Leitsätze:
1. Mit Einräumung einer Mietminderung für die Zeit der modernisierungsbedingten Bauarbeiten ist der Anspruch des Mieters auf Aufwendungsersatz nach § 554 Abs. 4 BGB nicht ausgeschlossen.
2. Die vom Mieter in Eigenregie vorgenommenen Arbeiten nach Modernisierung (Reinigung, Räumung, Malerarbeiten usw.) können pro Arbeitsstunde mit 10 Euro im Rahmen des Aufwendungsersatzanspruches geltend gemacht werden. Bei der Vergütung des Zeitaufwandes im Rahmen des § 554 Abs. 4 BGB liegt eine Orientierung am Stundensatz des § 2 Abs. 3 Satz 2 ZSEG nahe.
AG Hohenschönhausen, Urteil vom 12.5.04 – 11 C 519/03 –
Mitgeteilt von RA Bernd Schütze
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Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Denn den Beklagten stand gegenüber der Klägerin ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 554 Abs. 4 BGB in Höhe von 636,41 Euro zu. Die Beklagten haben im Einzelnen dargelegt, dass sich die Aufwendungen, die sie im Schreiben vom 26.2.2002 geltend gemacht haben, auf die Modernisierungsmaßnahmen zum Balkonanbau bezogen, zu deren Duldung sie gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet waren. Zu der entsprechenden Duldung der Arbeiten waren sie durch Urteil des Amtsgerichts Hohenschönhausen vom 7.9.2001 – 17 C 122/01 – noch auf der Grundlage des § 541 Abs. 1 BGB a.F. verurteilt worden. Die Klägerin hat sich ihrerseits auch nicht gegen den Grund des Anspruchs verteidigt, sondern lediglich eingewandt, der von den Beklagten geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch sei der Höhe nach nicht nachvollziehbar. Entgegen dieser Auffassung der Klägerin haben die Beklagten jedoch in hinreichend substantiierter Weise dargelegt, welche Aufwendungen sie getroffen haben. Hinsichtlich der Materialkosten haben sie schon in ihrem Schreiben vom 26.2.2002 die Gesamtkosten von 267,82 Euro aufgelistet.
Dem ist die Klägerin nicht weiter entgegengetreten. Insbesondere ergeben sich sachgerechte Einwendungen der Klägerin auch nicht daraus, dass sie den Beklagten für den Zeitraum des Balkonanbaus eine Minderung der Miete eingeräumt hatte. Ihre Schlussfolgerung, mit einer solchen Minderung seien auch Aufwendungsersatzansprüche pauschal abgegolten, ist nämlich rechtlich nicht nachvollziehbar.
Die Minderung der Miete ergibt sich gemäß § 536 Abs. 1 BGB schon von Gesetzes wegen, wenn die Wohnung in einem bestimmten Zeitraum einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch ganz oder teilweise aufhebt. Demgegenüber soll der Aufwendungsersatzanspruch des Mieters gemäß § 554 Abs. 4 BGB – wie der Name schon sagt – den Mieter von solchen Kosten freistellen, die er im Zusammenhang mit den von ihm zu duldenden Baumaßnahmen hat. Insofern bestehen keine Zweifel daran, dass die Beklagten auf Grund der von ihnen selbst durchgeführten Malerarbeiten darauf angewiesen waren, Abdeckplanen, Malerband, Kleber, Tapete und Farbe zu kaufen. Da zudem bei dem Balkonanbau ein zuvor vorhandenes Fenster durch eine Balkontür ersetzt wurde, steht auch die Neuanschaffung von Gardinen und Zubehör in unmittelbarem Zusammenhang mit den Baumaßnahmen, so dass sich der Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten auch darauf bezieht.
Darüber hinaus können die Beklagten jedoch auch einen Ersatz für ihren Zeitaufwand verlangen. Sowohl in dem Schreiben vom 26.2. 2002 als auch in ihrem Sanierungsprotokoll, das sie als Anlage B5 zur Akte gereicht haben, haben die Beklagten im Einzelnen dargelegt, welchen Zeitaufwand sie wegen der von ihnen durchzuführenden Arbeiten im Zusammenhang mit dem Balkonanbau hatten. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Beklagten Reinigungsarbeiten, Räumungsarbeiten und Malerarbeiten in dem von ihnen konkret dargelegten Umfang zu leisten hatten. Aus ihrer Aufstellung ergibt sich im Einzelnen, dass sie insgesamt 37 Stunden mit diesen Arbeiten zubrachten.
Auch der von den Beklagten angesetzte Stundensatz von 9,97 Euro begegnet keinen Bedenken. Mangels anderer Anhaltspunkte, wie ein solcher Aufwand entschädigt werden kann, hat sich das Gericht schon in früheren Entscheidungen an dem Stundensatz des § 2 Abs. 3 Satz 2 ZSEG orientiert. Dieser Stundensatz von 10 Euro wird als Entschädigung für einen nicht erwerbstätigen Zeugen gezahlt, der vor Gericht zu erscheinen hat. Insofern stellt dieser durch den Gesetzgeber festgesetzte Betrag einen guten Orientierungspunkt dafür dar, wie eine Entschädigung für einen Zeitaufwand, der nicht im Zusammenhang mit einer Berufstätigkeit steht, erstattet werden kann. Der Betrag entspricht nahezu exakt dem von den Beklagten angesetzten Stundensatz von 9,97 Euro. Insofern bestehen keine Bedenken, für die von den Beklagten aufgewandten 37 Stunden von einem Stundensatz von 9,97 Euro auszugehen. Daraus ergibt sich insgesamt ein Betrag von 368,89 Euro.
Unter Hinzurechnung der o.g. Materialkosten von 267,82 Euro ergibt sich insgesamt ein Aufwendungsersatzanspruch von 636,71 Euro zu Gunsten der Beklagten. Da die Beklagten davon lediglich einen Teilbetrag von 636,41 Euro zur Aufrechnung gestellt haben, sind die Mietzahlungsansprüche der Klägerin für die Monate April bis Juni 2002 insgesamt erloschen, so dass die Klägerin eine weitere Zahlung diesbezüglich nicht verlangen kann. …
03.01.2018