Leitsatz:
Will der Vermieter die Miete aufgrund einer Modernisierung nach § 559 BGB erhöhen, hat er darzulegen und zu beweisen, dass die ihm in Rechnung gestellten Modernisierungskosten auch schon tatsächlich von ihm beglichen worden sind.
AG Schöneberg vom 5.8.2010 – 106 C 302/09 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es ging in dem Rechtstreit um die Frage ob eine Modernisierungsmieterhöhung wirksam ist, wenn der Vermieter auf entsprechende Einwendungen des Mieters nicht darlegt und beweist, dass er die entsprechenden Rechnungen tatsächlich bezahlt hat. Das Amtsgericht hat dies verneint.
Grundsätzlich komme es auf die tatsächliche Zahlung an. Denn gemäß § 559 BGB seien nur die tatsächlich aufgewendeten Kosten umlagefähig. So seien Rabatte und Skonti von den tatsächlichen Kosten in Abzug zu bringen und für von Dritten unentgeltlich erbrachte Leistungen dürften dem Mieter keine fiktiven Kosten in Ansatz gebracht werden. Ob dieses der Fall sei, könne indes nicht alleine durch die reine Rechnungslegung, sondern grundsätzlich nur durch den tatsächlichen Zahlungsfluss von dem Mieter überprüft werden. Denn es sei nicht unüblich, dass auf Rechnungen versteckte Rabatte durch unberechtigte, aber vom Bauunternehmer akzeptierte Abzüge wegen angeblicher Massenüberschreitungen oder behaupteten Mängeln gewährt würden, um sich Folgeaufträge des Bauherrn und Vermieter für andere Bauvorhaben zu sichern.
Urteilstext
Tatbestand:
Seit dem 1.10.2000 ist der Kläger Mieter und die Beklagte Vermieterin einer 92,57 qm großen Wohnung im Haus A. S. in B.. Bis zum 28.2.2009 betrug die monatliche Grundmiete 565,82 Euro, nebst einem Betriebskostenvorschuss in Höhe von 185,- Euro und einem Heizkostenvorschuss in Höhe von 74,06 Euro, insgesamt 824,88 Euro.
Nach einer entsprechenden schriftlichen Ankündigung ließ die Beklagte Arbeiten in der Wohnanlage A. S., die eine Gesamtwohnfläche von 2.017,41 qm aufweist, ausführen, insbesondere Wärmedämmarbeiten, den Einbau einer Zentralheizung und den Einbau einer Außenbeleuchtung mit Bewegungsmeldern.
Mit Schreiben vom 19.12.2008, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 25 ff d. A. verwiesen wird, teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich infolge eines Modernisierungszuschlags die monatliche Gesamtmiete ab dem 1.3.2009 monatlich um 231,45 Euro bei unveränderten Vorschüssen auf 1.056,33 Euro erhöhe. Dem Schreiben waren Kostenaufstellungen nebst Angaben über die Berechnung der Mieterhöhung und Angaben zur Einsparung von Heizenergie beigefügt.
Aufgrund einer der Beklagten erteilten Einzugsermächtigung buchte diese von dem Konto des Klägers für die Monate März bis August 2009 jeweils einen Betrag in Höhe von 1.056,33 Euro ab. Der Kläger forderte mehrfach den Differenzbetrag von je 231,45 Euro zurück.
Mit Schriftsatz vom 15.10.2009 hat der Kläger von der Beklagten Einsicht in die Unterlagen begehrt; diese hat als Anlage zum Schriftsatz vom 18.1.2010 ein Rechnungskonvolut übersandt, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 58 ff d. A. verwiesen wird.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Miete nicht durch das Schreiben vom 19.12.2008 wirksam erhöht worden sei. Ferner habe die Beklagte nicht dargelegt, dass sie die Rechnungen tatsächlich beglichen habe.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, 1.388,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 231,45 Euro seit dem 6.3.2009, 6.4.2009, 6.5.2009, 6.6.2009, 6.7.2009 und seit dem 6.8.2009 an ihn zu zahlen.
