Von der Fabrikantenvilla bis zur Mietskaserne wollten alle Häuser einem Palast gleichen. Fast jedes Berliner Wohnhaus, das in der Kaiserzeit entstanden ist, hatte eine Putzfassade mit Stuckverzierungen. Dieser Fassadenschwindel wurde entweder belächelt oder auch hart kritisiert. Der Furor, mit dem man ab den 1950er Jahren in Ost und West den Stuck von den Häusern abschlug, erscheint heute allerdings äußerst befremdlich. Das Stadtbild hat durch die rigorose Entstuckung schweren Schaden genommen.
In der Zeit des rasanten Wachstums von 1871 bis 1914 sind nahezu alle Berliner Häuser mit verputztem Ziegelmauerwerk errichtet worden. Andere Baustoffe waren in der umgebenden Mark Brandenburg rar. Die Ton-Vorkommen waren hier nicht so rein, dass man daraus wie in Norddeutschland in großer Menge ansehnliche Klinker brennen konnte, und Natursteinvorkommen, wie sie süddeutsche Städte nutzen konnten, gab es hier gar nicht. So blieb als kostengünstige Möglichkeit, die Fassade mit Gipsmörtel-Stuck zu schmücken. Dabei verstand man es auch, edle Materialien wie Sandsteinquader und Marmorsäulen zu imitieren.
Die mehr oder weniger üppige Fassadengestaltung war in Berlin von Anfang an umstritten. Im 18. Jahrhundert, als ein königlicher Befehl die planmäßige Erweiterung der Stadt verlangte, wurden die Bürger nicht nur angewiesen, neue Häuser zu bauen, sondern diese auch repräsentativ zu gestalten. Der Architekt Albert Gut schrieb in seinem 1917 veröffentlichten Buch „Das Berliner Wohnhaus“ über diese Zeit: „Den reicheren Fassaden sieht man durch ihr palastähnliches Gepräge meistens ihre von allerhöchster Stelle zugewiesene Aufgabe, die Stadt zu embelliren [verschönern], schon von weitem an.“ Gut kritisierte, dass sich der formenreiche „Zopfstil“ aus der Zeit Friedrichs II. „selbst auf den Fronten bescheidener Häuser breit machte, deren Aufwendigkeit in gar keinem Verhältnis stand zu den schlichten Bürgerwohnungen, die hinter diesen architektonischen Schaustellungen ihr Dasein fristeten.“
„Nichts als angeklebter Gyps“
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde das Stuckateur-Handwerk immer professioneller. „Gyps und Zink, Verputz und Anstrich setzen die glänzenden Façaden-Effekte, die man verlangt, in Scene“, schrieb der Kunstgeschichtsprofessor Alfred Woltmann in seiner „Baugeschichte Berlins bis auf die Gegenwart“ von 1872.
Berlins Stuck-Marktführer war die Firma Dankberg. Der Kunstkritiker Max Schasler zeigte sich 1868 beeindruckt von der Produktpalette dieses Unternehmens, das über 100 Arbeiter beschäftigte und neben seinen Werkstätten in der Friedrichstraße 214 eine große Musterausstellung unterhielt. Schasler bemerkt aber auch die Wirkung der Massenproduktion: „Es ist wahr, das Dankberg’sche Institut hat … namentlich dem Villenbau ein Gepräge von Scheinarchitektur aufgedrückt, gegen den Alle, denen eine gesunde Bauweise am Herzen liegt, mit Entschlossenheit zu Felde ziehen müssen.“
Schasler hatte auch schon die mangelnde Wetterfestigkeit des verwendeten Materials beobachtet: „Die Ursachen davon bestehen theils darin, dass man den Mauern nicht die gehörige Zeit zum Austrocknen lässt, ehe man die ‚Ornamente‘ anbringt, theils darin, dass diese Ornamente: die Friese, Balconverkleidungen, Kranzleisten, Säulenkapitäle, ja die ganzen Säulen aus Nichts als angeklebtem Gyps bestehen.” Der hielt dann nicht mal einen Winter, bröckelte dann stückweise ab und hinterließ ein Gebäude von kläglichem Ansehen.
