Trotz des Berliner Mietendeckels bleiben die zivilrechtlichen Regelungen zur Mieterhöhung auch für die Berliner Mieter wichtig. Die Chance, Mietspiegel zukünftig rechtssicherer zu machen, wird gerade vertan. Den Gesetzentwurf zu einer ohnehin nur halbherzigen Mietspiegel-Verbesserung hat die Bundesregierung noch einmal verschlechtert.
Bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) ging ein Rechtsstreit um eine Mieterhöhung von 2017. Eine Spandauer Mieterin hatte das Mieterhöhungsverlangen der Deutschen Wohnen zurückgewiesen, denn der Berliner Mietspiegel ließ keinerlei Mieterhöhungsmöglichkeit zu. Das Wohnungsunternehmen wollte aber die Mieterhöhung mit einem Gutachten begründen, da die Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung nicht zum qualifizierten Teil des Mietspiegels gehört. Die Kammern des Berliner Landgerichts haben dazu unterschiedliche Ansichten. Der BGH gab der Deutschen Wohnen indessen recht. Das Gutachten ergab, dass die Mieterin monatlich 52 Euro mehr zahlen muss.
„Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist formal nachvollziehbar, in der Sache aber nicht plausibel“, erklärt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. „Denn die Gutachten zur Miethöhe haben keine bessere Qualität als die Berliner Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung und schneiden letztendlich wegen ihrer hohen Kosten den Mietern oft den Rechtsweg ab.“ Der Fall zeige zum wiederholten Mal, dass der Mietspiegel rechtssicher gestaltet werden muss.
Das laufende Reformvorhaben der Bundesregierung kann diese Forderung nicht einlösen. Der im Dezember vorgelegte Gesetzentwurf fällt noch zurück hinter den vorherigen Referentenentwurf (das MieterMagazin berichtete in seiner Ausgabe 12/2020, Seite 7: „Sichere Basis für Mietspiegel“). Als Begründung für eine Mieterhöhung sollen neben dem Mietspiegel weiterhin sowohl Sachverständigengutachten als auch Vergleichswohnungen zulässig sein.
„Statt die allseits bekannte Lücke endlich zu schließen, lässt das Kabinett dieses Einfallstor für die Umgehung der ortsüblichen Vergleichsmiete weiterhin sperrangelweit geöffnet, kritisiert Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes.
Er bemängelt zudem, dass ein Mietspiegel, der den Anforderungen der neuen Mietspiegelverordnung entspricht, nicht automatisch als qualifiziert gelten soll. Das bedeutet, dass Mieter, die sich gegen eine Mieterhöhung wehren möchten, weiterhin beweisen müssen, dass der Mietspiegel tatsächlich ein qualifizierter Mietspiegel ist. „Ein Rückschritt sondergleichen, sagt Siebenkotten. Die unverständlichen Schwächungen des Mieterschutzes müssten im weiteren Gesetzgebungsverfahren unbedingt korrigiert werden.
Jens Sethmann
25.03.2021