Leitsatz:
Der Mieter kann Betriebskosten vom Vermieter nicht mehr zurückerstattet verlangen, wenn er zwar Einwendungen gegen Positionen der Abrechnung erhoben, danach aber vorbehaltlos die sich aus der Abrechnung ergebende Betriebskostennachforderung gezahlt hat.
AG Tiergarten vom 14.7.2010 – 5 C 146/10 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Mieter widersprachen mit Schreiben vom 2.1.2010 der Betriebskostenabrechnung wegen der Hausmeisterkosten und setzten dem Vermieter bis zum 25.1.2010 eine Frist zur Erläuterung. Der Vermieter reagierte nicht. Gleichwohl zahlten die Mieter am 29.1.2010 den Nachzahlungsbetrag aufgrund der Betriebskostenabrechnung vorbehaltlos in voller Höhe.
Im Prozess wollten die Mieter die ihrer Auffassung nach überhöhten Hausmeisterkosten einklagen. Das Amtsgericht wies die Klage ab, weil in der vorbehaltlosen Zahlung der Nachforderung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu sehen sei. Zwar habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung für sich genommen die Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses der beglichenen Forderung nicht rechtfertige (BGH vom 11.1.2008 – VIII ZR 265/07 –). Jedoch habe der BGH auch angemerkt, dass bei Hinzutreten weiterer Umstände in einer Zahlung durchaus ein Anerkenntnis zu sehen sein könne. So sei es aber im vorliegenden Fall.
Die Zahlung vom 29.1.2010 sei unter Berücksichtigung der konkreten Begleitumstände und der Vorgeschichte als Angebot der Mieter zum Abschluss eines Anerkenntnisvertrages zu verstehen gewesen, welches der Vermieter durch Entgegennahme der Zahlung angenommen habe.
Von einem Mieter, der seine zuvor dezidiert dargelegten Einwendungen weiter zu verfolgen gedenkt, wäre ein irgendwie gearteter Vorbehalt zu erwarten gewesen, wenn die Zahlung keine streiterledigende Wirkung haben sollte.
Urteilstext
Zum Sachverhalt:
… Mit Schreiben vom 2.1.2010 widersprachen die Kläger der Betriebskostenabrechnung wegen der Hausmeisterkosten. Am 29.1.2010 zahlten die Kläger den Nachzahlungsbetrag aufgrund der Betriebskostenabrechnung vorbehaltlos in voller Höhe. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.2.2010 erhoben die Kläger erneut Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung vom 15.12.2009 und forderten die Beklagte zur Erläuterung der Hausmeisterkosten und Vorlage von Nachweisen auf. Die Kläger sind der Auffassung, dass die Hausmeisterkosten überhöht und unwirtschaftlich seien und daher nicht auf die Mieter umgelegt werden könnten.
Aus den Gründen:
… Die Kläger haben gegen die Beklagte weder aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt BGB noch aus § 280 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Erstattung gezahlter Betriebskosten für das Jahr 2008. Einer Rückforderung steht die vorbehaltlose Zahlung des Abrechnungssaldos aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 vom 15.12.2009 durch die Kläger am 29.1.2010 entgegen, weil darin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu sehen ist. Der Bundesgerichtshof hat zwar mit dem vom Klägervertreter zitierten Urteil entschieden, dass die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung für sich genommen weder die Annahme eines deklaratorischen noch eines „tatsächlichen“ Anerkenntnisses der beglichenen Forderung rechtfertigt (BGH vom 11.1.2008 – VIII ZR 265/07, NJW 2009, 580, 1. Leitsatz). Der Bundesgerichtshof hat aber in den Gründen des zitierten Urteils auch angemerkt, dass bei Hinzutreten weiterer Umstände in einer Zahlung durchaus ein Anerkenntnis zu sehen sein kann (BGH, a.a.O., Tz. 12).
Dass die vorbehaltlose Zahlung einer Nachforderung aufgrund einer Betriebskostenabrechnung durch den Mieter grundsätzlich zumindest dann als schlüssiges deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten sein kann, wenn weitere Umstände hinzutreten, entspricht auch der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur (Nachweise bei Sternel, ZMR 2010, 81 [82]). Im vorliegenden Fall ist die Zahlung vom 29.1.2010 unter Berücksichtigung der konkreten Begleitumstände und der Vorgeschichte aus Sicht eines objektiven Zahlungsempfängers an der Stelle der Beklagten als Angebot der Klägerin zum Abschluss eines Anerkenntnisvertrages zu verstehen gewesen, welches die Beklagte durch Entgegennahme der Zahlung angenommen hat, ohne dass es des Zugangs der Annahmeerklärung bei den Klägern bedurft hätte (§ 151 Satz 1 BGB). Die Kläger hatten vor der Zahlung am 29.1.2010 mit Schreiben vom 2.1.2010 spezifische Einwendungen gegen die Einzelpositionen „Hausmeistertätigkeiten“, „Gartenpflege“, „Winterdienst“ und „Hausreinigung“ erhoben, diese Einwendungen sogar mit Rechtsprechungszitaten untermauert und der Beklagten eine Frist bis 25.1.2010 zur Erläuterung gesetzt. Die nunmehr in der Klage geltend gemachten Einwendungen waren den Klägern also spätestens seit dem 2.1.2010 bekannt und bewusst. Nach Ablauf der von ihnen gesetzten Erläuterungsfrist zahlten sie dann am 29.1.2010 ohne bei der Zahlung (z.B. im Überweisungsbetreff) oder in einem engen zeitlichen Zusammenhang damit (das nächste Schreiben der Kläger datiert vom 15.2.2010) einen Vorbehalt zu erklären. Von einem Mieter, der seine zuvor dezidiert dargelegten Einwendungen weiter zu verfolgen gedenkt, wäre ein irgendwie gearteter Vorbehalt aber zu erwarten gewesen, wenn die Zahlung keine streiterledigende Wirkung haben sollte. Entgegen der Auffassung des Klägervertreters steht dem auch nicht entgegen, dass die Beklagte die Einwände der Klägerin zuvor nicht zurückgewiesen hat. Nach Ablauf der von den Klägern gesetzten Frist ohne Reaktion der Beklagten lag die Annahme nahe, dass die Beklagte sich ihren Einwänden nicht anschließt.
17.12.2017