In den Jahren von 1870 bis 1900 legten die Bauherren immer mehr Wert auf eine möglichst reich wirkende Ausstrahlung ihrer Häuser. Für ihre Fassaden konnten sie sich Stuckelemente aus Katalogen spezialisierter Anbieter selbst zusammenstellen. So erschien an den Berliner Häusern ein zunehmend wilder Mix aus Säulen, Pilastern, Gesimsen, Konsolen, Girlanden, Rosetten, Amphoren und griechischen Götterfiguren. Antike und Preußentum, Gotik, Renaissance und Barock bildeten ein Stil-Durcheinander, das bei Kunstkennern und Architektur-Puristen Kopfschütteln auslöste.
Stuck erhöhte den Beleihungswert des Hauses
„Nicht nur das gewöhnliche, sondern auch das sogenannte herrschaftliche Miethshaus steht noch vielfach im Banne einer in gegossenem Gipsstuck angeklebten Monumentalarchitektur“, schreibt der Architekt Theodor Goecke im Standardwerk „Berlin und seine Bauten“ von 1896. Das hatte auch wirtschaftliche Gründe: „Die überreiche Gestaltung der Schauseiten, der Treppenhäuser und Zimmerdecken entspringt oft nur dem Triebe, eine möglichst hohe Einschätzung zur Feuerkasse und damit die Hinaufschiebung der Beleihungsgrenze zu erzielen“, so Goecke. Eine aufwendige Fassadengestaltung erhöhte die Baukosten um etwa zwei Prozent, steigerte aber den Beleihungswert des Hauses um bis zu 20 Prozent.
„Die Mietskaserne kennzeichnete schon durch ihr Antlitz, daß sie zum Spekulationsgegenstand herabgesunken war, in den Wohnvierteln der kleinen Leute durch lieblose Kasernenarchitektur, in denen der reichen durch protzenhafte Anhäufung von Stuckzieraten“, kritisierte auch Albert Gut. „Jedenfalls stand der überwiegende Teil der Berliner Wohnhausfassaden auf einer so niederen Stufe, daß sie auf künstlerische Bewertung einen Anspruch nicht mehr erheben konnte.“
Für die aufkommende Moderne war der Stuck ein Feindbild. Das „Neue Bauen“ forderte sachlich-klare Formen, die nicht „mehr Schein als Sein“ ausdrücken sollten. Die ideologische Vorlage lieferte der Wiener Architekt Adolf Loos. Mit seiner Streitschrift „Ornament und Verbrechen“ von 1908 trat er vehement gegen jegliche Verzierung ein. Schmuckformen jeder Art müsse man unbedingt verbieten.
Die Zeit der Weimarer Republik verzichtete beim Berliner Wohnungsbau auf Stuck und setzte stattdessen an den Fassaden auf farbliche Akzente. Namentlich der Architekt Bruno Taut hüllte seine Häuser in kräftige Farben – was konservative Kreise wiederum verstörte. Die Kampfansage der modernen Architekten gegen den Stuck fand in den 1920er Jahren wenig Widerhall. Weniger als 100 Hausbesitzer entfernten die Ornamente von ihren Häusern.
Dennoch war der Wandel spürbar, wie der französische Künstler Fernand Léger von einem Berlin-Besuch 1928 berichtet: „Riesige Bauten, fünfzehn Meter hohe Portale, mächtige quellende Karyatiden, eine toll überladene Architektur, wie ordenübersäte Militärs. Aber das alles scheint jetzt zu verschwinden, die Häuser werden abgekratzt, dafür wird die Reklame zum neuen Abgott der Berliner.“
Ein Entstuckungsbeispiel aus dieser Zeit ist das Haus Rosenthaler Straße, Ecke Neue Schönhauser Straße. Das 1887 durch den Apotheker Johannes Marggraf erbaute Wohn- und Geschäftshaus wurde 1929 im Stil der Neuen Sachlichkeit umgestaltet. Anstelle des würdevollen grauen Stucks zogen sich nun rote und gelbe Putzbänder horizontal um die abgerundete Ecke. Das Gebäude ähnelt dadurch den kurz zuvor fertiggestellten Neubauten von Hans Poelzig am heutigen Rosa-Luxemburg-Platz. An der Ecke Neue Schönhauser Straße zeigt ein schmaler Streifen zwischen dem zweiten und dem vierten Stock noch die ursprüngliche Fassadengestaltung.
