Leitsatz:
Eine Modernisierungsankündigung ist unwirksam, wenn sie Arbeiten ankündigt, die einen Verbleib in der Wohnung ausschließen, ohne eine konkrete Ersatzwohnung anzubieten.
AG Tempelhof-Kreuzberg vom 19.4.2017 – 2 C 207/16 –
Mitgeteilt von RA Marek Schauer
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Duldung der Arbeiten aus § 555 d Abs. 1 BGB .
Die Modernisierungsankündigung entspricht nicht der Vorschrift des § 555 c BGB, weil sie Arbeiten ankündigt, die einen Verbleib in der Wohnung ausschließen, ohne eine konkrete Ersatzwohnung anzubieten. Die angekündigten Arbeiten lassen einen Mietgebrauch während der Modernisierung nicht zu. Die Fenster der Wohnung sollen ausgetauscht werden. Der geplante Austausch der Elektroleitungen beinhaltet, dass sämtliche Wände aufgeschlitzt werden müssen. Es sollen alle Steckdosen ausgetauscht werden. Die Schaffung eines zentralen Versorgungsschachts in der Wohnung bringt erheblichen Lärm und Schmutz mit sich. Sämtliche Decken sollen abgehängt werden und sämtliche Wasserleitungen sollen ausgebaut und durch neue ersetzt werden. Es soll ein neues Bad gebaut werden. Der komplette Boden soll abgeschliffen und neuversiegelt werden. Hinzu kommen umfangreiche Arbeiten an den Gemeinschaftsflächen. Der Hof soll komplett neu gestaltet werden und das Haus soll wärmegedämmt werden. Aufzüge sollen angebaut, eine Schließanlage eingebaut werden. Bei diesem Umfang der Arbeiten ist damit zur rechnen, dass die Haustür ständig offen stehen wird, sich allerorten eine Vielzahl von Bauarbeitern im Haus und auch in der Wohnung aufhält. Die Arbeiten an Wänden und Decken der Wohnung würden es erforderlich machen, die Möbel aus der Wohnung zu entfernen. Wasser. und Stromversorgung wären zeitweise unterbrochen und ein Beheizen der Wohnung wäre allenfalls provisorisch möglich.
Der Ersatzwohnraum muss in der Modernisierungsankündigung bereits konkret bezeichnet werden. Gemäß § 555 c Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB muss die Ankündigung Angaben zu Art und voraussichtlichem Umfang der Modernisierungsmaßnahme in wesentlichen Zügen enthalten. Hierzu gehört auch die Frage von Ersatzwohnraum. Für eine Mitteilungspflicht bereits in der Modernisierungsankündigung spricht der Zweck der Modernisierungsankündigung. Der Mieter soll wissen, welche Belastungen auf ihn zukommen. Nur wenn er weiß, wie seine Wohnsituation in den nächsten Monaten aussehen wird, kann er entscheiden, ob er die Arbeiten dulden möchte, einen Härtegrund einwenden möchte oder das Mietverhältnis kurzfristig beenden möchte (Bundestags-Drucksache 14/4553, Seite 37).
Würde man ein pauschal gehaltenes Angebot des Vermieters, eine Ersatzwohnung bereitzustellen oder aber bei der Suche behilflich zu sein, genügen lassen, so könnte der Mieter innerhalb der Einwendungsfrist für Härtegründe keine sichere Entscheidung treffen. Ersatzwohnraum in Berlin ist nicht so einfach zu beschaffen, als das eine pauschale Ankündigung zuverlässig und zeitgerecht umgesetzt werden kann. Der Mieter, der sich auf die Ankündigung einer konkret noch nicht feststehenden Wohnung einlässt, läuft Gefahr, mit einer nicht vergleichbaren, oder für seine Wohnbedürfnisse ungeeigneten Wohnung konfrontiert zu werden. Es bestünde die Gefahr, dass der Vermieter bis zum Baubeginn überhaupt keine Wohnung benennen kann oder aber eine Wohnung, die zu weit vom bisherigen Lebensmittelpunkt oder Arbeitsplatz entfernt liegt oder die so klein oder groß ist, dass sie das Wohnbedürfnis des Mieters nicht deckt. Bietet der Vermieter im Nachgang zu einer pauschalen Ankündigung in der Modernisierungsankündigung eine ungeeignete Wohnung an, so kann der Mieter sich aufgrund der Frist in § 555 d Abs. 3 BGB nicht mehr auf eine Härte berufen und müsste den Ersatzwohnraum so wie er beschaffen ist hinnehmen. Hierdurch würde die Möglichkeit des Härteeinwands erheblich eingeschränkt. Eine sichere Entscheidungsgrundlage hat der Mieter nur, wenn er den Ersatzwohnraum konkret kennt und einschätzen kann, ob er diesen für die Dauer monatelanger Arbeiten akzeptieren möchte.
Das konkrete Angebot der Klägerin einer 64 qm großen Wohnung in der W-Str. mit Schriftsatz vom 9.3.2017 genügt nicht, weil es den Zweck der Modernisierungsankündigung aushöhlen würde, wenn ein derart späteres Angebot ausreichen würde. Grund hierfür sind die Fristen für den Mieter zur Geltendmachung von Härtegründen bzw. der Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 555 e BGB. Die Beklagten konnten das Sonderkündigungsrecht im März 2017 nicht mehr ausüben.
…
02.01.2018