Nach einem Dachstuhlbrand am 18. Oktober vergangenen Jahres stehen die Mieterinnen und Mieter eines Wohngebäudes in Neukölln buchstäblich vor dem Nichts. Sie warten auf die Reste ihrer Habe, auf Informationen, auf Hilfe – vor allem aber auf die Rückkehr in ihr Zuhause. Die ist noch immer ungewiss.
Mehr als fünf Monate liegt der Dachstuhlbrand in der Neuköllner Nogatstraße 41 zurück, der über 70 Menschen buchstäblich von einem Moment auf den anderen wohnungslos machte. Verletzt wurde niemand von ihnen, aber wann sie zurückkehren können, ist nicht absehbar. Zu groß sind die Schäden, die der Brand und das Löschwasser vor allem im Vorderhaus verursacht haben.
Verantwortungslosigkeit, Inkompetenz, Intransparenz und Profitstreben werfen die Betroffenen der Eigentümerin „Deutsche Investment Kapitalverwertungsgesellschaft“ aus Hamburg und ihrer Hausverwaltung, der EB Immobilienmanagement GmbH vor. Sie hätten das Mietshaus über Jahre vernachlässigt. Der Dachstuhl sei für jeden zugänglich gewesen, und es gab keine rechtzeitige Warnung, etwa durch Rauchmelder. Als das Feuer durch Zufall von einem Mieter entdeckt wurde, brannte bereits der ganze Dachstuhl lichterloh und den Bewohnern blieben nur Minuten zur Flucht auf die Straße. Persönlicher Besitz, Dokumente, Arzneimittel, Wertgegenstände – alles blieb in den Wohnungen zurück. Und es vergingen Wochen, ehe einzelne Wohnungen für eine kurze Zeitspanne wieder betreten werden durften, um wenigstens das Notwendigste herauszuholen. Dabei entdeckten die Mieterinnen, dass selbst die Sicherung des nun leeren Hauses stümperhaft erfolgt war und Einbrecher einige Wohnungen schon durchwühlt hatten. Inzwischen hat die Polizei das Haus mit Kameras gesichert.
Der Mieter, Ulrich K., der mit seiner Familie erst einmal bei Freunden untergekommen ist, sagt: „Unser Zuhause ist weggebrochen, und wir sind plötzlich auf diesen entfesselten Wohnungsmarkt geworfen.“ So geht es auch allen anderen im Haus – unter ihnen eine Familie mit sechs Kindern, die in einer Notunterkunft untergebracht ist. Ersatzwohnungen wurden von der Hausverwaltung nicht angeboten.
Erst der Druck der zusammengeschlossenen Mieterschaft und des Bezirksamtes hat die Hausverwaltung zu mehr Transparenz veranlasst. So wurde beispielsweise ein Statikgutachten zugänglich gemacht, und es gab erste Informationen über den Fortgang der Baumaßnahmen, allerdings nicht direkt an den Berliner Mieterverein, der einige Mieter vertritt.
„Wir alle machen uns große Sorgen“, so Mieter Ulrich K., „dass die Nogatstraße 41 ein Fall wird wie die Kreuzberger Graefestraße 13.“ Dort ziehen sich Sanierungsarbeiten nach einem Brandfall seit über drei Jahren hin, die Betroffenen können bis heute nicht zurück in ihre Wohnungen.
Rosemarie Mieder
22.03.2023