Leitsätze:
1. Der Ausfall der Heizungsanlage in der Wohnung berechtigt den Mieter zu einer Mietminderung von 70 Prozent der Warmmiete.
2. Ein Annahmeverzug des Mieters hinsichtlich der Mängelbeseitigung kann bei umfänglichen Instandsetzungsarbeiten nur eintreten, wenn der Vermieter in seinem wörtlichen Angebot die geplanten Arbeiten vollständig beschreibt und diese Arbeiten dem Gebot der Rücksichtnahme entsprechen.
AG Charlottenburg vom 7.6.2013 – 216 C 7/13 – (rechtskräftig)
Mitgeteilt von RA Dr. Rainer Tietzsch
Urteilstext
Zum Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die … Rückzahlung von Mieten …
Die Klägerin ist Mieterin, der Beklagte Vermieter der Wohnung … in Berlin. Die monatliche Warmmiete der Klägerin beträgt 1290,47 EUR.
Im Februar 2011 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und dem Beklagten statt, anlässlich dessen der Beklagte die Klägerin darüber informierte, dass die bisherige Ölzentralheizungsanlage geändert werden sollte und der Einbau einer Gasetagenheizung geplant sei. Ein genauer Zeitpunkt für den Umbau wurde nicht besprochen.
Die alte Sammelheizungsanlage wurde zum Ende der Heizperiode (April) 2011 stillgelegt, der zentrale Brenner wurde ausgebaut. Die Wohnung der Klägerin verfügte vom 1.10.2011 bis 9.12.2011 über keine funktionierende Heizungsanlage.
Erstmals am 26.8.2011 setzte sich der Beklagte mit der Klägerin zur Vereinbarung einer Wohnungsbesichtigung mit dem Heizungsinstallateur per SMS in Verbindung. Diese erfolgte sodann am 1.9.2011.
Am 8.10.2011 bemerkte die Klägerin, dass es in der Wohnung empfindlich kühl wurde und dieser Zustand andauerte. Die Klägerin wandte sich telefonisch am 10.10.2011 und mit Schreiben vom gleichen Tag an den Beklagten und forderte diesen zur Wiederherstellung der Beheizbarkeit ihrer Wohnung bis zum 12.10.2011 auf, machte Mietminderung geltend und stellte die Mietzahlung für den bereits laufenden Monat Oktober 2011 unter Rückforderungsvorbehalt. In der darauf folgenden Woche befand sich die Klägerin auf Dienstreise und forderte von dort den Beklagten per SMS am 18.11.2011 erneut auf, in der Woche vom 24.10.2011 den Mangel zu beseitigen. Bei ihrer Rückkehr am 23.10.2011 war die Wohnung weiterhin kühl. Mit Schreiben vom 24.10.2011 forderte die Klägerin den Beklagten nochmals zur Herstellung der Beheizbarkeit unter abschließender Fristsetzung bis zum 25.10.2011, 18:00 Uhr auf.
Am 27.10.2011 erhob die Klägerin Klage vor dem Amtsgericht Charlottenburg – 221 C 441/11 – auf Mängelbeseitigung. Danach meldete sich der Beklagte zunächst mit Schreiben vom 28.10.2011 und kündigte Arbeiten zur Wiederherstellung der Beheizbarkeit ab dem 14.11.2011 an. Die angekündigte Mietminderung wies der Beklagte zurück. Mit Schreiben vom 11.11.2011 teilte der Beklagte erneut mit, dass die Installationsarbeiten am 14.11.2011 beginnen, und übersandte einen Plan mit der Rohrführung für die neue Heizungsanlage. Er forderte die Klägerin zur Schaffung von Baufreiheit auf. Die Arbeiten sollten zwischen 5 bis 6 Tagen dauern und begannen wie mitgeteilt am 14.11.2011. Sie waren am 9.12.2011 beendet, so dass die Beheizbarkeit der Wohnung der Klägerin ab 10.12.2011 wieder gegeben war. Mit Schreiben vom 28.11.2011 stellte die Klägerin die Mietzahlung, für den bereits laufenden Monat November 2011 bis zur Beendigung der Bauarbeiten, unter Rückforderungsvorbehalt. …
b) Die Klägerin [begehrt] die Rückzahlung überzahlter Mieten in Höhe von 2000,23 EUR, wobei sie einen täglichen Minderungsbetrag von 75% der Warmmiete für die Zeit vom 8.10.2011 bis 9.12.2012 (62 Tage) ansetzte.
