Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Revisionsprozess die erste Musterfeststellungsklage im Mietrecht abgewiesen. Für den DMB-Mieterverein München, der die Klage für 145 Mieter geführt hat, ist das eine „enttäuschende Entscheidung“.
Ende Dezember 2018 hatte die Max-Emanuel Immobilien GmbH den Mietern des Hohenzollernkarrees im Münchner Stadtteil Schwabing eine Modernisierungsankündigung zugestellt. Damit wollte sie offenkundig nur einer fünf Tage später in Kraft tretenden Rechtsänderung zuvorkommen. Ab Januar 2019 beträgt die Umlage der Modernisierungskosten acht statt elf Prozent und wird bei 2 beziehungsweise 3 Euro pro Quadratmeter im Monat gekappt. Die Modernisierungsarbeiten sollten aber erst mehr als zwei Jahre später, im Frühjahr 2021 beginnen.
Der Mieterverein München hat in diesem Fall das erste Mal im Mietrecht eine Musterfeststellungsklage eingereicht, eine Art Sammelklage für die 145 Mietparteien, die sich der Klage angeschlossen haben. Vor dem Oberlandesgericht München bekam er im Oktober 2019 noch Recht. Doch in der Revision hielt der Bundesgerichtshof (BGH) die „Modernisierungsankündigung auf Vorrat“ für rechtens.
„… eine enttäuschende Entscheidung“, sagt Volker Rastätter, Geschäftsführer des Mietervereins München. „Viele Menschen werden sich das Leben im Hohenzollernkarree nicht mehr leisten können und somit ihr Zuhause verlieren.“ Ein betroffenes Ehepaar muss nun mit einer Mieterhöhung von 729 Euro pro Monat rechnen. Bei einem Erfolg vor Gericht wäre dies höchstens rund 230 Euro im Monat gewesen.
„Auch in Berlin hatte es zum Jahresende 2018 wegen der bevorstehenden Rechtsänderung massenhaft Vorratsankündigungen für Modernisierungen mit massiven Mietsteigerungen gegeben“, berichtet Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Viele dieser Vorratsankündigungen wurden dann wegen des Mietendeckels nicht wahrgenommen. Ob sie nun wieder reaktiviert werden, wird sich zeigen.
Das Europaparlament hat im November 2020 Richtlinien für ein Europäisches Verbandsklagerecht verabschiedet. Dies verspricht für den Verbraucherschutz mehr Möglichkeiten als die bisherige Musterfeststellungsklage, muss aber noch in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Bundesregierung hat dazu bis Ende 2022 Zeit.
Jens Sethmann
24.04.2021