Leitsatz:
Das typischerweise an alle Mieter eines Grundstücks (hier: eines Einfamilienhauses) gerichtete Leistungsangebot des Energieversorgungsunternehmens (sogenannte „Realofferte“) wird in der Regel von demjenigen, der die Energie entnimmt, konkludent sowohl für sich selbst als auch im Wege der – jedenfalls nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht gegebenen – Stellvertretung für die Mitmieter angenommen (Fortführung von BGH, Urteil vom 2. Juli 2014 – VIII ZR 316/13).
BGH v. 22.7.2014 – VIII ZR 313/13 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Ein Energieversorgungsunternehmen begehrte von der Mitmieterin eines Einfamilienhauses eine Vergütung in Höhe von 6964,75 Euro für das in dem Einfamilienhaus in der Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 23. Juli 2008 verbrauchte Gas. Die Mieterin hatte den gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten abgeschlossenen Mietvertrag aus „Bonitätsgründen“ als zweite Mieterin unterschrieben, in dem Einfamilienhaus allerdings nicht gewohnt. Ein schriftlicher Energieversorgungsvertrag mit dem Versorger kam nicht zustande.
Der Bundesgerichtshof hat vorliegend seine Rechtsprechung, dass sich das in dem Leistungsangebot des Energieversorgungsunternehmens schlüssig enthaltene Angebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags (sogenannte „Realofferte“) typischerweise an denjenigen richtet, der nach außen erkennbar die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt, präzisiert. Es komme danach nicht maßgeblich auf die Eigentümerstellung, sondern auf die hierdurch vermittelte Zugriffsmöglichkeit auf den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt an. Soweit das Grundstück vermietet oder verpachtet sei, stehe die tatsächliche Verfügungsgewalt entsprechend der aus dem Mietvertrag folgenden rechtlichen Befugnis dem Mieter zu. Das gelte auch für mehrere gemeinschaftliche Mieter eines Einfamilienhauses. Dementsprechend richte sich mangels anderer Anhaltspunkte das Vertragsangebot des Versorgungsunternehmens regelmäßig an sämtliche Mieter.
Das typischerweise an alle Mieter gerichtete Angebot des Energieversorgungsunternehmens werde von demjenigen, der die Energie entnimmt, konkludent angenommen, und zwar sowohl für sich selbst als auch im Wege der Stellvertretung für die übrigen Mieter. Die Vertretungsmacht beruhe im Streitfall jedenfalls auf den Grundsätzen der Duldungsvollmacht. Indem die Mitmieterin den Mietvertrag unterzeichnete und den weiteren Mieter im Anschluss daran allein in das Haus einziehen ließ, duldete sie es willentlich, dass er die – zur Nutzung zwingend erforderliche – Heizung in Betrieb nahm, Gas verbrauchte und damit die Realofferte des Energieversorgers annahm.
09.07.2017