Um die Spekulation mit Wohnraum zu verhindern, nutzt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg erstmals sein Vorkaufsrecht: Im Milieuschutzgebiet Luisenstadt erwirbt der Bezirk das Haus Wrangelstraße 66, das in Eigentumswohnungen aufgeteilt verkauft werden sollte.
Die Milieuschutzverordnung soll die Wohnbevölkerung vor Verdrängung schützen, indem übermäßig teure Modernisierungen und die Eigentumsumwandlung untersagt werden. Zudem kann die Stadt ein Vorkaufsrecht ausüben, bei dem sie in einen bereits ausgehandelten Kaufvertrag als Erwerber eintritt. In Hamburg oder München ist dies nicht ungewöhnlich. In den Berliner Milieuschutzgebieten wurde bislang nur einmal das Vorkaufsrecht ausgeübt und zwar im Bezirk Tempelhof-Schöneberg.
Im Juli 2015 haben die Mieter der Wrangelstraße 66 erfahren, dass ihre 30 Wohnungen bereits in Eigentumswohnungen umgewandelt worden sind und nun von ihrem Vermieter im Paket an einen einzigen Käufer verkauft werden sollten. Der Bezirk trat daraufhin an den Käufer heran, um eine sogenannte Abwendungsvereinbarung abzuschließen: Wenn sich der Käufer dazu verpflichtet, mit dem Haus im Sinne des Milieuschutzes umzugehen, verzichtet der Bezirk auf sein Vorkaufsrecht. „Eine Abwendungsvereinbarung zwischen Bezirk und aktuellem Käufer kam jedoch nicht zustande“, teilt Baustadtrat Hans Panhoff mit. Die Bezirksverordnetenversammlung hat deshalb im Dezember die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen.
„Mit dem Fall Wrangelstraße 66 sichert der Bezirk nicht nur bezahlbaren Wohnraum in einem Kiez, er schlägt auch ein neues Kapitel kommunaler Wohnungspolitik auf“, jubelt die Hausgemeinschaft. „Das Haus in der Wrangelstraße 66 wird Gemeingut!“ Es ist vorgesehen, das Haus an eine Kooperation aus der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag und einer Stiftung zu übertragen.
Jens Sethmann
Straßenliste Milieuschutzgebiete in Berlin
27.06.2024