„Entschandelungs-“Feldzug der Nazis
Die Nationalsozialisten sahen sich als Hüter einer „anständigen Baugesinnung“ und schritten nach ihrer Machtübernahme 1933 zu einer „Entschandelung“. Der vom Generalbauinspektor für Berlin, Albert Speer, bevorzugte Monumentalstil vertrug sich nicht mit verspielten Verzierungen. Bei einigen zentral gelegenen Häusern wurden überladene Stuckfassaden abgeschlagen. Vor allem aber richtete sich die „Entschandelung“ gegen das als „kulturbolschewistisch“ gebrandmarkte Neue Bauen: Die farbenfrohen Fassaden wurden kurzerhand mit einem „anständigen“ Grau übertüncht.
Nach dem Krieg waren die Hausfassaden – sofern sie überhaupt noch standen – oft schwer beschädigt. Erschütterungen durch Bomben, Hitzeeinwirkungen durch Brände und direkter Beschuss hatten den Stuck vielfach zerstört oder gelockert. Auch lange nach Kriegsende war die Gefahr von herabfallenden Fassadenteilen groß. Deshalb wurden oft vorsorglich Stuckelemente, Balkone oder Ziertürmchen abgeschlagen. Das geschah nicht nur zur Gefahrenabwehr, sondern lag nach wie vor im Zeitgeist: Stuck galt als kitschig, altbacken und unmodern.
Die Entstuckungswelle der 50er Jahre war die folgenreichste für das Berliner Stadtbild. Einzelnen Hauseigentümern wurden von den West-Berliner Bauämtern offenbar bis zu 5000 Mark bezahlt, damit sie ihr Gebäude vom Stuck befreien und neu verputzen konnten. Ein regelrechtes „Entstuckungsprogramm“ hat es jedoch nicht gegeben. Der Senat hatte ohnehin geplant, die meisten Altbauten früher oder später zu beseitigen. Fördermittel für Fassadenkosmetik wären da rausgeschmissenes Geld gewesen.
Der große Kahlschlag in den 50ern
Der Eigentümer des Hauses Joseph-Haydn-Straße 1 wollte hingegen im Jahr 1957 einen Zuschuss für die Erneuerung des Stucks. „Ihrem Wunsch auf Herstellung der Fassade des Gebäudes kann ich leider nicht entsprechen“, schrieb ihm der damalige SPD-Bausenator Rolf Schwedler. „Bei der noch zu erwartenden relativ geringen Lebensdauer des Gebäudes scheint es mir nicht vertretbar, öffentliche Mittel zur Wiederherstellung zu investieren.“ Der reich verzierte Altbau hatte bei einer Besichtigung der Bauaustellung „Interbau“ mit Bundeskanzler Konrad Adenauer Aufmerksamkeit erregt – allerdings nach Ansicht des Senators nur deshalb, weil er „den Gegensatz zwischen neuzeitlichen und überalterten Bauformen ausgezeichnet illustriert“. Schließlich sollte die Interbau im Hansaviertel „die Stadt von morgen“ zeigen und das Haus Joseph-Haydn-Straße 1 für einen Parkplatz abgerissen werden. Der Eigentümer restaurierte die Fassade letztlich auf eigene Kosten und konnte auch den drohenden Abriss verhindern.
Das war jedoch die absolute Ausnahme. „Bei Fassadenrenovierungen werden von 97 Prozent aller Häuser die alten Stukkaturen heruntergeschlagen und durch einen modernen Putz ersetzt“, beklagte der Publizist Wolf Jobst Siedler in seiner Streitschrift „Die gemordete Stadt“ von 1964. „Von überall hämmert und klopft es, allerorten sinken Gesimse und Kapitelle in den Staub, wohin man auch blickt, hauchen Karyatiden und Amoretten unter puristischen Schlägen ihr Leben aus: Bald wird kein Balkon in Deutschland von einem Atlas noch getragen, nirgendwo werden mehr Putten von Fahrstuhlschächten ins Straßengewühl grüßen.“ Ganze Stadtviertel, die den Krieg nur mäßig beschädigt überstanden haben, seien so in den letzten Jahren doch noch zerstört worden, so auch der historische Charakter und die architektonische Einheitlichkeit der Bebauung.
