Im Oktober 2018 veröffentlichte die Wohnraumversorgung Berlin (WVB) ihren Bericht zur Umsetzung der Kooperationsvereinbarung im Jahr 2017, die im April letzten Jahres zwischen dem Senat und den landeseigenen Wohnungsunternehmen unterzeichnet worden war. Danach vermieten die Unternehmen wieder mehr Wohnungen an Bedürftige. Auf der anderen Seite langen sie bei der Wiedervermietung kräftig zu.
„Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ heißt die Vereinbarung, die im April 2017 zwischen dem Berliner Senat und den sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen geschlossen wurde. Seitdem können die Unternehmen beispielsweise nach einer Modernisierung nicht mehr jede Miete verlangen. Auch im laufenden Mietverhältnis profitieren die Mieter von Beschränkungen, die über das gesetzliche Maß hinausgehen.
Über die Umsetzung der Kooperationsvereinbarung wacht die „Wohnraumversorgung Berlin“. Ihr Bericht zeigt: Wird eine Wohnung neu vermietet, wird in aller Regel eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete vorgenommen. 7,09 Euro pro Quadratmeter wurden 2017 im Durchschnitt verlangt. Das ist ein Anstieg von knapp 10 Prozent – aber immer noch deutlich unter dem marktüblichen Preis von 10,15 Euro. Auch die Bestandsmiete liegt mit durchschnittlich 5,91 Euro unter der Mietspiegelmiete von 6,47 Euro. Erschreckend findet Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, dass nur 448 Mieter die neue Härtefallregelung in Anspruch genommen haben. Wer mehr als 30 Prozent seines Haushaltseinkommens für die Miete aufbringen muss, kann bei den Städtischen eine Mietabsenkung beantragen. Im Bericht wird empfohlen, diese Möglichkeit stärker zu bewerben.
Wenn wegen Mietrückständen fristlos gekündigt wird, muss Mietern der städtischen Wohnungsunternehmen eine individuelle Beratung angeboten werden. Im Jahr 2017 gab es 3347 Fälle, bei fast 60 Prozent wurden sogar die Kündigungen zurückgenommen, 327 Zwangsräumungen wurden durchgeführt, wobei die Wohnungen oft schon verlassen waren. Räumungen in die Obdachlosigkeit sind unzulässig.
Wichtiger Punkt: die Mieter-Mitbestimmung
WVB-Geschäftsführer Jan Kuhnert stellt den Wohnungsunternehmen insgesamt ein gutes Zeugnis aus: „Die meisten Vorgaben wurden eingehalten.“ So wurden die bei Wiedervermietungen geforderten 60 Prozent an Menschen mit Wohnberechtigungsschein – unabhängig davon, ob es sich um Sozialwohnungen handelt oder nicht – insgesamt sogar knapp übererfüllt.
Mit dem Wohnraumversorgungsgesetz wurden – neben den bereits bestehenden Mieterbeiräten – auch Mieterräte eingeführt. Diese haben in jedem landeseigenen Wohnungsunternehmen einen Sitz im Aufsichtsrat. Sie können Anregungen und Kritiken der Mieterinnen und Mieter bündeln und gegenüber dem Wohnungsunternehmen vertreten, wodurch auch die Senatsvertreter im Aufsichtsrat davon erfahren.
Nachdem es bei den ersten Mieterrats-Wahlen im Herbst 2016 einige Unregelmäßigkeiten gab, hat die Wohnraumversorgung Berlin mit einer Arbeitsgruppe die Wahlordnung und die Mieterrats-Satzung neu verfasst. „Die Stärkung der Mietermitbestimmung sehe ich als bisher wichtigsten Erfolg der WVB“, betont Kuhnert. Auf die Frage, was aus seiner Sicht in nächster Zeit die größte Herausforderung für die WVB sei, führt er aus: „Ein noch größerer Anteil der landeseigenen Wohnungen im Mietwohnungsmarkt durch Ankauf und Neubau sowie die gute Bestandspflege bei nur moderaten Mieterhöhungen haben die beste Entlastungswirkung für den Wohnungsmarkt und sind daher zentrale Aufgabe der landeseigenen Wohnungsunternehmen.“
Elisabeth Voß
Was ist die „Wohnraumversorgung Berlin“?
Das Wohnraumversorgungsgesetz Berlin (WoVGBln) war das Ergebnis von Verhandlungen der Initiative für einen Mietenvolksentscheid mit dem Senat, der 2015 sehr erfolgreich begonnen, jedoch aufgrund rechtlicher Mängel nicht fortgeführt wurde. Mit dem Volksentscheid sollten die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen, die privatrechtlich als AGs und GmbHs verfasst sind, in Anstalten öffentlichen Rechts umgewandelt werden, um sie stärker auf Versorgung statt auf Gewinnerzielung auszurichten. Dies wurde nicht umgesetzt. Stattdessen wurde mit der „Wohnraumversorgung Berlin“ eine neue Aufsichtsbehörde geschaffen.
ev
www.berlin.de/wohnraumversorgung
Download des Berichts:
www.stadtenwicklung.berlin.de/aktuell/pressebox/archiv_volltext.shtml?arch_1810/nachricht6637.html
28.11.2018