Die Klägerin trägt vor, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass die alte Heizungsanlage mit Ende der Heizperiode April 2011 stillgelegt wurde. Sie sei auch nach dem Gespräch im Februar 2011 davon ausgegangen, dass die alte Heizungsanlage bis zum Umbau zur Verfügung stehe. Auch sei in dem Gespräch nicht deutlich geworden, dass der Umbau noch in diesem Jahr erfolgen solle. Auch nach der Besichtigung der Wohnung im September 2011 durch den Beklagten und den Heizungsinstallateur sei ihr nicht klar gewesen, dass die alte Sammelheizung bereits nicht mehr funktionstüchtig war. Sie sei davon ausgegangen, dass zunächst ein Plan erstellt werde und dafür die Wohnungsbesichtigung erforderlich gewesen sei. Sie sei weiter davon ausgegangen, dass erst nach Erhalt von konkreten Plänen eine Terminabstimmung erfolgen sollte. Zudem sei nicht besprochen wurden, dass sich die Klägerin bei dem Beklagten zwecks Terminabstimmung melden solle, sie habe vielmehr erwartet, dass sie nach Konkretisierung der Planung Mitteilung erhalte, ab wann der Umbau stattfinden solle und mit welcher konkreten Dauer zu rechnen sei. Nach dem 1.9.2011 habe sich der Beklagte auch nicht mehr gemeldet. Weiter trägt die Klägerin vor, sei es ab dem 8.10.2011 in der gesamten Wohnung empfindlich kalt geworden, die Temperatur sei bis zum 23.10.2011 auf 16 Grad und teilweise darunter gefallen. …
Der Beklagte trägt vor, er habe der Klägerin bei dem Gespräch im Februar 2011 mitgeteilt, dass die Ölheizungsanlage abgebaut werden sollte. Er habe der Klägerin im Sommer Zeichnungen gegeben, die die geplanten technischen Veränderungen in der Wohnung der Klägerin zeigten. Bei der Wohnungsbegehung im September 2011 habe er mit der Klägerin vereinbart, dass diese sich hinsichtlich eines Einbautermins melden solle. Aufgrund der schwierigen Erreichbarkeit der Klägerin sei der Einbau verzögert wurden, weshalb ein Minderungsanspruch nicht bestehe. Mit Schreiben vom 11.11.2011 sei die Klägerin konkret über die Verlegung der neuen Rohrleitungen aufgeklärt und die voraussichtliche Arbeitsdauer von 5-6 Tagen angegeben worden.
Der Beklagte … trägt vor, wenn die Klägerin rechtzeitig nach dem Gespräch im Februar 2011 reagiert hätte, der Einbau in den Sommermonaten hätte stattfinden können. Es sei Nachlässigkeit der Klägerin gewesen, dass zu Beginn der Heizperiode keine Heizung zur Verfügung gestanden habe, da es an der Klägerin gewesen sei, entsprechende Termine mit dem Heizungsunternehmen zu vereinbaren. …
Aus den Gründen:
Die … Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet. …
II.) Die Klägerin hat gegen den Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 8.10.2011 bis 9.12.2011 in Höhe von 1867,07 EUR einen Anspruch auf Rückzahlung des unstreitig entrichteten Mietzinses gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgrund der Minderung wegen der unzureichenden Beheizbarkeit ihrer Wohnung.
Ein solcher Anspruch besteht, da die Klägerin ohne Rechtsgrund geleistet hat, denn sie war während des genannten Zeitraums nicht zur vollständigen Mietzahlung der vertragsmäßig vereinbarten Warmmiete, die sie unstreitig auch in Höhe von 1290,47 EUR monatlich entrichtet hat, verpflichtet, da diese um 70% gemindert war, § 536 BGB.
Die Miete war wegen der nicht vorhandenen Beheizbarkeit der Wohnung gemindert, denn in dem streitgegenständlichen Zeitraum lag ein Mangel vor.
… Es ist … gerichtsbekannt, dass ein vollständiger Heizungsausfall in der Heizperiode über wenige Tage hinweg zu einem merklichen Temperaturabfall und Auskühlen der Wohnräume führt (vgl. LG Berlin, Urteil v. 9.2.2010, 65 S 475/07, Rn. 19, zitiert nach juris; für einen Heizungsausfall über 3 Tage im Februar).
Der Mietzins war während der Heizperiode 8.10.2011 bis 9.12.2011 um 70% gemindert. Das Fehlen einer Heizungsanlage in der Heizperiode und die hieraus resultierende mangelnde Beheizbarkeit der Wohnung ist ein erheblicher Mangel und hat daher die Minderung des Mietzinses zur Folge.
