In einem Urteil zu einer Räumungsklage wegen Eigenbedarfs haben die Mieter:innen eine zweijährige Schonzeit bekommen.
Ein zumindest überraschendes Urteil hat am 25. Januar 2024 die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin gefällt. Zwar wurde in dem Fall eine Eigenbedarfskündigung der Vermieterin für rechtmäßig erkannt, jedoch zugleich die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Dauer von zwei Jahren angeordnet. Dies begründete das Gericht damit, dass es den Beklagten in dem vorliegenden Fall nicht möglich gewesen sei, angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zu beschaffen. Demzufolge können Mieterinnen und Mieter unter Berufung auf die sogenannte Sozialklausel (§ 574 Abs. 1 und 2 BGB) nach Abwägung mit den Vermieterinteressen unter gewissen Voraussetzungen die Fortsetzung ihres Mietverhältnisses verlangen, auch wenn die zuvor ausgesprochene Kündigung wirksam ist. Diese Voraussetzungen sah das Gericht als gegeben an. Zum einen hatten sich die Mieter seit der Kündigung nachweisbar intensiv um eine neue Wohnung gekümmert. Doch angesichts der bekannten Situation, dass Wohnungsmangel in ganz Berlin herrscht („Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt“), berücksichtigte das Gericht, dass auch über das sogenannte Geschützte Marktsegment in absehbarer Zeit kein freier Alternativwohnraum in Berlin zur Verfügung stehen würde.
Doch das Urteil lässt sich nicht ohne Weiteres auf alle Fälle von Eigenbedarfskündigungen übertragen. Das Gericht kam bei seiner Abwägung der Interessenlagen zu dem Schluss, dass das Eigenbedarfsinteresse der Vermieterin nicht besonders dringlich sei. Dies kann in anderen Fällen auch anders beurteilt werden. Trotzdem bewertet der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Sebastian Bartels, die Entscheidung als positiv:
„Damit stehen Mieterinnen und Mieter wesentlich besser da, als wenn das Gericht nur auf die gesetzliche Räumungsfrist verwiesen hätte.“ Einen kleinen Wermutstropfen hatte das Gericht für die Mieter allerdings doch parat: Für die verlängerte Mietzeit hat es die Miete im Urteil auf die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben.
Völlig fraglich ist natürlich, ob es den Mieter:innen gelingen wird, in diesen zwei Jahren „Schonfrist“ eine neue Wohnung zu bezahlbarem Preis zu finden.
Stefan Klein
Landgericht Berlin II, 67 S 264/22
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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