und die über 5 Vi Zimmer verfügt, erscheint der Anbau eines rückseitigen Balkons mit einer Grundfläche von ca. 10 qm aber als Wohnwertverbesserung. Selbst wenn der vorhandene Balkon eine Nutzung durch die Beklagte zu 1) und ihren Sohn zulässt, stellt die Anbringung eines weiteren, größeren Balkons vorliegend eine Verbesserung dar. Denn abzustellen ist insoweit nicht allein auf die konkreten Lebensverhältnisse der Beklagten. Eine Erhöhung des Gebrauchswertes der Wohnung ist bereits dann zu bejahen, wenn die Maßnahme nach der Verkehrsanschauung geeignet ist, die Attraktivität der Mietsache für künftige Mietinteressenten zu erhöhen (BGH NJW 2005, 2995; 2008, 1218). Dies ist hier der Fall. Wohnungen wie die streitgegenständliche werden üblicherweise nicht von Zwei-Personen-Haushalten genutzt, sondern bieten Raum für mindestens vier Personen. Diese finden auf dem vorhandenen Baikon aber schwerlich sitzend Platz, so dass die Anbringung eines größeren Balkons die Attraktivität der Wohnung steigert.
Soweit nunmehr neue gedämmte Kalt- und Warmwasserleitungen in Installationsschächten verlegt werden sollen, handelt es sich ebenfalls um eine Maßnahme zur Einsparung von Energie. Eine solche Verlegungsart wirkt energetisch positiv. Dies ist evident.
dd) Auf das Vorliegen einer unzumutbaren (finanziellen) Härte i.S.d. § 554 Abs. 2 S. 2 BGB vermag sich die Beklagte im Ergebnis nicht mit Erfolg zu berufen.
Allerdings beanstandet die Klägerin zu Recht, dass das Amtsgericht allein die Frage der (finanziellen) Härte der Mieterhöhung für die Beklagten geprüft hat, nicht aber, ob diese auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Klägerin und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist, § 554 Abs. 2 Satz 2, 3 BGB. Das Amtsgericht hat sich zudem nicht ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob die zu erwartende Mieterhöhung deshalb nicht als Härte anzusehen ist, mit der Folge, dass eine Interessenabwägung zu unterbleiben hat, weil die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, der allgemein üblich ist, § 554 Abs. 3 Satz 4 BGB.
Unstreitig erhöht sich die zugrunde zu legende Miete einschließlich der kalten Nebenkosten (vgl. insoweit Eisenschmid aaO, § 554 Rn. 217) voraussichtlich von bisher 695,35 Euro um 931,95 Euro auf 1.627,29 Euro.
Nach der neueren Rechtsprechung, insbesondere des BGH (vgl. BGH Urteil v. 20.07.2005 VIII ZR 253/04; auch: Urteil v. 15.05.1991 – VIII ZR 38/90; KG Rechtsentscheid in Mietsachen 8 W RE-Miet 4340/80, jew. zit. nach juris, jew. m.w.N.) entfällt die Duldungspflicht nicht bereits, wenn die Miete sich durch die Maßnahme um mehr als 30 % erhöht, ein Prozentsatz der hier deutlich überschritten wird. Zu prüfen ist vielmehr nur, ob es sich um eine sogen. Luxusmodernisierung handelt, d. h. besonders aufwändige Maßnahmen, die zu unzumutbaren Mieten führen können (vgl. BGH Urteil v. 20.07.2005, a.a.O., Rn. 12). Das ist hierzu verneinen, denn es handelt sich um Maßnahmen, die teilweise der Einsparung von Energie und Wasser dienen (außer Balkon) und damit im Interesse der Allgemeinheit liegen, im Übrigen tatsächlich den Wohnwert verbessern (Balkon). Nach der BGH-Rechtsprechung ist Maßstab dabei – anders als nach § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB – nicht der durchschnittliche Standard des gegenwärtigen Wohnungsmarktes. Vielmehr kann die Maßnahme des Vermieters diesen auch anheben. Anderenfalls würde eine gesellschaftspolitisch gewollte laufende Verbesserung des Wohnungsbestandes behindert.
Die durch die Maßnahme zu erwartende Mieterhöhung ist danach vor dem Hintergrund der Einkommensverhältnisse der Beklagten nicht als unzumutbare Härte anzusehen.
Das Einkommen der Beklagten betrug im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Modernisierungsankündigung (vgl. dazu LG Berlin GE 2005, 1491) 2.100,- Euro.
Berücksichtigt die Kammer ferner – zugunsten der Beklagten – lediglich das Einkommen des ebenfalls in der streitgegenständlichen Wohnung lebenden Sohnes der Beklagten von seinerzeit 439,20 Euro ergibt sich ein (mindestens) anzusetzendes Gesamteinkommen von 2.539,20 Euro.
Da der Gesetzgeber auf die Regelung objektiver Schranken verzichtet hat und ausdrücklich auf den Mieter sowie die in seinem Haushalt lebenden Personen abstellt, ist die individuelle Belastungsgrenze jeweils einzelfallbezogen zu ermitteln. Der Ansatz einer starren Grenze bzw. bezifferter Prozentsätze dürfte sich verbieten, denn sie würden diesen Maßstäben nicht gerecht (vgl. auch BGH Urteil v. 15.05.1991, a.a.O., Rn. 60; KG, a.a.O., Rn. 10; LG Berlin Urteil v. 199.04.2002 – 63 S 239/01 Rn. 4, zit. nach juris).
