Leitsatz:
Eine Umlegung einzelner sonstiger Betriebskosten kann – bei fehlender mietvertraglicher Betriebskostenvereinbarung – auch auf Grund jahrelanger (hier: zehnjähriger) Zahlung durch stillschweigende Vereinbarung erfolgen.
BGH v. 7.4.2004 – VIII ZR 146/03 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 8 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Von Frank Maciejewski
„Sonstige Betriebskosten“, die Nummer 17 in der Liste des gesetzlichen Betriebskostenkatalogs, machen in der Regel nur einen geringen Teil der gesamten Betriebskostenlast aus. Gleichwohl gibt es immer wieder Streit darüber, was eigentlich zu den sonstigen Betriebskosten gehört und ob sie in jedem Fall auf die Mieter umgelegt werden können.
Der Bundesgerichtshof hat jetzt in einem Urteil vom 7. April 2004 (VIII ZR 167/03, MM 6/04, Seite 43) entschieden, dass die Kosten der Dachrinnenreinigung grundsätzlich sonstige Betriebskosten im Sinne der Nr. 17 der Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) beziehungsweise nach Nr. 17 des § 2 Betriebskostenverordnung sind.
- Aber auch nach Auffassung des BGH sind die Dachrinnenreinigungskosten nicht in jedem Fall umlegbar. Erforderlich ist vielmehr, dass die Reinigung in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden muss, beispielsweise weil das Gebäude von einem hohen Baumbestand umgeben ist. Erfolgt dagegen die Dachrinnenreinigung als eine einmalige Maßnahme aus bestimmtem Anlass oder gar zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Verstopfung, handelt es sich nicht um Betriebskosten, sondern um mit der Grundmiete abgegoltene Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten.
- Dazu, welche weiteren Kosten als „sonstige Betriebskosten“ zu gelten haben, lässt sich der BGH nicht aus. Pfeifer (in DWW 04, Seite 449) nennt beispielsweise folgende Positionen: Abwasserreinigung; Wartung von Abwasser-Rückstausicherungen; Wartung von Alarmanlagen; Wartung von automatischen Rollläden und Torschließsystemen; Wartung von Blitzschutzanlagen; Wartung von CO2 -Warnanlagen in Tiefgaragen; Dachrinnenreinigung; Dachrinnenbeheizung; Ölabscheider bei mitvermieteten Garagen; Sicherheitsbeleuchtung für Fluchtwege; Wartung (Anstrich, Ölen) von Spielplatzgeräten (soweit nicht schon als Gartenpflegekosten umlegbar); Wartung der Löschwasser-Druckerhöhungsanlage; Wartung für Rauchabzug und Feuerlöscher; Allgemeinstrom (zum Beispiel für das elektrische Rolltor am Grundstückszugang).Diese Aufzählung dürfte jedoch nicht abschließend sein. Vielmehr ist für jeden Einzelfall festzustellen, ob die sonstigen Kosten der gesetzlichen Wertung, wie sie in § 1 der Betriebskostenverordnung zum Ausdruck kommt, entsprechen. Danach sind Betriebskosten die Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Nicht zu den Betriebskosten gehören die Kosten der zur Verwaltung des Gebäudes erforderlichen Arbeitskräfte und Einrichtungen, die Kosten der Aufsicht, der Wert der vom Vermieter persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit, die Kosten für die gesetzlichen oder freiwilligen Prüfungen des Jahresabschlusses und die Kosten für die Geschäftsführung (Verwaltungskosten). Ebenfalls keine Betriebskosten sind die Kosten, die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen (Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten).
- Auch wenn es im Einzelfall schwierig sein mag, zu entscheiden, ob bestimmte Kosten als „sonstige Betriebskosten“ anzuerkennen sind – häufig wird dies gar nicht nötig sein. Denn über das Einzelproblem der Umlegbarkeit von Dachrinnenreinigungskosten hinaus hat der BGH in seiner Entscheidung nochmals den Grundsatz bekräftigt, dass sonstige Betriebskosten ausdrücklich im Mietvertrag im Einzelnen benannt sein müssen, damit sie umlagefähig sind. Allein die mietvertragliche Bezeichnung „sonstige Betriebskosten“ reicht deshalb wegen der völligen Unbestimmtheit dieser Formulierung für eine wirksame Betriebskostenvereinbarung nicht aus. Beispiel: Taucht im Mietvertrag das Wort „Dachrinnenreinigung“ nicht auf, können die hierfür aufgewendeten Kosten nicht auf die Mieter abgewälzt werden.Nach alledem dürften eigentlich die meisten Berliner Mieter von der Zahlung sonstiger Betriebskosten verschont bleiben, fehlt es doch in fast allen Mietverträgen an einer wirksamen Vereinbarung.
- Aber Achtung: In einer Parallelentscheidung ebenfalls vom 7. April hat der BGH darauf hingewiesen, dass eine künftige Umlegung sonstiger Betriebskosten – trotz fehlender mietvertraglicher Betriebskostenvereinbarung – auch auf Grund jahrelanger Zahlung zulässig ist, weil hierin eine stillschweigende Vereinbarung liegen kann (BGH vom 7. April 2004 – VIII ZR 146/03 -; anders noch das LG Berlin in MM 7+8/00, Seite 50). Diese Rechtsansicht des BGH erscheint fraglich, weil der ein Betriebskostensaldo ausgleichende Mieter mit dieser Zahlung in der Regel nicht zugleich auch die mietvertraglichen Grundlagen für die Zukunft ändern will. Es fehlt ihm diesbezüglich der Rechtsbindungswille. Auf jeden Fall dürfte die lediglich einmalige Zahlung sonstiger Betriebskosten noch keine Betriebskostenvereinbarung für die Zukunft darstellen. Nach einer älteren Entscheidung des BGH reicht allerdings die sechsmalige Akzeptanz einer Betriebskostenabrechnung aus (vgl. GE 00, Seite 1614).Ergebnis: Sonstige Betriebskosten müssen die Kriterien des § 1 Betriebskostenverordnung erfüllen. Umlegbar sind diese Kosten aber nur, wenn sie konkret mietvertraglich vereinbart beziehungsweise bei sogenannten „DDR-Mietverträgen“ im Rahmen der Betriebskostenumlageerklärung konkret benannt wurden oder die Mieter die Umlage jahrelang vorbehaltlos akzeptiert haben.
04.01.2018