2. festzustellen, dass der Mietzins derzeit insgesamt nur 824,88 Euro (Grundmiete 565,82 Euro, BK-Vorauszahlung 185,- Euro, HK-Vorauszahlung 74,06 Euro) und nicht 1.056,33 Euro (Grundmiete 797,27 Euro, BK-Vorauszahlung 185,- Euro, HK-Vorauszahlung 74,06 Euro) beträgt.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass die ausgeführten Arbeiten Gesamtkosten in Höhe von 535.223,18 Euro verursacht hätten, von denen 382.657,50 Euro auf Modernisierungsmaßnahmen entfallen würden. Dieses seien die Wärmedämmarbeiten, der Einbau der Zentralheizung sowie die Installation der Außenbeleuchtung mit Bewegungsmelder; durch die Wärmedämmarbeiten und den Einbau der neuen Heizung würde der Heizenergiebedarf des Hauses A. S. sich jährlich von 118.053 kWh auf 77.526 kWh reduzieren. Sie ist der Ansicht, dass es irrelevant sei, ob sie die Rechnungen hinsichtlich der Arbeiten tatsächlich beglichen habe, weswegen sie diesbezüglich nicht im Einzelnen vorträgt.
Die Klage ist der Beklagten am 17.9.2009 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 12.5.2010 hat der Kläger die Klage erneut um eine negative Zwischenfeststellungsklage erweitert und diesbezüglich die Klage am 15.7.2010 zurückgenommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und weitgehend begründet. Nur hinsichtlich des Zinsanspruchs ist sie teilweise unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Klageantrag zu 2. als negative Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 II ZPO zulässig. Die Frage der nicht erfolgten Mieterhöhung des Feststellungsantrages ist ein Teil der Frage der Begründetheit des Zahlungsantrages. Denn mit diesem verfolgt der Kläger einen Kondiktionsanspruch; die dortige Frage des fehlenden Rechtsgrundes ist mit der Frage einer wirksamen Mieterhöhung rechtlich identisch.
Die Klage ist auch weitgehend begründet.
Die Beklagte schuldet dem Kläger gemäß §§ 812 I 1 1. Alt., 818 II BGB die Rückzahlung für zu Unrecht von seinem Konto abgebuchte Miete in Höhe von monatlich je 231,45 Euro für die Zeit von März bis August 2009.
Die Beklagte hat durch Leistung des Klägers ohne Rechtsgrund einen Auskehrungsanspruch in dieser Höhe gemäß § 675f I 1 BGB gegen ihre Bank erlangt.
Infolge des Umstandes, dass der Kläger der Beklagten eine Einzugsermächtigung erteilt hat, hat er es ihr gestattet, ihre berechtigten und vermeintlichen Ansprüche durch Abbuchung von seinem Konto zu befriedigen. Demgemäß handelt es sich bei derartigen Abbuchungen um eine Leistung des Klägers. Denn wissentlich und willentlich hat er ihr die Vermehrung deren Vermögens gestattet.
Diese Leistungen erfolgten ohne Rechtsgrund. Denn das Schreiben vom 19.12.2008 hat die Miete nicht infolge einer Modernisierungsmaßnahme gemäß §§ 559 ff BGB erhöht. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den streitgegenständlichen Arbeiten um Modernisierungsmaßnahmen gehandelt hat, insbesondere ob die Dämmarbeiten und der Heizungseinbau zu einer nachhaltigen Einsparung von Primärenergie geführt haben. Denn es oblag der Beklagten, die Voraussetzungen des § 559 BGB darzulegen und zu beweisen (statt aller: Erman-Jendrek, BGB, 12. Aufl., zu § 558b Rn. 6). Dieses hat sie verabsäumt. Denn sie hat trotz eines richterlichen Hinweises gemäß § 139 ZPO und der diesbezüglichen Rüge des Klägers nicht hinreichend dargelegt, dass sie die von ihr vorgelegten Rechnungen tatsächlich bereits beglichen hat. Dieses war indes grundsätzlich notwendig.