Die Minderung war nicht gem. § 242 BGB wegen eines Annahmeverzugs der Klägerin hinsichtlich der Mängelbeseitigung ausgeschlossen. Ein solcher Annahmeverzug lag nicht vor; denn der Beklagte hat die Mängelbeseitigung nicht ordnungsgemäß angeboten. Insbesondere stellt der Besuch des Beklagten mit dem Heizungsinstallateur am 1.9.2011 kein wörtliches Angebot i. S.v. § 295 BGB dar. Gleiches gilt für die verschiedenen Kurznachrichten (SMS) und das Schreiben vom 28.10.2011 sowie das Gespräch des Beklagten mit der Klägerin im Februar 2011.
Zwar war zur Herbeiführung des Annahmeverzugs ein wörtliches Angebot ausreichend; denn die Bewirkung der geschuldeten Handlung setzte die Duldung des Zutritts und damit die Mitwirkung der Klägerin voraus. Auch das wörtliche Angebot muss aber der geschuldeten Leistung so, wie sie zu bewirken ist, entsprechen (vgl. § 294 BGB). Zu einem ordnungsgemäßen Angebot gehörte daher nicht nur das Angebot des in der Wiederherstellung der Beheizbarkeit liegenden Leistungserfolgs, sondern auch das Angebot einer gehörigen Leistungshandlung (vgl. LG Berlin, Urteil v. 29.7.2002, 61 S 37/02; zitiert nach juris). Denn der Gläubiger ist zur Annahme einer Leistung nicht verpflichtet, wenn er die angebotene Leistungshandlung nicht zu dulden hat.
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob es sich bei dem Neubau der Heizungsanlage um eine Instandsetzungsmaßnahme oder um eine Modernisierung der Mietsache gehandelt hat. Zwar sind bei der Instandsetzung der Mietsache i. S.v. § 554 Abs. 1 BGB nicht ebenso strenge Anforderungen an die Ankündigung der geplanten Maßnahmen zu stellen wie bei der Modernisierung von Wohnraum (vgl. § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB). Aber auch die Instandsetzung von Wohnraum, mit anderen Worten: die Mängelbeseitigung, hat so zu erfolgen, dass unnötige Beeinträchtigungen des Mieters vermieden werden (vgl. nur Palandt-Weidenkaff, BGB, 72. Aufl., § 554 Rn. 6). Wegen dieses Rücksichtnahmegebots ist der Vermieter bei der Bestimmung seiner Leistungshandlung nicht frei. Dies hat zur Folge, dass ein Annahmeverzug des Mieters hinsichtlich der Mängelbeseitigung, sofern hierzu umfängliche Instandsetzungsarbeiten erforderlich werden, nur dann eintreten kann, wenn der Vermieter in seinem wörtlichen Angebot die geplanten Arbeiten vollständig beschreibt und diese Arbeiten dem Gebot der Rücksichtnahme entsprechen (vgl. LG Berlin, Urteil v. 29.7.2002, 61 S 37/02; zitiert nach juris). Es stand gerade nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin, die erforderlichen Termine zu vereinbaren und den Beklagten an die Erfüllung seiner mietvertraglichen Pflichten zu erinnern.
Sofern als ordnungsgemäßes wörtliches Angebot das Schreiben des Beklagten vom 11.11.2011 in Betracht kommt, kann dahinstehen, ob dieses den Anforderungen eines wirksamen Angebotes genügt, da der in dem Schreiben bestimmte Termin (ab dem 14.11.2011) von der Klägerin unstreitig nicht behindert wurde.
Der Mietzins war daher bis zur endgültigen Wiederherstellung der Beheizbarkeit der Wohnung im Dezember 2011 gemindert. Das Gericht erachtet eine Minderung von 70% (LG Berlin, Urteil v. 29.7.2002, 61 S 37/02; zitiert nach juris) der Warmmiete für angemessen.
Dabei berechnet sich die Mietminderung ab dem 8.10.2011, da sich der Mietmangel erstmals an diesem Tag, durch Auskühlung der Wohnung zeigte. Es erscheint dem Gericht auch nachvollziehbar, dass sich bereits wenige Tage nach Absinken der Außentemperaturen dies auf die Raumtemperatur deutlich niederschlagen muss. Mit Funktionsfähigkeit der neuen Heizungsanlage am 10.12.2011 endet der Anspruch auf Mietminderung. …
Bei Berechnung der Mietminderung nach Tagen ergibt sich somit eine Minderung für 62 Tage aus der unstreitig geschuldeten Warmmiete in Höhe von 1290,47 EUR von insgesamt 1867,07 EUR. …
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14.06.2016