Die Hausbesitzer hat Siedler in Schutz genommen. Sie wüssten nicht, was sie tun: „Seit Jahrzehnten hat man über ihre Gründerhäuser gespottet.“ Jetzt seien die Hauswirte stolz auf ihr zerstörerisches Werk, und sie glauben, etwas für das Aussehen ihrer Heimatstadt getan zu haben, wenn sie das verkleinerte Abbild eines sächsischen Schlosses in ein glattes und konturloses Mietshaus von 1962 verwandeln.“ Siedler schließt seine Anklage mit einer Prophezeiung: „Die Zeit ist nicht fern, da der Staat, der heute die ‚Modernisierung‘ finanziert, das Doppelte des aufgewendeten Betrages für die Wiederherstellung des alten Zustandes aufbringen wird.“
Der Senat leitete tatsächlich noch im selben Jahr 1964, in dem Siedlers Buch erschien, einen Umschwung ein. Ausgerechnet Senatsbaudirektor Werner Düttmann, dessen Gebäude meist nackte Betonfassaden hatten und auf jeglichen unnötigen Schmuck verzichteten, musste angesichts der entstuckten Altbauten erkennen: „Was einst nach Schinkel aussah, sieht jetzt aus wie Lemberg-Ost.“ Er rief die Initiative „Rettet den Stuck“ ins Leben. „Das sind die Wachstumringe von Berlin. Die wollen wir mit Würde tragen“, erklärte Düttmann. Die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen gewährte nun in sogenannten „geschützten Baubereichen“ Zuschüsse zur Instandsetzung historischer Stuckfassaden. Gleichzeitig wurde die Kahlschlagsanierung, mit der ganze Altbauviertel abgerissen wurden, energisch vorangetrieben.
Es gab zunächst fünf „geschützte Baubereiche“, die jeweils nur wenige Straßen umfassten: an der Charlottenburger Schloßstraße, rund um Riehmers Hofgarten, am Chamissoplatz, am Planufer in Kreuzberg und rund um den Reformationsplatz in der Spandauer Altstadt. Später kam noch der Kurfürstendamm hinzu. Im Jahr 1964 standen zur „Verbesserung des Stadtbildes“ aber nur 400.000 Mark zur Verfügung. Bis 1978 verzeichnet die Baubilanz des Senats 550 restaurierte Fassaden. 20 bis 30 Stuckfassaden konnten pro Jahr instandgesetzt oder auch wieder hergestellt werden. Neuer Stuck wurde aber oft in vereinfachter Form rekonstruiert. Außerhalb der „geschützten Baubereiche“ ging die Entdekorierung aber bis in die 70er Jahre hinein weiter. Allein im Bezirk Kreuzberg wurden von den 2300 Altbauten, die den Krieg überlebt hatten, zwischen 1954 und 1979 knapp 1400 Häuser entstuckt.
Erst mit dem endgültigen Abschied von der Politik der Kahlschlagsanierung wurde den Altbaufassaden in allen Teilen der Halbstadt eine offizielle Wertschätzung zuteil. Der Senat zeigte 1986 im Berlin-Pavillon die Ausstellung „Stuck im Berliner Stadtbild“, für die eigens ein Stuckportal mit antiken Säulen vor den verglasten Eingang des modernen Gebäudes gebaut wurde.
In Ost-Berlin wechselte die Wertschätzung der Stuckfassaden erstaunlicherweise fast genauso wie im Westen. Der Stuck galt zunächst als bürgerlich-dekadente Maskerade, die die elenden Wohnverhältnisse der Arbeiter in den Mietskasernen verdecken sollte. Vor allem an den Hauptstraßen wurde er großflächig beseitigt. So konnte an der Warschauer Straße nur die Nummer 26 ihre originale Fassade mit Stuck, Giebeln und schmiedeeisernen Balkongittern über die Zeit retten. Alle anderen Häuser wurden geglättet.
In den 70er Jahren begann man in den beiden Modellvierteln Arkonaplatz und Arnimplatz, die Altbauten zu modernisieren und dabei auch die Straßenfassaden instandzusetzen – wenn auch oft in vereinfachter Form. In Hinblick auf die 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987 rekonstruierte man die Sophienstraße in Mitte und die Husemannstraße in Prenzlauer Berg sehr detailgenau mit den Stuckfassaden, Firmenschildern, Türgriffen, historischen Ladeneinrichtungen und einem Museum über das Berliner Arbeiterleben um 1900. Das Ergebnis fand auch in West-Berlin große Anerkennung. Da aber ringsum der Verfall der Altbauten voranschritt, glichen die beiden Musterstraßen einem Freilichtmuseum.
