Viele Mieter würden liebend gern auf Hänge-WC und Ceranherd verzichten, wenn nur die Miete günstig bleibt. Leider sehen dies sogar städtische Wohnungsbaugesellschaften anders, wie ein Fall aus Spandau zeigt.
In der Neuendorfer Straße 87 kostet eine rund 100 Quadratmeter große Wohnung derzeit 565 Euro nettokalt. Nach der Komplettsanierung sollen es 206 Euro mehr sein, warm wären es dann über 1000 Euro. An dem Haus sei lange nichts gemacht worden, daher seien die Kosten entsprechend hoch, schreibt das Wohnungsunternehmen Howoge, das seit 2013 Eigentümerin ist, seinen Mietern.
Der Altbau mit 27 Wohnungen soll unter anderem mit Kunststofffenstern, einbruchhemmenden Türen, Hänge-WCs und einer Lüftungsanlage ausgestattet werde. „Warum muss hier so umfangreich modernisiert werden, ein üblicher Standard wäre doch völlig ausreichend“, kritisiert Jürgen Wilhelm, Leiter der Bezirksgruppe Spandau des Berliner Mietervereins (BMV). Die Howoge hält die Einbauten jedoch für einen üblichen Standard. Der Einbau eines Herdes mit Cerankochfeld werde nicht auf die Miete umgelegt.
Fakt ist aber, dass die Mieten durch diese Modernisierung annähernd auf den oberen Spannenwert im Mietspiegel gehievt werden – eben weil so viele wohnwerterhöhende Merkmale geschaffen werden. Der Mittelwert liegt bei 5,72 Euro pro Quadratmeter, der obere bei 8,41 Euro. Nur weil gemäß Kooperationsvereinbarung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit dem Senat die ortsübliche Vergleichsmiete um maximal 10 Prozent überschritten werden dürfe, wird die errechnete Modernisierungsumlage bei 7,51 Euro gekappt – jedenfalls vorerst. Schon mit dem neuen Mietspiegel in diesem Jahr könnte ein Nachschlag fällig werden. Immerhin stellt die Härtefallregelung sicher, dass kein Mieter mehr als 30 Prozent seines Einkommens für die Miete aufbringen muss.
Das Argument der Howoge, man sei wegen der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu Fassadendämmung und Lüftungsanlage verpflichtet, hält man beim Mieterverein für nicht stichhaltig. Nur weil so intensiv gedämmt werden solle, werde eine Lüftungsanlage notwendig. Die Howoge versichert, dass man den Bewohnern Pack- und Umzugshilfen zur Seite stelle, fordert in der Modernisierungsankündigung aber dazu auf, Zwischendecken und Einbaumöbel selber zu demontieren. „Baufreiheit zu schaffen ist Sache des Vermieters“, stellt eine Rechtsberaterin des Berliner Mietervereins klar.
„Diese Modernisierung führt zur Verdrängung von Altmietern“, empört sich Jürgen Wilhelm. In dem Haus wohnen viele einkommensschwache Familien mit ausländischen Wurzeln.
Birgit Leiß
19.03.2019