Die Berliner leben in einer lauten Metropole. „Verkehrslärm gehört zu den größten Umweltproblemen unserer Zeit. Und er ist ein Krankmacher: Schon eine geringe dauerhafte Lärmbelastung führt zu Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen und einem erhöhten Herzinfarktrisiko“, stellt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fest. Verkehrslärm wird von den Mietern als größte Lärmquelle benannt – noch vor dem Nachbarschaftslärm. Zahlreiche Gebäude gelten als besonders lärmbelastet.
Als hinnehmbar gelten Lärmpegel von nachts 40 dB(A) beziehungsweise tagsüber 50 dB(A). Rund 340.000 Berliner sind jedoch nachts mittleren Lärmpegeln von über 55 db(A) ausgesetzt, verursacht durch den Straßenverkehr. Das Eisenbahnbundesamt geht von 36.000 Betroffenen aus, die nachts durch Züge einer solchen Lärmbelastung ausgesetzt sind. Rund 30.000 Anwohner leiden zudem nachts auch unter dem Krach von Straßenbahnen und oberirdischen U-Bahnlinien. Rund 300.000 Berliner und Brandenburger sind nach Angaben des Senats aktuell dem Fluglärm des Flughafens Tegel ausgesetzt. Umfrageergebnisse zeigen, dass die Beeinträchtigungen in den letzten zehn Jahren nur unwesentlich abgenommen haben.
Besonders lärmbelastete Straßen sind im Straßenverzeichnis zum Berliner Mietspiegel (siehe Randspalte) mit dem Sternsymbol * gekennzeichnet. Als besondere Verkehrslärmbelastung gilt ein Gesamtlärmindex (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex) LDEN von über 65 dB(A) in 24 Stunden und/oder ein Gesamtlärmindex LN von über 55 dB(A) in der Nacht, das heißt von 22 bis 6 Uhr. Die Lärmberechnung erfolgt auf der Basis von Daten der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, die im Abstand von fünf Jahren aktualisiert werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass unter Umständen nicht alle Wohnungen eines Gebäudes – zum Beispiel die im Seitenflügel und Hinterhaus – besonders verkehrslärmbelastet sind. Andererseits können auch Wohnungen trotz fehlender Kennzeichnung besonders lärmbelastet sein. Da sich die tatsächliche Lärmbelastung nicht für jede Wohnung ermitteln lässt, ist die Ausweisung von Straßen-, Schienen- und Fluglärm für eine Wohnung nicht Bestandteil der Wohnlageneinstufung und des qualifizierten Mietspiegels.
Was den Kfz-Lärm mindert
Aussagekräftige Schallpegelmessungen sind sehr aufwendig und können nur von Fachleuten durchgeführt werden. Eigene Lärmmessungen über einen längeren Zeitraum können immerhin berechnete Lärmpegel kritisch hinterfragen, wenn man diese zum Beispiel für nicht mehr aktuell hält. Liegen bei Behörden, die Aufgaben des Umweltschutzes wahrnehmen, Lärmmessungen vor, haben Mieter und Vermieter nach dem Umweltinformationsgesetz das Recht, diese einzusehen.
Maßnahmen zur Verkehrslärmminderung sind technische Verbesserungen am Kraftfahrzeug, Emissionsgrenzwerte für Reifen, lärmmindernde Fahrbahnbeläge, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Verbesserungen des Verkehrsflusses und Schallschutzwände. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 auf 30 km/h vermindert zum Beispiel den Lärmpegel je nach Lkw-Anteil um 2 bis 3 dB(A). Sie kann von jedem betroffenen Mieter bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde beantragt werden. Oft fehlen später allerdings die Kontrollen. Die Bezirke können nach Verkehrszählungen oder Lärmberechnungen für eine Straße auch ein Durchfahrtverbot für Lkw verfügen.
Ist der Balkon aufgrund des Verkehrslärms nicht zur Erholung nutzbar oder können nachts die Fenster nicht geöffnet werden, ist das kein Grund für eine Mietminderung, denn „für die Beurteilung der Frage, ob eine Mietwohnung Mängel aufweist, ist in erster Linie die von den Mietvertragsparteien vereinbarte Beschaffenheit der Wohnung, nicht die Einhaltung bestimmter technischer Normen maßgebend“ (Bundesgerichtshof vom 6. Oktober 2004 – VIII ZR 355/03). Für den Einbau von Schallschutzfenstern an lauten Straßen, die kurzfristig keine Möglichkeiten zur Lärmminderung wie den Einbau von lärmoptimiertem Asphalt bieten, stehen Fördergelder zur Verfügung. Eine Karte mit den förderbaren Gebäuden finden Mieter und Vermieter auf der Homepage der Senatsumweltverwaltung. Mieter sollten den Vermieter beziehungsweise die Hausverwaltung darauf hinweisen.
Rainer Bratfisch
Lärm ist ein entscheidendes Kriterium bei der Wohnungswahl
Die Lärmbelastung ist heute neben der Miete einer der wichtigsten Faktoren bei der Entscheidung für einen Umzug. Als kürzlich das Berliner Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag des Zentralen Immobilien-Ausschusses ZIA 5000 Personen nach ihrer Wohnsituation befragte, erklärten sich lediglich 13 Prozent bereit, einen höheren Lärmpegel vor ihrer Wohnung zu akzeptieren, wenn sie dafür näher an ihrem Arbeitsplatz wohnen könnten.
rb
www.berlin.de/senuvk/umwelt/laerm/laermminderungsplanung/de/schallschutzfenster
Genauere Auskünfte zur Verkehrslärmbelastung von einzelnen Wohngebäuden erteilt die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz I C 32
Tel. 90 25-23 54
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29.05.2019