Der Abriss von preiswertem Wohnraum, kombiniert mit sogenannten Verwertungskündigungen, scheint in Mode zu kommen. Jüngster Fall: die Fasanenstraße 64 mit 40 Kleinwohnungen unter 200 Euro.
Im Juni 2017 haben alle verbliebenen Mieter eine Kündigung wegen Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung bekommen. Genau wie im Fall des Komplexes Habersaathstraße 40-48 in Mitte war wenige Monate zuvor noch eine Modernisierung angekündigt worden, mit Mietsteigerungen von über 5 Euro pro Quadratmeter im Monat. Die Folge: Viele zogen aus, zumal es Abfindungsangebote im sechsstelligen Bereich gab. In der Kündigung hieß es prompt, eine Kostendeckung könne auch angesichts des hohen Leerstands nicht herbeigeführt werden. Abriss und Neubau seien die „einzig wirtschaftliche vertretbare Möglichkeit der Verwertung“.
Interessant ist, dass das Gutachten, das einen Sanierungsbedarf von 4,6 Millionen Euro errechnet hat, vom gleichen Sachverständigen wie im Fall der Habersaathstraße stammt: Prof. Dr. Manfred Puche. Dabei strotzt das vorgelegte Gutachten nur so von Ungereimtheiten, angefangen von der Behauptung, es sei nach der Modernisierung lediglich eine Anpassung an die Vergleichsmiete möglich bis zum angeblich katastrophalen Zustand des Sechsgeschossers aus dem Jahre 1967. „Die Wohnungen sind in Ordnung, erst vor ein paar Jahren haben wir neue Isolierglasfenster bekommen, und die Fassade wurde gedämmt“, berichtet ein Mieter.
Bleibt zu hoffen, dass das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf dem Investor einen Strich durch die Rechnung macht. Die Baugenehmigung für das geplante Wohnhaus wurde zwar bereits erteilt – eine reine Formsache – doch über den im Oktober 2017 gestellten Abbruchantrag ist noch nicht entschieden, wie Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte. Wird der Abriss abgelehnt, kann selbstverständlich auch das Neubauvorhaben nicht umgesetzt werden, erklärt Schruoffeneger.
Vom Eigentümer, der „PRIMUS Projekt Fasanenstraße 64 GmbH“, die das Objekt erst kürzlich von der „Abakus Projekt Fasanenstraße GmbH“ übernommen hat, war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten. Geschäftsführer Klaus Peter Prokop zeigte sich zunächst gesprächsbereit, sagte dann aber einen Termin ab.
Birgit Leiß
20.11.2018