Die Vereinbarung des Senats mit den sechs städtischen Wohnungsunternehmen zur Mietendämpfung ist unter Dach und Fach. Beim Berliner Mieterverein (BMV) sieht man allerdings noch deutlichen Handlungsbedarf.
Mit der Anfang April unterzeichneten Kooperationsvereinbarung sollen Degewo, Gewobag, Gesobau & Co. stärker sozial ausgerichtet werden. Das betrifft sowohl den Wohnungsbestand als auch den Neubau. Von einem wichtigen Baustein für eine sozialere Wohnungspolitik in Berlin spricht der Geschäftsführer des BMV, Reiner Wild. Allerdings sieht er auch Mängel: „Wir hätten uns stärkere Schutzmaßnahmen gewünscht.“
Wild kritisiert, dass die Kappung der Mieterhöhungen auf jährlich zwei Prozent nur für die nach dem 1. Januar ausgesprochenen Mieterhöhungen gilt. Bei Mieterhöhungen, die bereits zum 1. Januar 2017 wirksam wurden, sind dagegen acht Prozent in den vergangenen vier Jahren beziehungsweise maximal 30 Euro zulässig. Das gilt nach Angaben des Senats auch für die rund 1200 Wohnungen der Degewo rund um den Mariannenplatz, obwohl diese Mieterhöhungen erst Anfang Januar verschickt wurden. Zudem müssen die betroffenen Mieter selber einen Antrag auf Rückzahlung beim Vermieter stellen. „Die Erfahrung mit dem Härteausgleich im Sozialen Wohnungsbau hat gezeigt, dass viele Mieter sich scheuen, als Bittsteller aufzutreten“, erklärt der BMV-Geschäftsführer.
Zu begrüßen seien dagegen die Härtefallregelungen. Künftig können Mieter beim Vermieter beantragen, dass ihre Miete auf 30 Prozent des Haushalts-Nettoeinkommens gesenkt wird. Zudem dürfen künftig nur noch sechs Prozent der Modernisierungskosten umgelegt werden – bisher waren es neun Prozent. Dabei darf die Nettokaltmiete nach Modernisierung maximal zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete übersteigen. Das gilt auch bei Neuvermietung einer frisch modernisierten Wohnung. Beim BMV vermisst man jedoch eine Regelung analog der Koalitionsvereinbarung, wonach energetische Modernisierungen annähernd warmmietenneutral sein müssen.
Mindestens 30.000 neue Wohnungen sollen die städtischen Wohnungsunternehmen bis 2021 errichten. Jede zweite Wohnung soll eine mietpreis- und belegungsgebundene Sozialwohnung sein. Einziehen darf nur, wer einen Wohnberechtigungsschein (WBS) hat. Die andere Hälfte soll zu Mietpreisen von durchschnittlich unter 10 Euro nettokalt pro Quadratmeter vermietet werden. Das reicht angesichts des Bedarfs nicht aus, kritisiert Wild. Auch beim geplanten Zukauf von 10.000 Wohnungen soll nur jede zweite an WBS-Berechtigte gehen. Im Bestand gilt jedoch ab sofort: 60 Prozent der jährlich frei werdenden Wohnungen sind an WBS-Berechtigte zu vermieten. 25 Prozent davon sind für Menschen mit besonderen Zugangsschwierigkeiten reserviert, etwa Obdachlose, Geflüchtete oder Haftentlassene.
Insgesamt profitieren rund 300.000 Haushalte von den neuen Regelungen. Die Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ löst das 2012 mit den Wohnungsbaugesellschaften geschlossene Mietenbündnis ab. Das 2016 in Kraft getretene Wohnraumversorgungsgesetz hat dagegen weiterhin Bestand – auch wenn die nun vereinbarten Maßnahmen über das Gesetz hinausgehen.
Birgit Leiß
Kooperationsvereinbarung unter
03.01.2018