Das Haus ist gut in Schuss – aber der neue Eigentümer würde mit Abriss und Neubau deutlich mehr Kasse machen. Die Mieter wollen sich indessen nicht so einfach vertreiben lassen. Sie schließen sich mit anderen zusammen, organisieren Widerstand und merken, wie wichtig Nachbarschaften sind.
Das Wohnhaus Fechnerstraße 7, Ecke Uhlandstraße, sieht nicht aus wie ein Abrissobjekt. „Die früheren Besitzer, eine Berliner Familie, haben es immer in Schuss gehalten“, erklärt eine der Mieterinnen. Das gesamte Gebäude ist wärmegedämmt, es gibt Gegensprechanlagen, ein schön renoviertes Treppenhaus und große geflieste Balkone. Dennoch will der neue Eigentümer, eine Thüringer Projektentwicklungsgesellschaft, den gesamten Komplex abreißen lassen. Zu diesem gehören – neben dem 1960 erbauten Mietshaus mit 24 Wohnungen – auch sieben Gewerbeeinheiten.
Bereits im vergangenen Sommer, bald nach dem Erwerb der Immobilie, hatte der Projektentwickler den ersten Mietern Verwertungskündigungen geschickt – verbunden mit der Mitteilung, er werde den gesamten Gebäudekomplex abreißen.
„Das ist schon dreist“, erklärt Karin Manske, Rechtsberaterin des Berliner Mietervereins. „Bisher gibt es noch nicht einmal einen genehmigungsfähigen Bauplan – und damit auch keine Abrissgenehmigung.“ Dennoch haben die Drohung und die angebotenen Abstandszahlungen ihre Wirkung nicht verfehlt: ein Teil der Bewohner ist bereits ausgezogen. Geblieben sind zehn Mietparteien, unter ihnen ein pflegebedürftiger, bettlägeriger alter Mann.
Die können und wollen sich nicht so einfach hinausdrängen lassen. Sie haben Widerstand organisiert, der sich mehr und mehr ausbreitet. Unter dem Motto „Wohnst Du noch oder packst Du schon?“ lud der „Freundeskreis Fechnerstraße 7“ Anfang März zu einem Kiezspaziergang.
„Die Resonanz hat uns überrascht und ermutigt“, sagt die Mieterin. Vertreter anderer Initiativen, Bezirkspolitiker und viele Nachbarn waren gekommen. Das liegt daran, dass die Fechnerstraße 7 nicht allein vor Umwandlungsproblemen und unter Verdrängungsdruck steht.
Die Mieterin: „Wir sind keine anonyme Großstadt, wo jeder nur an sich denkt – hier entsteht gerade ein sehr widerstandsfähiges und handlungsbereites Netzwerk.“
Rosemarie Mieder
20.03.2019