„Berliner Mietspiegel im Höhenflug?“ lautete das Thema der Auftaktveranstaltung der vom Berliner Mieterverein (BMV) organisierten Diskussionsreihe „Forum Wohnungspolitik“. Die Debatte hätte aktueller nicht sein können – war doch der neue Mietspiegel 2019 zu diesem Zeitpunkt gerade eine Woche alt.
Rund 50 Interessierte verfolgten in der BMV-Geschäftsstelle die Diskussion zwischen Mietervereins-Geschäftsführer Reiner Wild und dem wohnungspolitischen Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), Mario Hilgenfeld.
Wer erwartet hatte, dass die Verbandsvertreter aneinander geraten, wurde enttäuscht. Kaum etwas ließ darauf schließen, dass BMV und BBU sich bei der Erstellung des Mietspiegels in der gleichnamigen Arbeitsgruppe durchaus auch „Kämpfe“ geliefert haben, wie Reiner Wild beiläufig erwähnte.
Hilgenfeld, dessen Verband zwar vor allem kommunale Wohnungsunternehmen, aber auch private Firmen wie die Deutsche Wohnen vertritt, räumte ein, beim ersten Blick in den Mietspiegel erstaunt gewesen zu sein, denn man habe doppelt so hohe Mietwerte erwartet. „Wir üben keine grundlegende Kritik“, so Hilgenfeld, der schon an der Erstellung von fünf Mietspiegeln beteiligt war. Hilgenfeld regte an, überhöhte Mieten, also vor allem solche, die gegen die Mietspreisbremse verstoßen, nicht mehr in künftige Mietspiegel einfließen zu lassen. Ein weiterer Vorschlag von ihm ging dahin, dem Dauerstreit der Berliner Gerichte über die Aussagequalität des Mietspiegels das Wasser abzugraben: Der Senat solle eine einzige, für das Wohnraummietrecht zuständige Berufungskammer schaffen.
BMV-Chef Reiner Wild nutzte die Gelegenheit, den Mietspiegel etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. In Wirklichkeit – so Wild – seien nicht konkrete Mieten gesunken, sondern die statistischen Mittel- und Oberwerte. Rund ein Drittel aller dem Mietspiegel zugrunde liegenden Wohnungen seien in andere Wohnlagen gerutscht – das führe in den jeweiligen Gruppen zu vermeintlich niedrigeren Beträgen. Der dämpfende Effekt könnte aber beim nächsten Mietspiegel wieder verpuffen. Ebenfalls zu berücksichtigen sei, dass wegen des Wohnraummangels nicht mehr so häufig umgezogen werde, daher flossen weniger Neuvertragsmieten in den Mietspiegel ein – auch dies habe einen stärkeren Mietanstieg in dem Tabellenwerk verhindert.
Wild betonte, Vermietervertreter hätten deutlich mehr hohe Mietwerte einbeziehen wollen. Das sei aber auch durch das klare Bekenntnis des Senats zur Dreiviertel-Spanne verhindert worden. Er kritisierte die sogenannte Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung, mit der Mieterhöhungen geprüft werden. Diese sei „absolut erneuerungsbedürftig“.
Ob der Mietspiegel 2019 anwendbar bleibt und ob es in zwei Jahren einen weiteren geben wird, ist allerdings offen. Der Senat plant, Mieterhöhungen für fünf Jahre auszuschließen (hierzu auch unser Beitrag „Berliner Mietendeckel: Das Für und Wider der Modelle“ in dieser Ausgabe des MieterMagazins).
Sebastian Bartels
11.07.2019