Es ist umstritten, ob bereits die Rechnungslegung des Werkunternehmers an den Vermieter für eine Mieterhöhung gemäß §§ 559 ff BGB ausreicht (so Schmidt/Futterer-Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., zu § 559b Rn. 36) oder ob es erforderlich ist, dass die Rechnung auch tatsächlich bereits bezahlt ist (so Kinne/Schach/Biber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl., zu § 559b Rn. 3). Grundsätzlich kommt es auf die tatsächliche Zahlung an. Denn gemäß § 559 BGB sind nur die tatsächlich aufgewendeten Kosten umlagefähig. So sind Rabatte und Skonti von den tatsächlichen Kosten in Abzug zu bringen und für von Dritten unentgeltlich erbrachte Leistungen dürfen dem Mieter keine fiktiven Kosten in Ansatz gebracht werden (vgl. Schmidt/Futterer-Börstinghaus, a. a. O., zu § 559 Rn. 153). Ob dieses der Fall ist, kann indes nicht alleine durch die reine Rechnungslegung sondern grundsätzlich nur durch den tatsächlichen Zahlungsfluss von dem Mieter überprüft werden. Denn es ist nicht unüblich, dass auf Rechnungen versteckte Rabatte durch unberechtigte aber vom Bauunternehmer akzeptierte Abzüge wegen angeblicher Massenüberschreitungen oder behaupteten Mängeln gewährt werden, um sich Folgeaufträge des Bauherrn und Vermieter für andere Bauvorhaben zu sichern. Ferner ist alleine die Begleichung der Rechnung durch den Vermieter ein gewichtiges Indiz dafür, dass er diese für berechtigt hält. Denn andernfalls würde auch die auf der Hand liegende Gefahr bestehen, dass der Vermieter die Rechnung des Werkunternehmers zwar der Mieterhöhung zugrunde legt, diese indes nach der Mieterhöhung nochmals überprüft und berechtigt kürzt. Dieses hätte zur Folge, dass der Mieter für eine überhöhte Rechnung des Bauunternehmers wirtschaftlich aufzukommen hätte, die vom Vermieter in dieser Höhe gar nicht beglichen wurde und der Vermieter von der Rechnungsüberhöhung des Bauunternehmers wirtschaftlich ohne einen Grund profitiert. Sollte ausnahmsweise der Vermieter eine Rechnung des Bauunternehmers in voller Höhe akzeptieren und sich die Erfüllung der tatsächlich geschuldeten Werklohnforderung entgeltlich oder unentgeltlich stunden lassen, obliegt es ihm, sich diesbezüglich zu den Umständen des Einzelfalls zu erklären. Denn infolge des Zins- und Liquiditätsvorteils verbirgt sich gerade in einer unentgeltlichen Stundung einer berechtigten Forderung oder einer Stundung zu niedrigen Zinssätzen oftmals ein versteckter Rabatt, der vom Mieter gemäß § 559 BGB nicht zu tragen ist.
Der Anspruchsinhalt richtet sich nach § 818 II BGB als Wertersatz in Höhe des Anspruchs der Gutschriften, die die Beklagte erlangt hat. Denn in Natur sind die Gutschriften des Bankgeldes an den Kläger nicht auskehrbar.
Hinsichtlich des Zinsanspruchs ist die Klage indes nur teilweise begründet und im Übrigen unbegründet. Der zuerkannte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 291 BGB. Hinsichtlich des weitergehenden Zinsanspruchs ist die Klage unbegründet. Insbesondere stand dem Kläger kein weitergehender Zinsanspruch gemäß § 288 BGB zu. Denn die Beklagte befand sich vor Eintritt der Rechtshängigkeit nicht in Verzug. Denn der Kondiktionsanspruch ist nicht zugleich mit der abgebuchten Miete i. S. d. § 286 II Nr. 1 BGB kalendermäßig fällig. Zu den Mahndaten hat der Kläger gemessen an § 138 ZPO nicht hinreichend vorgetragen.
Aus den obigen Gründen ist auch der negative Zwischenfeststellungsantrag begründet. Denn die Beklagte hat sich mit der Abbuchung eines erhöhten Mietzinses und dem Klageabweisungsantrages eines gemäß §§ 559 ff BGB erhöhten Mietzinses berühmt, deren Voraussetzungen sie nicht hinreichend dargelegt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 II, 269 III ZPO. Die Klagerücknahme führte zu keiner Kostenlast des Klägers. Denn infolge der Streitgegenstandsidentität mit der ursprünglich erhobenen negativen Feststellungsklage erhöhte sich der Streitwert nicht. Das Teilunterliegen des Klägers hinsichtlich der Zinsen ist geringfügig.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
02.01.2018