Nach Abzug der Miete muss dem Mieter jedenfalls ein Einkommen verbleiben, das es ihm ermöglicht, im Wesentlichen an seinem bisherigen Lebenszuschnitt festzuhalten, wobei einem Mieter mit besserem Einkommen eine höhere Miete zugemutet werden kann, als einem Mieter mit nur geringem Einkommen. Die Zumutbarkeitsgrenze ist jedoch nicht (erst) dort zu ziehen, wo der Mieter mit seinem verbleibenden Einkommen nur noch sein Existenzminimum bestreiten kann (Eisenschmid, a.a.O., Rn. 222ff., m.w.N.).
Hier liegt das zu berücksichtigende Gesamteinkommen der Beklagten (im Zeitpunkt des Zugangs des Duldungsverlangens) bei 2.539,20 Euro, die Miete verbraucht nach der vorgesehenen Erhöhung knapp ca. 65 % des Einkommens. Nach den oben dargestellten Maßstäben – die nicht starr anzuwenden sind – liegt die Beklagte damit deutlich über der Zumutbarkeitsgrenze, die die ZK 63 (LG Berlin, a.a.O.) zieht. Der Beklagten und ihrem in ihrem Haushalt lebenden Sohn verbliebe nach Abzug der Miete ein monatliches Einkommen von 911,91 Euro. Sie läge damit allerdings noch oberhalb des steuerlichen Existenzminimums, das für Alleinstehende 2012 bei monatlich 667,00 Euro lag.
Die Interessenabwägung entfällt gemäß § 554 Abs. 2 S. 4 BGB allerdings für alle Maßnahmen, welche nur einen allgemein üblichen Zustand herstellen: als allgemein üblich wird von Rechtsprechung und Literatur ein Zustand angesehen, der die weit überwiegende Mehrheit aller im Geltungsbereich des Gesetzes gelegenen Mietwohnungen betrifft. Nach der BGH-Rechtsprechung ist ein Zustand allgemein üblich, wenn der angestrebte Zustand bei der überwiegenden Zahl von Mieträumen – mindestens zwei Drittel – in Gebäuden innerhalb der Region angetroffen wird.
Dies ist jedenfalls für den beabsichtigten Austausch der Fenster zu bejahen. Die Kammer hält insoweit auch in Ansehung der klägerischen Ausführungen im Schriftsatz vom 21.05.2013 an ihrer bereits in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung fest. Ihr ist aus zahlreichen anderen Verfahren (gerichts-)bekannt, dass auch in Objekten des hier maßgeblichen Errichtungszeitraums inzwischen das Vorhandensein von Isolierglasfensters allgemein üblich ist. Der Einholung einer amtlichen Auskunft bedurfte es daher insoweit nicht.
Eine Interessenabwägung ist daher lediglich in Bezug auf die Verlegung der neuen isolierten Versorgungsleitungen und den Anbau des zweiten Balkons vorzunehmen. Hinsichtlich des Balkons streitet zugunsten der Klägerin ihr Interesse an der Werterhöhung des Gebäudes und einer besseren Vermietbarkeit sowie die Möglichkeit, bessere Mieten im Falle einer Neuvermietung zu erzielen. Hinsichtlich der anderen Mieter ist auf deren konkretes Interesse abzustellen (Palandt-Weidenkaff, BGB, § 554 Rn 17). Maßgeblich ist, inwieweit sich die Maßnahme auf deren Mietgebrauch auswirkt [Eisenschmid, aaO., Rn 245). Beim Anbau eines Balkons an die Wohnung der Beklagten dürfte solches ausscheiden, so dass sich die Klägerin nicht auf derartige Interessen – es sollen ohnehin nur noch drei Mieter im Haus verblieben sein -berufen kann. In der Gesamtschau überwiegt vorliegend das Interesse der Beklagten, nicht mit einer Miete belastet zu werden, die sie an den Rand des Existenzminimums treibt, die zu berücksichtigenden Interessen der Klägerin gleichwohl nicht. Denn es darf nicht außer Acht bleiben, dass die Beklagte bereits dann, wenn lediglich die durch die (ohne Interessenabwägung) zu duldende Modernisierungsmaßnahme hinsichtlich der Fenster verursachte Mieterhöhung in Ansatz gebracht wird, zukünftig eine monatliche Miete in Höhe von 889,03 Euro schuldet, ein Betrag, der 35 % des zu berücksichtigenden Haushaltseinkommens ausmacht. Dies ist eine Erhöhung, die bereits ohne Berücksichtigung der in die Interessenabwägung einzubeziehenden Maßnahmen in einen Bereich führt, der für die Beklagte eine unzumutbare Härte zu begründen geeignet wäre. Eine Berufung hierauf ist ihr daher bezüglich der übrigen Maßnahme bereits dem Grunde nach versagt.
Soweit die Klägerin in Bezug auf den Härteeinwand daran festhält, dass die Beklagten damit ausgeschlossen seien, weil sie eine unangemessen große Wohnung bewohnen würden, kann dies nach alledem im Ergebnis ebenso dahinstehen wie die von der Klägerin im Schriftsatz vom 21.05.2013 vertretene Ansicht, der Beklagten sei eine Untervermietung der streitgegenständlichen Wohnung zumutbar, um ihre Einkommenssituation zu verbessern.
ee) Die Androhung des Ordnungsmittels folgt aus § 890 Abs. 2 ZPO.
c) Hinsichtlich des Beklagten zu 2) ist die Berufung hingegen in vollem Umfang unbegründet (geworden). Nach der Überlassung der streitgegenständlichen (Ehe-)Wohnung an die Beklagte zu 1) und der Mitteilung an die klägerische Hausverwaltung ist der Beklagte zu 2) aus dem Mietverhältnis ausgeschieden, § 1568 a Abs. 3 Nr. 1 BGB. Ein Duldungsanspruch gegen ihn besteht mithin nicht (mehr). Die Klägerin hätte insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären müssen. Dies hat sie nicht getan.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht erforderlich, die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
02.01.2018