ACHTUNG:
Das Bundesverfassungsgericht hat am 15.4.2021 den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt – mit rechtlichen Folgen für Mieterinnen und Mieter.Was Mieterinnen und Mieter jetzt wissen müssen
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
Die hier folgenden Hinweise zur Nutzung des Mietendeckels sind damit überwiegend hinfällig.
Während der Senat noch über die Gestaltung des Mietendeckels streitet, fahren Vermieterverbände schwere Geschütze gegen die geplante Mietenbegrenzung auf.
Der Berliner Senat hat den Gesetzentwurf zum Mietendeckel nicht wie geplant am 15. Oktober beschlossen, sondern erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe beraten. Grund für die Verzögerung sind Meinungsverschiedenheiten über das Verfahren der Absenkung hoher Mieten. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) will Mieten, die über den festzulegenden Obergrenzen liegen, auf Antrag des Mieters absenken lassen, wenn die Nettokaltmiete mehr als 30 Prozent seines Haushaltseinkommens ausmacht. Die SPD-Senatoren haben jedoch Zweifel, ob diese Regelung rechtssicher ist und ob die Bezirksämter und die Investitionsbank Berlin die erwartete Antragsflut bewältigen können.
Möglicherweise wird deswegen der Mietendeckel in zwei Stufen eingeführt: Wie vorgesehen werden die Mieten ab Januar 2020 auf dem Stand vom 18. Juni 2019 eingefroren. Die Möglichkeit zur Mietsenkung könnte später folgen, wenn das Bundesverfassungsgericht über die Normenkontrollklage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion entschieden hat und die Behörden genug Personal eingestellt haben.
Währenddessen behauptet die Wohnungswirtschaft weiter, der Mietendeckel bringe für Mieter Nachteile. Es würde keinen Mietspiegel mehr geben, wenn der Mietendeckel nach fünf Jahren endet oder das Gesetz vorher für verfassungswidrig erklärt wird. Die Folge wäre, dass dann mit Gutachten oder Vergleichswohnungen wesentlich höhere Mieterhöhungen durchgesetzt werden könnten. Der Berliner Mieterverein (BMV) weist solche Verunsicherungsversuche zurück. „Der Mietspiegel 2019 gilt als einfacher Mietspiegel fort“, sagt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. „Wir gehen davon aus, dass die Berliner Richter den Beweis pragmatisch handhaben und auf Gutachten verzichten. Dann hätten die Mieter keinen Nachteil.“
Panik will offenbar auch der Eigentümerverband Haus & Grund verbreiten. In dessen Zeitschrift „Das Grundeigentum“ schreibt Rechtsanwalt Tobias Scheidacker – immerhin auch Vorsitzender der Kreuzberger Sektion von Haus & Grund –, dass Vermieter bei Inkrafttreten des Mietendeckels sämtliche Mietverträge fristlos kündigen dürfen, weil angeblich die Geschäftsgrundlage entfallen sei. „Das ist mietrechtlich barer Unsinn und soll offenkundig nur dazu führen, Mieter zu verängstigen und die Politik zu verunsichern“, so Wild, der sich „entsetzt über die Gewissenlosigkeit diverser Vermieter und Vermieterverbandsvertreter“ zeigt. Die Aufforderung zu einer Kündigung von Mietverhältnissen nennt Wild eine „wohnungspolitische Geisterfahrt“.
Jens Sethmann
Lesen Sie auch zum Thema "Berliner Mietendeckel":
- Was Mieter über den Mietendeckel und seine Anwendung wissen sollten
- Wie sollen sich Mieter bis zum Inkrafttreten des Gesetzes im Frühjahr 2020 verhalten
- Eine historisch einmalige Chance - Mieterverein begrüßt Einigung der Regierungskoalition zum Mietendeckel
- Mietendeckel, was man darüber jetzt wissen muss - Informationen für Mieterinnen und Mieter
- Massenwohnunglosigkeit wegen Mietendeckel?
- Die hohen Mieten sind eine Gefahr für die Stadt und nicht der Mietendeckel
- Maßnahmen der Bundesregierung zur Wohnungspolitik: Weitestgehend Halbherzigkeit
17.04.2021