Und wieder in alter Tradition: Der Stuck als Blendwerk
Heute gilt Stuck an der Fassade wieder als werterhöhend, nicht nur bei den Bewohnern, sondern vor allem bei Vermietern, die meinen, mit Umschreibungen wie „traumhafter Stuckaltbau“ weitaus mehr Miete verlangen zu dürfen. Eigentümer greifen deshalb bei der Sanierung glatter Fassaden gern ins Ornamente-Regal der Kaiserzeit – allerdings nicht immer nach den Regeln des alten Stuckateur-Handwerks. Es sind auch reichlich billige, witterungsbeständige Kunststoff-Stuckelemente zum Ankleben auf dem Markt.
Jens Sethmann
Stuck und Dämmung
Stuckfassaden stehen den aktuellen Anforderungen der Wärmedämmung in der Regel im Weg. Würde man wie üblich an den Außenwänden Dämmplatten anbringen, ginge der Stuck verloren. Grundsätzlich müssen nach dem Gebäudeenergiegesetz bei Fassadensanierungen bestimmte Wärmedämmwerte erreicht werden. Doch das Gesetz lässt eine Ausnahme zu: „Soweit bei einem Baudenkmal (…) oder bei sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz die Erfüllung der Anforderungen dieses Gesetzes die Substanz oder das Erscheinungsbild beeinträchtigt oder andere Maßnahmen zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen, kann von den Anforderungen dieses Gesetzes abgewichen werden.“ Die Wände von Altbauten sind in der Regel auch so dick, dass eine Fassadendämmung im Rahmen einer umfassenden energetischen Sanierung einen vergleichsweise geringen Effekt hat. Nötigenfalls ist eine Innendämmung eine gute Alternative. Eine Pflicht zum Bewahren von Stuckfassaden gibt es nur, wenn das Haus unter Denkmalschutz steht oder sich in einem städtebaulichen Erhaltungsgebiet befindet.
Die Wiederherstellung einst entstuckter Fassaden wird allerdings schwieriger. Steht eine Fassadensanierung an, entscheiden sich die meisten Hausbesitzer für das einfache Anbringen von Dämmplatten statt für eine Neuverstuckung. Auf den überputzten Polystyrolplatten können dann allenfalls noch kleine, leichte Kunststoffornamente aufgeklebt werden. Meistens aber unterbleibt auch das.
js
Die Stuckverzierung im Mietrecht
Wird nach einer Modernisierung an der Fassade der vorher vorhandene Stuck wieder angebracht, ist das meistens keine auf die Mieterschaft umlagefähige Modernisierung. Denn der Wohnwert als solcher wird nicht erhöht, die Maßnahme dient allein der Ästhetik. Ist der Putz in der Wohnung kaputt, beispielsweise nach einem Deckendurchbruch, haben Mieter:innen allerdings einen Anspruch auf die Wiederanbringung vormals vorhandenen Stucks. Sie können sich auch dagegen wehren, wenn Vermieter:innen den Stuck in der Wohnung grundlos abschlagen lassen. Ob allerdings wegen dieser eher geringen Beeinträchtigung die Miete gemindert werden darf, ist zweifelhaft.
Bei Mieterhöhungen spielt Stuck seit Langem im Rahmen der sogenannten Orientierungshilfe, mit der die Wohnung nach fünf Merkmalgruppen in den Mietspiegel eingeordnet wird, eine Rolle. In der Merkmalgruppe 4 (Wohnung) zählt das Vorhandensein von „aufwendiger Decken- und/oder Wandverkleidung“ – das meint Stuck oder eine Holz-Täfelung – als Pluspunkt, aber nur, wenn in der überwiegenden Zahl der Wohnräume vorhanden und in gutem Zustand. Gerade das führt regelmäßig zu unterschiedlichen Einschätzungen. Hier empfiehlt sich der Weg in die Rechtsberatung des Berliner Mietervereins.
sb
Lesen Sie auch:
26.05.2023